Eine literarische Museumsführung durch die unbekannten Nachlässe bekannter deutscher Dichter

Joachim Klinger - "Kleinod oder Kultklamotte im Museum Bergamotte"

von Frank Becker
Schlafrock, Spange und Sandalen

Eine literarische Museumsführung durch die unbekannten
Nachlässe bekannter deutscher Dichter
 
„Der Autor stützt sich nicht auf verbürgte Tatsachen, er bekennt sich der freien Erfindung schuldig. (…) Auch ist nach Möglichkeit anekdotenhaftes Geschehen hinzugedichtet worden… (…) Manches ist auf den ersten Blick erkennbar nicht wahr, (…) aber es „paßt irgendwie. (…) Wahrheiten werden verkürzt, Legenden ausgebreitet und in bunter Mischung ebenso ernsthaft wie geschwätzig vorgetragen.“

Das, liebe Leser ist nicht etwa die Einschätzung zur Berichterstattung einer von Ihnen frei zu benennenden deutschen Illustrierten oder Boulevard-Journaille – irgendeiner – es sind Auszüge aus der Selbstdarstellung eines Autors, ach was sage ich, des Autors der grotesken deutschen Gegenwartslyrik: Joachim Klinger in seinem Buch „Kleinod oder Kultklamotte im Museum Bergamotte“. Sie kennen ihn, seine heiter-klugen Verse und seinen liebevoll-ironischen Federstrich genau, schließlich sind nicht nur Joachim Klingers Bücher hier schon einige erheiternde Male vorgestellt worden und ist Joachim Klinger als Autor und Kenner des deutschen und internationalen Cartoon hervorgetreten – seit den Anfangstagen der Musenblätter gehört er mit seinen „Zipferlak“-Versen und als unser „Hauszeichner“ u.a. mit den Geschichten um „Julle und Vatz“, „Felizitas“„Bildbetrachtungen“„Männer über die Liebe“„Zur Hölle mit dem Teufel“, „Kunstliebhaber“, seinem Goethe-Jahr, „Hilde & Hugo“ u.v.a. zum festen Redaktionsteam.

Im Grupello Verlag, der viele Jahre Joachim Klingers Bücher mit viel Geschmack verlegt hat, ist 2012 ein neues Bändchen erschienen, das sich mit viel Witz und (s.o.) Erfindungsreichtum in Form einer virtuellen Museumsführung zu den eher unbekannten Hinterlassenschaften einiger Großen der deutschen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts widmet und das bis heute seine Gültigkeit hat. Kleinodien oder Klamotten? Entscheiden Sie selbst. Das Stück über Hermann Hesses Hut haben Sie hier ja kürzlich lesen können. Weil, wie bekannt, Joachim Klinger als Doppeltalent seine Text auch zu illustrieren weiß, begleiten etliche Dichter-Portraits die in Vermaß und Metrik gebrachten, oft (wiederum s.o.) mit Chuzpe erdachten anekdotischen Begebenheiten u.a. aus dem Leben Immanuel Kants (Perücke), Theodor Storms (Schlafrock), Arno Schmidts (Sandalen), Arthur Schopenhauers (Ärmelschoner), Bertolt Brechts (Weste), Hermann Hesses (Strohhut), Ingeborg Bachmanns (Haarspange), P.P. Althaus´ (Traumkappe), Friedrich Hölderlins (Kamm), Thomas Manns (Regenschirm), Kurt Kusenbergs (kleiner Stift) – und als Postscriptum nachgereicht, eine Verneigung vor Loriot (Möpse). Treffsicher hat Joachim Klinger die kleinen, aber wichtigen Versatzstücke aus dem Leben und Wirken seiner mit Respekt behandelten "Opfer" ans Licht gehoben, ihnen den Rang zugewiesen, den sie für jeden von ihnen gehabt haben könnte, bzw. hatte.
 
Lassen Sie mich hier den „Ausklang“ des wertvollen Bändchens zitieren:
 
Ausklang
 
Manches mögen Sie vermissen,
und mir geht es ebenso.
Heine hinterließ kein Kissen
und auch keinen Paletot.
 
Angeboten wurde neulich
aus dem Rheinland Joseph Beuys’
Filzverschnitt, der stank abscheulich
wie der Donnerkeil von Zeus.
 
Letztlich geht es um Finanzen.
Vieles steht sehr hoch im Kurs.
So von Eichendorff der Ranzen
und das Handy Grünbeins Durs.
 
Also bräuchte man Sponsoren
oder eine Subvention.
Na, da muß man lange bohren.
Doch das kennen Sie wohl schon.
 
Besser: sich den Zwängen fügen!
Haben wir nicht manchen Schatz?
Der Bestand muß uns genügen,
und es fehlt ja auch an Platz.
 
Damit endet diese Führung.
Lächeln Sie? Gedenken Sie
jetzt mit einer leichten Rührung
mancher Lebensmelodie?
 
Viele Dinge sind untrennbar
von den Menschen, die sie hatten,
und ihr Wesen bleibt erkennbar,
sind sie auch für uns nur Schatten.
 
Joachim Klinger
 
Das Buch ist beim Verlag nicht mehr vorrätig, nur wenige Exemplare der köstlichen Rarität treiben sich noch auf dem Antiquariats-Markt herum. Weitere Kunstklamotten aus Joachim Klingers Buch werden deshalb hier in unregelmäßigen Abständen folgen. 

Joachim Klinger – „Kleinod oder Kultklamotte im Museum Bergamotte“
Gedichte und Illustrationen
© 2012 Grupello Verlag, 66 Seiten, Klappenbroschur
12,90 €

Weitere Informationen:   www.musenblätter.de