Der Perlinger-Weg ins Glück - Sissi und der Hinduismus

von Sissi Perlinger

© Sissi Perlinger
Sissi und der Hinduismus
 
Ich bin ja, was religiöse Dinge anbetrifft, mehr als skeptisch und eher auf Krawall gebürstet, aber das, was ich hier (in Indien, Anm.) vom Hinduismus mitbekomme, stimmt mich irgendwie versöhnlich, weil ich merke, daß der Glaube die Leute nicht verhärmt, sondern fröhlich macht. Als ich die ersten Heiligenbilder und Tempel in Indien sah, war ich von der positiven Farbenpracht überwältigt. Bei uns herrscht immer die Atmosphäre einer Grabkammer, und alles hängt voller Folterwerkzeuge und toter Märtyrer. Bei den indischen Göttern hat mich besonders berührt, daß ganz oft ein Licht aus der Hand rausstrahlt, genau da, wo Jesus einen Nagel reingehauen bekommen hat. Hinduistische Tempelfeste sind farbenfrohe Partys voller Musik und gemeinsamer Aktivitäten, an denen die Familien ihr ganzes Dorf mit selbst gemachten Pflanzendekorationen schmücken. Gläubige Inder sind wie Kinder, die an den Weihnachtsmann glauben. Alles ist sehr enthusiastisch, publikumsfreundlich und laut, und man holt sich seine Segnung überall, quasi im Vorbeigehen. Ein bißchen so wie Fingerfood auf Stehempfängen. Bei uns ist so was undenkbar, stellen Sie sich vor, Sie sitzen in der U-Bahn. Jemand steigt ein und sagt; „He, gib mir mal ’nen Euro, dann kriegste ’ne Hostie, 'nen Schluck Wein.“ In Indien ist das völlig normal. Überall laufen wunderschön angezogene alte Frauen mit einem Tablett voller Kerzen und Blumen rum, und da kriegt man sein „Blessing“ als roten Punkt auf die Stirn gemalt. Das ist doch ein fairer Deal; Ich zahle 10 Rupien und bekomme dafür 250 Gramm Segen. Ich muß sagen, daß die hinduistische Mythologie mich als alte Geschichtenerfinderin unheimlich fasziniert, einfach wegen der Intensität der Bilder und auch wegen ihrer unglaublichen Vielseitigkeit. Der Hinduismus bietet für jede Situation und jeden Menschentyp passende Göttergeschichten, in denen man sich selbst wiederfinden kann. Ich freue mich natürlich ganz besonders über Saraswati, die Göttin  der Dichtkunst, Musik und Weisheit. Endlich hab auch ich mal eine Identifikationsfigur, die zu mir paßt, und sie hat zusammen mit ihrem Verehrer Brahma die Welt erschaffen, so wie sie heute ist. Brahma hat übrigens seine vier Köpfe deswegen, weil er immer sehen wollte, wo SIE gerade steckt.
 


(Textauszug aus "Auszeit! Der Perlinger-Weg ins Glück" mit freundlicher Genehmigung des Südwest Verlages)
Weitere Informationen unter: www.sissi-perlinger.de
Redaktion: Frank Becker