Das indische Tuch

Im Wuppertaler TiC-Theater (sehr frei nach Edgar Wallace)

von Frank Becker

© Wilhelm Goldmann Verlag
Das TiC-Theater präsentiert:
Das indische Tuch
(sehr frei nach Edgar Wallace)
 
„Edgar Wallace hat mehr Frauen nachts wach gehalten
als jeder andere Mann - und das ganz ohne Sex.“
(Focus).
 
Der Fall der verängstigten Dame
oder:
Das Geheimnis des Wandschranks
 
 
Hier spricht…“ - nein nicht Edgar Wallace, sondern ein dank des jüngsten Streichs des Wuppertaler Tic-Theaters vergnügter Rezensent. Am Freitagabend, zur besten Krimi-Zeit, hatte nämlich eine dort von Intendant Ralf Budde inszenierte Bühnenfassung des Klassikers „Das indische Tuch“ (sehr frei nach dem legendären englischen Krimi-Autor) Premiere. Premiere auch für einige der Darsteller, denn das TiC hat seit dem jüngsten Casting neue, vielversprechende Talente hinzugewonnen. Darstellerische Schwergewichte und Säulen der Aufführung sind allerdings drei bewährte und wie die anderen Charaktere hervorragend besetzte altgediente TiC-Schauspieler: Torsten Kress brillant als herrlich fieser Dr. Leicester Amersham, Andreas Wirth köstlich in der Rolle des verklemmten Lord Willie Lebanon und souverän seriös Carsten Müller als Inspektor Bill Tanner.
 
Handlungsort: das alte Schloß Marks Priory der Lebanons in ländlicher englischer Umgebung, von Iljas Enkaschew genial auf kleinstem Raum mit allen notwendigen Andeutungen von Treppen, Gängen, Park zu greifbaren Illusionen gestaltet. Kerstin Faber hat dazu passend die zeitlos stimmigen Kostüme gestaltet, Heike Kehrwisch die Maske. Story: auf Marks Priory, dessen undurchsichtige Bewohner in feindlicher Atmosphäre nebeneinander her leben, geht ein Mörder um. Sein Werkzeug ist ein rotes Seidentuch, mit dem er einer alten indischen Tötungsmethode folgend seine Opfer erdrosselt. Die Spuren führen zurück in die koloniale Vergangenheit der männlichen Mitglieder der etwas skurrilen Gesellschaft. Es gibt – na klar – Leichen, Schußwaffen, Motive und Wendungen und obendrein diverse Mordversuche, die nicht alle zum von meuchelnden Mörder gewünschten Erfolg führen. Wer aber ist der Unhold, der Nacht für Nacht mit Heimtücke durch die Gänge des Schlosses schleicht?
Das verraten wir hier natürlich nicht, auch nicht, wer seine Opfer sind und wann er zuschlägt.
 
Oder ist es eine Sie? Ralf Budde beherrscht das musikalisch auf den Punkt untermalte Verwirrspiel, er legt falsche Fährten und läßt mal diesen, mal jene verdächtig erscheinen. Klaus Hasbach gibt bei dem Verwirrspiel den unheimlichen Butler Gilder in bester Wallace-Tradition, Dennis Gottschalk den unbekümmerten Chauffeur Studd und den eifersüchtig schießwütigen Parkwächter John Tilling sowie Isabel Bartnik des letzteren laszive Frau Joan, die einige kinowürdige große Auftritte hat. Ralf Budde spielt elegant mit Klischees, was dem Stück den ironischen Anstrich mancher Alfred Vohrer-Inszenierung gibt.
Überhaupt sind die Damen hier die interessanten Entdeckungen des Ensembles: Erika Klein-Ejupi gibt als Lady Jane Lebanon eine würdige Flickenschildt-Kopie ab, Dilara Baskinci die etwas mysteriöse Sekretärin Isla Crane (einfach göttlich die Kußszene mit… - verraten wir auch nicht! – in der sie mit fein gezirkelter Armbewegung die Brille absetzt) und eben Isabel Bartnik, die ihren Sex-Appeal fein dosiert einzusetzen versteht.
 
Sie sehen schon, der Kritiker schreibt unentwegt um den heißen Brei herum, denn anders als weiland Wolfgang Neuss vor 51 Jahren beim Fernsehkrimi „Das Halstuch“ wollen wir Ihnen ja nicht durch „Geheimnisverrat“ die Spannung nehmen. Gehen Sie hin, lassen Sie sich für gut zwei Stunden köstlich unterhalten und vertrauen Sie auf die seit über 60 Jahren gültige Werbung des Wilhelm Goldmann Verlages: „Es ist unmöglich, von Edgar Wallace nicht gefesselt zu werden!“


v.l.: Andreas Wirth, Carsten Müller, Dilara Baskinci, Klaus Hasbach - Foto © Martin Mazur
 
Weitere Informationen und Termine: www.tic-theater.de