Die Sache mit dem Kleingeld

von Hanns Dieter Hüsch

© Jürgen Pankarz
Die Sache mit dem Kleingeld
 
Sagen Sie mal: Haben Sie auch immer so viel Kleingeld in der Tasche? Schrecklich! Also bei mir in beiden vorderen Hosentaschen! Ich schleppe das Geld, das Münzgeld, im wahrsten Sinne des Dichterwortes, also wo ich gehe und stehe, stets bei mir - oder auch ganz prosaisch mit mir rum! Also durch die Gegend! Obwohl ich es gar nicht brauche. Sie wissen ja, ich rauche nicht mehr! Das waren - neulich am 6. März - genau dreizehn Jahre her, daß ich schlagartig damit aufgehört habe. Meiner Frau zuliebe - zum Geburtstag! Und es hat geklappt! Kein Rückfall! Nix! Keine Akupunktur! Einfach so! Aber natürlich schlagartig! Sonst hat das keinen Sinn! Und jetzt brauche ich all die Markstücke nicht mehr, die ich sonst immer für die Zigaretten-Automaten gebraucht habe! Die brauche ich doch alle nicht mehr! Und trotzdem - Macht der Gewohnheit - sammle ich die Markstücke in der vorderen rechten Hosentasche! Die muß natürlich stabil sein! Denn wenn da zu viele Markstücke zusammenkommen, dann entsteht in der Hosentasche schon mal ein Loch, und die Markstücke fallen plötzlich alle auf die Straße! Und Sie glauben gar nicht, wie peinlich mir so etwas ist! Nein wirklich! So mitten auf der Straße! Das hätten Sie sicher auch nicht gern! Zumal ich die Markstücke wirklich nicht mehr brauche! Oder sagen wir zu 90 Prozent. Wenn ich früher meine Frau von unterwegs angerufen habe, waren die Markstücke in einer Telefonzelle schnell weg! Aber jetzt habe ich eine Telefonkarte! Der Mensch hat nur noch Karten: Telefonkarte, Bahnkarte, Visitenkarte, Kreditkarte und so weiter! Und da brauche ich die Markstücke auch nicht mehr! Ja, und die anderen Münzen, also die 2- und 5-Mark-Stücke! Die habe ich in der linken vorderen Hosentasche! Also alles schön eingeteilt: Markstücke, Groschen, 50-Pfennig-Stücke und Pfennige überhaupt in der rechten vorderen Hosentasche, 2- und 5-Mark-Stücke in der linken vorderen Hosentasche! Wo ich die Scheine hintu, das geht ja keinen was an! Aber eigentlich ist das alles Quatsch! Gut, man gibt schon mal Trinkgeld, und nicht überall ist ein Kartentelefon, aber Sie können sich nicht vorstellen, wie voll manchmal meine Taschen sind! Andere haben ja Sparschweine für den Betriebsausflug oder für Restaurantbesuche - einmal im Jahr -, aber ich weiß den Grund nicht, warum ich immer mit dem Kleingeld so durch die Gegend rumklimpere! Und die Taschen sehen manchmal schon aus wie Pfeffersäcke! Ganz schlimm! Und meine Frau sagt dann immer: »Ich stopfe die Löcher nicht wieder zu!« Was wollen Sie da machen? Ich habe kaum noch Hosentaschen, ohne Löcher! Und in den Seitentaschen, das geht auch nicht! Denn da fallen ja die Münzen immer direkt in das Futter! Das ist mir dann noch peinlicher! 
 


© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus "Es kommt immer was dazwischen" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung
Die Zeichnung stellte freundlicherweise Jürgen Pankarz zur Verfügung.