Die ganze Faszination der Naturwissenschaft

Ernst Peter Fischer - "Die andere Leichtigkeit des Seins"

von Johannes Vesper
 Ernst Peter Fischer :

Die andere Leichtigkeit des Seins
 
Moderne Technik, die Informationstechnologie mit Computer, Klapprechner, Mobiltelefon, Internet, Atomkraft, natürlich die gewaltigen Entwicklungen der Biologie und Genetik in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg prägen unsere Lebensverhältnisse entscheidend und bedingen die Leichtigkeit unseres heutigen Seins. Tatsächlich leben wir mit Elektrizität, Auto, Flugzeug, Computer und Internet unter völlig anderen Bedingungen als unser Vorfahren im Mittelalter. In Geschichtsbüchern fehlt die Darstellung der naturwissenschaftlichen Entwicklungen und Erkenntnisse, durch die die aktuellen Lebensumstände bedingt sind. Für die Geschichtswissenschaft und den Geschichtsunterricht in den Schulen sind die wissenschaftlichen Grundlagen der Dinge, die dem Zeitgenossen das Leben so erleichtern, geradezu nicht existent. Dabei ist Europa der Erdteil, in dem die Wissenschaft aus Prinzip bereits seit der Antike betrieben wurde, als Archimedes schon - wohl nur aus wissenschaftlichen Gründen - in der Badewanne saß und forschte.
 
„Besteht das Ziel der Wissenschaft nur darin, die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern“ (Brechts Galilei)? Ob das ausreicht? An sich ging es zunächst um das Verständnis der Natur. Aber daraus ergab sich eine Entwicklung und zwar eine gewaltige Entwicklung und der Autor schreibt, erzählt die letzten 65 Jahre dieser Wissenschaftsexplosion so, daß der interessierte Laie sich mit Vergnügen und Interesse festliest. Die moderne Entwicklungsgeschichte von Naturwissenschaft und Technik wird ausgebreitet. Selbstverständliche Begriffe wie Chip, Computer, Festplatte, Zellkultur, werden erklärt. Über die Geschichte der Antibabypille, des DDT (und dessen Bedeutung für die Malariabekämpfung und den Umweltschutz), über die Faszination des Silicon Valley, über das Mooresche Gesetz liest man und ist fasziniert, wie interessant Naturwissenschaft ist. Wir lesen über die Theorie der Erkenntnis und ihre Probleme, über das Seniorenstudium und über „das Schöne und das Biest“, also über die Rolle des Schönen in der Geschichte der Naturwissenschaften. Kann man lernen, die Welt (Natur) so wahrzunehmen, daß sie als schön wahrgenommen wird? Wie geschieht Theoriebildung in der Physik? Ist die wissenschaftliche Hypothese eine die experimentellen Ergebnisse erklärende Erkenntnis, eine Erfindung, oder eine Interpretation derselben und damit der Kunst vergleichbar? Einstein - er war bekanntlich ein guter Geiger - flüchtete, wenn er in seiner Wissenschaft nicht weiter kam, sogar zur Musik, zu Mozart und Bach..
 
In der Allgemeinbildung spielt die Kenntnis der Geschichte der Wissenschaft und Technik
keine Rolle. Wer kennt das Wunderjahr Einsteins, wer weiß, wann der Akku erfunden wurde? Und das gesellschaftspolitisch verquaste Denken der 68er Generation, wie es von Habermas und Adorno in schwer verständlichem aufgeblasenem Soziologenjargon verbreitet wurde, blockiert jahrelang das gesellschaftliche Interesse und die Akzeptanz naturwissenschaftlichen Denkens. Die Sprache verrät die Denke. Das nimmt Fischer aufs Korn. Er befindet sich dabei in bester Gesellschaft, äußerte Popper doch bereits 1970 seine Kritik daran. Fischer gelingt es, den Leser an der die Faszination, die von Physik und Chemie ausgehen können, teilnehmen zu lassen, werden sie nur adäquat dargestellt.    
 
Ernst Peter Fischer, habilitiert in Konstanz, apl. Professor für Wissenschaftsgeschichte, erfolgreicher Schriftsteller und Autor etlicher Bücher über Naturwissenschaft und Bildung. verknüpft die Geschichte der Naturwissenschaften seit 1947 mit seinem persönlichen Leben, mit seiner Biographie. Dabei spiegeln seine Vornamen Ernst und Peter tatsächlich das Programm seines Leben wider: Ernsthafte Ideen zu Wissenschaft und Erkenntnis entsprechend dem 1. Vornamen, Humor und Menschlichkeit in den biographischen Notizen entsprechend sozusagen dem Peter in ihm.
Gegen Ende des Buches finden sich Notizen zur Nachhaltigkeit, die jeden Politiker, jeden Wirtschaftsboss, jeden Konsumenten und natürlich jeden Wissenschaftler, also jeden von uns an seine Verantwortung für die Welt erinnern und daran, daß wir unser Leben ändern müssen! Zusammen mit 60 Tips für das Wichtigste im Leben ergibt sich fast ein Graciansches Handorakel der Lebensklugheit.
 
E.P. Fischer stammt aus dem Wuppertaler Stadtteil Wichlinghausen und ist in Wuppertal-Barmen zur Schule gegangen. Er studierte Mathematik, Physik und Biologie, promovierte 1977 bei Max Delbrück am California Institute of Technology, habilitierte 1987, lebt in Heidelberg. Er hat viel zu erzählen bzw. zu schreiben, und das Lesen ist ein Vergnügen!
 
Bücher von E.P. Fischer (Auswahl): Werner Heisenberg - Das selbstvergessene Genie (2001), Die andere Bildung (2001), Das Genom (2002), Einstein, Hawking, Singh und Co (2006), Einstein für die Westentasche (2005), Einstein trifft Picasso und geht mit ihm ins Kino (2005), Schrödingers Katze auf dem Mandelbrotbaum (2006).

Ab dem 30. September 2012  sonntags um 19.15 Uhr wird Bayrischen Fernsehen (BR-alpha) eine jeweils 15-mimütige Sendung mit E.P. Fischer ausgestrahlt werden. Sechzehnmal berichtet E.P. Fischer über jeweils einen großen Naturwissenschaftler und seine Entdeckungen. Eine Wiederholung der Sonntagssendung läuft jeweils am darauffolgenden Samstag, ebenfalls um 19.15 Uhr.
 
Ernst Peter Fischer: Die andere Leichtigkeit des Seins. Eine persönliche Geschichte als Hausmann und Hochschullehrer. Ein Leben für Familie und Wissenschaft.
© 2012 Verlag Komplett-Media. 336 Seiten, gebunden - ISBN 978.3.8312-0388-8
24,95 €