Die Postkarte auf dem Rückzug?

Die Zahl verschickter Karten ging seit 1982 um 715 Millionen Stück zurück

von Andreas Rehnolt

Postkarte 1899 - Archiv Musenblätter

Die Zahl verschickter Postkarten ging seit 1982
um 715 Millionen Stück zurück
 
Volkskundler untersuchen die Geschichte der Postkarten
 
Münster - Volkskundler des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe haben die Geschichte der Postkarten untersucht. Die erste "Correspondenzkarte" wurde zum 1. Juli 1870 von der Postverwaltung des Norddeutschen Bundes eingeführt und hatte noch keine Bildmotive. „Postkarten stellten zunächst einmal ein kostengünstiges Medium für kurze Mitteilungen dar“, erklärte Anna Maria Löchteken kürzlich in Münster. Die Karte war nach ihren Angaben sofort „ein Verkaufshit“ und wurde in allen Bevölkerungsschichten schnell bekannt, als im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 die Feldpost-Korrespondenzkarte portofrei in die Heimat befördert wurde. Auch nach Kriegsende war die Beliebtheit ungebrochen, da nur die Hälfte des Briefportos zu entrichten war.

Mit dem Aufkommen bebilderter Postkarten gewannen die Karte noch einmal an Popularität. Die ersten (selbst)-illustrierten Karten sind schon für das Jahr 1870 bekannt, offiziell wurden Ansichtskarten aber erst Mitte der 1890er Jahre von den Postverwaltungen zugelassen. Zuvor empfand man es als unangebracht, Karten mit Bildern zu verschicken. Da die Rückseite der Postkarte bis 1905 nur mit der Adresse beschriftet werden durfte, reichte der Platz auf der Bildseite kaum für mehr als einen kurzen Gruß.
Ab der Jahrhundertwende gehörten Fotopostkarten fest zum touristischen Reiserepertoire, da breite Bevölkerungsschichten auf diese Weise in der Lage waren, ihren Urlaubsaufenthalt zu präsentieren. Der Schriftsteller Hans Fallada erinnerte sich an Ferien zu Beginn des 20. Jahrhunderts und schrieb: „Ansichtspostkarten mußten geschrieben werden, an jeden erdenklichen Bekannten und Verwandten. Sie waren ein Beweis, daß man in einer Sommerfrische gewesen war, und im übrigen schickte sich dieser Gruß aus Ferientagen.“

Die Postkarte hält sich schon über 140 Jahre, hat aber in den vergangenen Jahrzehnten einen starken Einbruch zu verzeichnen. Wurden 1954 noch 920 Millionen Karten verschickt und 1982 noch 877 Millionen, haben Internet und Mobiltelefon zu einem drastischen Rückgang geführt. Nach Angaben der Deutschen Post beschränkt sich die Versendung privater Postkarten heute eher auf das Saisongeschäft im Sommer sowie zu Ostern und Weihnachten. Deutschlandweit wurden im vergangenen Jahr noch 162 Millionen Postkarten verschickt.

Lesen Sie zum Thema heute auch in den Musenblättern: "Postkarten - Geschichte und Geschichten um ein rechteckiges Stückchen Karton"


Postkarte 1916 - Archiv Musenblätter

 
Redaktion: Frank Becker