Mit geschultertem Rucksack

S. Corinna Bille - „Von der Rhone an die Maggia“

von Sabine Kaufmann
Mit geschultertem Rucksack

Ein alter Kino-Western-Spruch ist "A man´s got to do what a man´s got to do". In diesem Fall wandeln wir den schlicht in die feminine Form ab: "A woman´s got to do what a woman´s got to do". Denn das und nichts anderes ist das Wanderabenteuer, auf das sich die Schweizer Schriftstellerin Stéphanie Corinna Bille (1912-1979) Mitte der 1950er Jahre samt Ehemann Maurice Chappatz und Sohn Blaise einließ.

Ein Wanderung durch einen der schönsten Abschnitte des Wallis hatte sie sich von Maurice gewünscht, einen Weg, der auch ein wenig der Weg zurück zu schönen, prägenden Erlebnissen der Kinderzeit sein sollte. Mit mangelhafter Ausstattung, dafür der Entschlossenheit des Willens und - was Blaise betraf - der Abenteuerlust und Neugier der Jugend zogen die drei los. Fünf Tage
mitunter dramatisch strapaziöser Wanderung über zum Teil weglose Grate, Pässe und Hänge lagen vor ihnen, Tage an denen der Mut der Autorin vor Erschöpfung gelegentlich sinken wollte, dann aber von unauslöschlichen Naturbildern und Begegnungen mit wunderbaren Menschen wieder aufgebaut wurde. Auf Dorfbewohner und Gastwirte Hirten und Bauern trafen die Wanderer, spürten in den Bergen die wärmende Sonne des Tages und im einfachen Schlaflager die empfindliche Kühle der Nacht. An einem hitzigen Sprachenstreit konnten sie teilhaben, einen dichtenden Wirt kennenlernen, aber sich auch an der Stille der Natur mit ihren seltenen Blumen und Gewässern laben.

Es war ein Abenteuer, wie es heute zwar in etwa nachvollzogen werden könnte, aber die Ursprünglichkeit verloren hätte. Vieles hat sich an den besuchten Orten überdies verändert, manches fehlt gänzlich. Die Zeit ist darüber mit harschem Wind hinwegegangen. Was bleibt, sind die Impressionen der wenigen schwarz-weißen Fotos und der auf knapp 70 Seiten gedehnte recht kleine Text. Der jedoch rührt an. Was erheblich stört, ist die Anpassung an die ja bekanntermaßen zum Teil kuriose neue deutsche Rechtschreibung, die in dem 1957 erstmals veröffentlichten Text plötzlich "Stängel" und (besonders grotesk) "Gämse" auftauchen läßt. Unpassend und wirklich nicht schön. Hingegen erweisen sich die Hinweise von Andreas Weissen zur jetzigen Begehbarkeit der Route samt Änderungs-Vorschlägen, Einkehr- und Übernachtungstips als nützlich. Auch die Anmerkungen der Übersetzerin Hilde Fieguth
zur Person der Autorin und zum Text sind wertvoll. Die marginale Streckenkarte auf dem hinteren Vorsatz läßt wichtige im Text beschriebene Stationen aus. Sie taugt allenfalls für einen flüchtigen Eindruck über Start, Ziel und Zeit.

Beispielbild

S. Corinna Bille
„Von der Rhone an die Maggia“
Erzählung einer Wanderung
 
Aus dem Französischen von Hilde Fieguth / Mit einer Einladung zum Nachwandern von Andreas Weissen

© 2011 Rotpunkt Verlag, 117 S. - 19,0 x 12,0 cm, gebunden, ISBN 978-3-85869-458-4
CHF 24,00  € 18,00

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