Die Engel von Paul Klee

Das Folkwang-Museum zeigt erstmals in Deutschland gut 80 geflügelte Wesen des Malers

von Andreas Rehnolt

© Zentrum Paul Klee, Bern
Die Engel von Paul Klee
im Folkwang-Museum
 
Die Ausstellung zeigt seit Samstag
erstmals in Deutschland gut 80
geflügelte Wesen des deutschen Malers
 
Essen - Mehr als 70 Jahre nach dem Tod des berühmten Schweizer Künstlers Paul Klee (1879-1940) zeigt das Folkwang-Museum in Essen seit vergangenem Samstag erstmals in Deutschland die zu den beliebtesten Werken des Malers gehörenden Engel. Die Ausstellung mit dem Titel "Die Engel von Paul Klee" präsentiert gut 80 der geflügelten Wesen und ist eine Augenweide. Die mal mit Kreide, mal mit Öl- oder Wachsfarbe und mal mit Tinte geschaffenen Engel sind nach den Worten von Kurator Tobias Burg vom Donnerstag "Wesen, mit einer ganz eigenen Entwicklung und Geschichte."
Und diese Engel sind nicht von Anfang an groß und prächtig, wie man sie sonst auf Bildern sieht. Klees Engel sind tatsächlich "Engel im Werden". So der Titel der einzigen abstrakten Engelkomposition, die zu sehen ist. Es gibt den "Engel im Kindergarten", den "Unfertigen Engel" und - wunderschön - ein paar Bilder mit Engeln am Weihnachtsbaum, die Klee im Alter von 4 oder 5 Jahren gemalt hat. Manch einer der kommenden Besucher wird sich beim Betrachten sicherlich an seine eigenen Kunstwerke aus Kindertagen erinnern.

Überhaupt macht der Gang durch die bis zum 14. April terminierte Ausstellung Freude, auch wenn man weiß, daß Klee die allermeisten der Bilder in seinen letzten Lebensjahren 1938 und 1939 geschaffen hat. Schwer krank und in Deutschland von den Nationalsozialisten verfemt. "Vermutlich hat sich der Künstler damals gefragt, wie es mit ihm weiter geht und ist so vielleicht auf das Thema Engel gekommen", mutmaßte der Kurator beim Gang durch die Schau.
Der Besucher sieht schelmische, lausbübische, nachdenkliche und auch vergessliche Engel. Manch einer erinnert mehr an einen Vogel, andere wiederum scheinen selbst noch nicht so recht an ihr Engeldasein zu glauben, wie etwa der mit Kreide, Kleisterfarbe und Aquarell gemalte "Engel, noch tastend". Die Titel der Bilder waren nach den Worten von Tobias Burg "von großer Wichtigkeit" für Klee. Und sie machen das Verstehen der Bilder relativ einfach.
1933, im Jahr der Machtergreifung Hitlers schuf Klee die Pinselzeichnung mit dem schlichten Titel "Fall". Da droht ein mit einer grotesken Fratze versehenes Wesen auf den Betrachter zuzustürzen. Das Bild erinnert an die christliche Ikonografie des Höllensturzes Luzifers, der von Gott verstoßen wurde, weil er versucht hatte, sich mit Gott gleichzustellen. Eine ganze Reihe von Bildern, die sich mit "gefallenen Engeln" befassen, sind in Essen zu sehen. Das schrecklichste sicher das Bild des teuflischen Wesens mit dem Titel "Chindlifrässer", der als Racheengel verkleidet kleine Kinder verschlingt.

Viele von Klees Engeln beschäftigen sich mit existentiellen Fragen. Neben dem "Engel voller Hoffnung" folgt der "Engel übervoll", der seinen Kopf versunken zur Seite neigt. Andere Engel tragen Zeichen der Zerbrechlichkeit und des Leidens. Schon fast wie am Übergang zwischen Leben und Tod fragt einer der Engel "Was bringst du, Licht?" Die Engel bei Paul Klee sind Begleiter, keine Führungsgestalten und sie stellen nicht die Frage nach der Religion.
Sie stehen allerdings in der Tradition christlicher Vorstellungen, ohne jedoch ein Glaubensbekenntnis abzufordern. Klee selbst sagte zu seinen Engel-Darstellungen: "Bei den Engeln ist alles wie bei uns, nur englisch." Die überaus sehenswerte Ausstellung im Folkwang-Museum entstand in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Paul Klee in Bern und der Hamburger Kunsthalle. Nach dem Ende der Schau in Essen werden die Engel weiterfliegen und dann in Hamburg landen.

Im Verlag Hatje Cantz ist ein reich bebildeter, 150seitiger Katalog zur Ausstellung erschienen. Im Kölner Dumont-Verlag ist bereits Ende 2011 ein kleines Büchlein mit dem Titel "Die Engel von Paul Klee" erschienen, das sich ebenfalls auf 112 Seiten den Flügelwesen widmet. Es ist mit der ISB-Nummer 978-3-8321-9395-9 im Buchhandel erhältlich.

Die Ausstellung ist dienstags bis sonntags von 10 bis 20 Uhr sowie freitags von 10 bis 24 Uhr geöffnet.