Das ist Liebe!

Carlo Goldonis „Diener zweier Herren“ in einer Inszenierung von Martin Pfaff

von Frank Becker
Das ist Liebe!
 
Carlo Goldonis „Diener zweier Herren“ im
(fast) leeren Remscheider Teo Otto Theater
 
 
Remscheid. Die räumlichen Verhältnisse auf und vor der Bühne hielten sich am Samstagabend im Remscheider Teo Otto Theater bei der Aufführung von „Diener zweier Herren“ in etwa die Waage: zehn Schauspieler standen auf leerer Bühne – die Ausstattung bestand aus den unaufwendigen Kostümen (Ines Alda) – nur etwa 80 Zuschauern im kärglich besetzten, somit fast leeren Saal gegenüber. Das ist deprimierend. Ein Votum der Remscheider gegen den Erhalt ihres wunderbaren 50er-Jahre Theaters und seines abwechslungsreichen Programms? Das muß Schauspieler eigentlich demotivieren, zumal sie bei Saallicht begannen und des Elends ansichtig wurden. Doch Robert Andrej Augustin nutzte als Truffaldino die Situation beim Blick aufs Publikum für ein

Pantalone verschachert Claricev.l.: Jenny-Ellen Riemann, Markus Hottgenroth,
Stephan Clemens - Foto: Landestheater Detmold
Extemporé: „Kleine, aber feine Gesellschaft“.
 
Martin Pfaff hat Carlo Goldonis turbulente Verwechslungs-Komödie um den stets hungrigen und mittellosen Diener Truffaldino für das Landestheater Detmold mit einfachsten Mitteln in Szene gesetzt und sich einzig auf die Wirkung des Wortes und der burlesken Charaktere der Commedia dell´arte verlassen, der Goldoni frischen Schwung gegeben hat. Er ist damit richtig gefahren. Truffaldino, der sich – wie er glaubt schlau - gleich bei zwei Herren verdingt und damit für heilloses Durcheinander sorgt, ist eine Paraderolle für jeden Komödianten. 1745 ist der „Diener zweier Herren“ erstmals aufgeführt worden, 150 Jahre nach Shakespeares dramatisch fast stets unerträglich überhöhten Verwechslungskomödien – Goldoni wirkt im Vergleich spritzig und volkstümlich. Die wichtigsten Figuren der Commedia wie Pantalone (Markus Hottgenroth), Dottore (Stefan Clemens), Brighella (Joachim Ruczynski), Truffaldino, der ein wenig zu oft „Scheiße“ schreit (Robert Andrej Augustin) und Smeraldina (Kerstin Klinder) treten in ihren archetypischen Rollen auf, Martin Paff hat sie 250 Jahre danach vor allem sprachlich modernisiert, dennoch traditionell angelegt. Der Degen wird durch die Pistole ersetzt, der Schuldschein durch den Scheck. Allenfalls hätte das Tempo noch ein wenig forcierter sein dürfen.
 
Es geht natürlich wie immer um die Liebe, was durch den als running gag allfällig deklamierten Kernsatz „Das ist Liebe!“ erheiternd manifest wird, um Heiratsverträge – und ums liebe Geld, um das

Christopg Gummert als Silvio - Foto: Landestheater Detmold
nicht nur der geizige Pantalone und der Dottore feilschen. Auch die rassige Beatrice (Ewa Rataj, nicht minder rassig), ihr Macho-Liebhaber Florindo (Martin Krah als Hilfs-Banderas), der Wirt Brighella und der völlig abgebrannte Truffaldino sind aufs Bare scharf. Einzig das wirklich liebende Paar Clarice (Jenny-Ellen Riemann) und Silvio (Christoph Gummert) kümmert der Zaster nicht. Die wollen nur sich. Beide machen aus ihren Figuren genau das, was sie zu den komödiantischen Höhepunkten der Aufführung erhebt: die zauberhafte Jenny-Ellen Riemann nämlich gibt das süße Blondchen (das sie auch ist) von versteckter, doch bisweilen hervorbrechender Charakterstärke unerhört liebenswert und wandlungsfähig, Christoph Gummert seinen tumben, ungelenken, schwer verliebten und heftig enttäuschten Silvio im grellen Anzug so urkomisch, dass ihm die Krone des Abends gebührt. Clarice und Silvio laufen dem überdrehten Truffaldino locker den Rang ab - um mit Friedrich Luft zu sprechen: gegeben wurde Silvio, der Diener war nur Nebensache.
 
Weitere Informationen: www.landestheater-detmold.de