…und 31 Sekunden...

von Hanns Dieter Hüsch

Foto © Frank Becker
…und 31 Sekunden...
 
Also die Geschichte mit den Einkaufstüten, die sich, wenn man sie abstellt, nicht an die Wand anlehnen, sondern immer zu einem zurückkommen, die kennen Sie ja schon! Und die Geschichte mit dem Butterbrot, das immer, wenn es runterfällt, mit der geschmierten Seite nach unten auf dem Boden liegt nie nach oben -, die kennen Sie ja auch! Aber ich habe jetzt für mich in dieser Beziehung was ganz Neues entdeckt! Ich weiß nicht, ob Sie das auch haben, wahrscheinlich nicht! Aber vielleicht kommt das noch! Also: Ich rufe manchmal die Zeit an. Wie heißt das Dinges - 0119? Um rauszukriegen, wie spät es genau ist. Wir haben nämlich fünf bis sechs Uhren, und die gehen alle, wie sie wollen - wollen mal sagen, auf die Dinger ist kein Verlaß mehr drauf, inklusive meiner Armbanduhr! Da weiß ich nie, geht die nun vor oder nach, oder geht sie überhaupt nicht mehr und so weiter. Und bei den anderen Uhren muß man immer dagegen klopfen, dann geht die Batterie wieder. Dann ist der kleine Zeiger dem großen Zeiger immer im Weg! Wie beispielsweise bei unserer Küchenuhr: Also solchen Uhren kann man es nie recht machen. Und wenn ich dann wirklich mal ganz genau wissen will, wem die Stunde schlägt, dann muß ich die Zeit anrufen! Und da heißt es immer nur: Und 58 Sekunden ... und 14 Sekunden  Es kommt bei mir nie - sagen wir mal11 Uhr, 25 Minuten und 31 Sekunden, sondern immer nur... und 31 Sekunden! Das macht mich auf die Dauer rasend! Das heißt, ich habe mich inzwischen schon damit abgefunden, daß es keine Stunden und Minuten mehr gibt, sondern nur noch: ...und 21 Sekunden! Aber da kann doch irgend etwas nicht stimmen! Ich habe den furchtbaren Verdacht, daß die Sprecherin meine Stimme kennt und sich sagt, dem spiele ich jetzt mal einen Streich, der kriegt von mir nie  mehr eine genaue Uhrzeit, dem schmeiß ich den ganzen Tag durcheinander... und 18 Sekunden! Nun kann man natürlich sagen: „Erlauben Sie mal, Herr Hüsch, nun seien Sie mal nicht so verzweifelt oder ungeduldig oder pingelig, da müssen Sie eben ein paar Sekunden warten, dann läuft das Band ja wieder von vorne!“ Aber das ist mir ein schöner Trost, denn das weiß ich selber! Aber soviel Zeit habe ich nun wieder nicht, die paar Sekunden auch noch abzuwarten. Das leppert sich nämlich zusammen. Hier eine Sekunde, da eine Sekunde! Und dann ist das Leben aus! Nee! Das sehe ich nicht ein!... und 26 Sekunden! Ich meine, wenn einem schon die Tüten entgegenkommen und die Butterbrote immer mit der geschmierten Seite nach unten fallen, ok.! Aber bei der Zeit will ich keine Zeit verlieren! Aber was willst du machen, wenn du zu den Auserwählten gehörst? Und 49 Sekunden...! 
 
 
 
© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus "Es kommt immer was dazwischen" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung