Das Lachen ist Wein für die Seele

Sean O´Caseys Farce „Das Ende vom Anfang“ in Rheydt

von Peter Bilsing

Foto © Matthias Stutte

Das Lachen ist Wein für die Seele
 
O´Caseys grandiose Farce „Das Ende vom Anfang“
 
hatte in Rheydt ihre umjubelte Premiere.
(am 31.11.12)
 
Inszenierung: Carl-Hermann Risse - Bühne und Kostüme: Udo Hesse - Dramaturgie: Martin Vöhringer – Fotos: Matthias Stutte
Besetzung: Darry Berrill: Bruno Winzen - Barry Derrill: Adrian Linke - Lizzie Berrill: Paula Emmrich

Das bißchen Haushalt macht sich von allein - sagt mein Mann. (…). Wie eine Frau von heut' da gleich verzweifeln kann, Ist nicht zu fassen - sagt mein Mann.“ Vielleicht sollten Sie sich, liebe Theaterfreunde, diesen Schlager von Johanna von Koczian (1977 in der Hitparade) vor dem Besuch der grandiosen Inszenierung von Sean O´Caseys „Das Ende vom Anfang“ einfach noch einmal zur Einstimmung anhören : hier.
 
Der irische Dichter schuf Figuren, die den melancholischen Charakteren Charles Chaplins oder Buster Keatons abgeschaut sein könnten, aber auch die Groteske eines Shakespeare-Narren repräsentieren. Versteckt im realistischen Alltagsgeschehen eines irischen, einfach gestrickten Bauernehepaares, hat er diese beinahe Beckettschen Figuren von grandioser Lächerlichkeit und Tragik geschaffen. Letztlich ist das ganze eine ausgesprochen schwarzhumorige Farce über Besserwisserei und der Tücke des Objekts, die in so harmloser Gestalt wie Teller, Rasierklingen, Strom, Glühbirnen, umstürzenden Regalen, zerbrechlichen Möbeln, Seilen, Wanduhren, Öllampen usw. daherkommt. Auch geht es um die menschliche Schwäche im ständigen Scheitern. Nichts ist so schlimm, daß es nicht noch schlimmer werden könnte... Murphys Gesetz. Es ist eine Gratwanderung im Sinne Stan Laurel /Oliver Hardy - stets bemüht, aber immer in Zerstörung und Chaos endend. Carl-Hermann Risse hat das Chaos aud Udo Hesses Bühne brillant in Szene gesetzt.
 
Darry (Bruno Winzen) und Lizzie Berrill (Paula Emmrich), ein streitsüchtiges, auf dem Lande lebendes Ehepaar, liegt sich mal wieder in den Haaren über der Frage, wer denn wohl die schwerere Arbeit leiste. Es ist die immer gleiche Frage nach der Wertigkeit von „leichter“ weiblicher Hausarbeit gegenüber der körperlich vorgeblich schwereren Landarbeit des Ehemannes. Heute tauschen beide die Rollen. Sie mäht die Wiese - er kümmert sich um „das bißchen Haushalt“ - und die Kuh.
Quasi als Eskalationsassistent und Sündenbock tritt ihm sein schwer kurzsichtiger Freund Barry Derrill (Adrian Linke) zur Seite, ein personifizierter Unheilskatalysator, Verkörperung des „Worst Case“. Barry, der „Blindfisch“, ist die Fleischwerdung der provinziellen Weltkatastrophe. Mehr wird nicht verraten. Nur soviel: Am Ende wird es heißen „Mein Gott, Frau, könntest du nicht einmal auch nur etwas richtig machen?“
 
Ein heutiger Begriff für diese Art von Stück, wäre „Sitcom“. Das Verhältnis der beiden Protagonisten hat etwas von der unterhaltsamen deutschen Slapstick-Serie (Ja! So etwas gibt es tatsächlich!) mit dem Titel „Hausmeister Krause“ oder wenn wir weiter zurück gehen „Ekel Alfred“ (Ein Herz & eine Seele). Darry macht seinen dusseligen Freund Barry stets für alles verantwortlich und legt ihn sogar ganz böse und hinterhältig rein, wie weiland Dieter Krause seinen Stottererfreund Herbert.
Vorsicht schreckhafte Theaterfreunde! Wenn es auf der Bühne immer ruhiger zu werden scheint, signalisiert dies Bedrohliches. Unheil dräut! Natürlich sind viele Pointen vorhersehbar und wohlbekannt - allerdings ist das Timing das Entscheidende, das die Spannung unterhaltsam hoch hält.. Die Blumenvase steht ziemlich lange auf der Tischkante!
 
Für dieses Stück braucht man zwei exzellente und bewegliche Schauspieler, die auch körperlich etwas aushalten können. Mit dem fabelhaften Bruno Winzen und Allroundmegatalent Adrian Linke verfügen die Vereinigten Bühnen Krefeld/Mönchengladbach über die ideale Vorraussetzung für diesen Publikumsreißer, der leider nur im STUDIO (maximal 50 Plätze) gespielt wird. Schauspielerische Leistungen, die man mit höchsten Worten kaum angemessen rühmen kann - man muß diese beiden sehen. Man muß sie live erleben. Allein schon ihr „Lied von den Bienen“ würde ich als hitparaden-reif bezeichnen. So schreiend komisch, wie auch anzüglich sentimental proben beide einen Song, der eine Mischung aus Mike Krüger, Donovan, Otto Waalkes und Reinhard Mey sein könnte, abgeschmeckt mit einer Prise Fäkal-Pocher. Herrlich...


Foto © Matthias Stutte
 
Einfach begnadete Unterhaltung, welche die Fahrt nach Rheydt unbedingt lohnt! Buchen Sie  schnell, bevor die paar Vorstellungen ausverkauft sind. Auch ein Abend für die ganze Familie! Der Kritiker war begeistert und hat lange nicht mehr so gelacht. Gratulation an das Team für diesen wirklich großartigen und amüsanten Theater-Abend.
 
Besonderer Dank an Matthias Stutte für die fabelhaften Bilder.
Weitere Informationen: www.theater-kr-mg.de
 
Redaktion: Frank Becker