Der Perlinger-Weg ins Glück - Muß ich alles wissen?

von Sissi Perlinger

© Sissi Perlinger
Muß ich alles wissen?
 
Eine kurze Anmerkung. Ich möchte der „schreibenden Zunft der Journalisten“ übrigens mit diesen Worten nicht ans Bein pissen, sondern ich glaube vielmehr, daß wir, die Konsumenten, durch unser Verhalten diesen Markt kreieren. Eine Zeitung verkauft sich tatsächlich besser, wenn auf dem Titelblatt steht: „Frau bestialisch mit 36 Messerstichen ermordet.“ Aber was ist es, das uns nach so einer Zeitung greifen läßt? - Welchem Impuls folgen wir, wenn wir die Bremse reinhauen, um das Blutbad bei einem Unfall auf der anderen Straßenseite besser sehen zu können? Wir haben einfach immer noch nicht gelernt, daß wir uns selbst schützen müssen. Unsere Welt hat sich verändert, und wenn wir nicht lernen, das Informationsausmaß über das tägliche, globale Grauen zu kontrollieren, werden wir mit schwerer Abstumpfung dafür bezahlen! Die menschliche Psyche ist nicht dafür gebaut, sich ständig dem Leid der gesamten Menschheit auszusetzen. Bloß weil das heute technisch möglich ist, heißt das noch lange nicht, daß wir es auch seelisch verkraften können.
 
Aus der Primatenforschung wissen wir inzwischen, daß Mitgefühl ein ganz stark ausgeprägter, fest im Nervensystem verdrahteter Teil unseres Wesens ist. Das Leid einer anderen Kreatur läßt uns nicht kalt. Also muß unser Gehirn, wenn es einer solchen Extremsituation zu oft ausgeliefert ist, einen Selbstschutzmechanismus entwickeln, indem es Informationen nur noch selektiv zuläßt. Daß dabei leider gerade die emotionalen Bereiche abgetrennt werden, die dafür verantwortlich sind, intensive positive Emotionen zu empfinden, bedeutet natürlich einen enormen Verlust an Lebensqualität. Um nicht total abzustumpfen, müssen wir also lernen, für unsere überaus sensible, komplexe Psyche einen neuen gesunden Selbstschutz zu etablieren, sonst wird uns die Informationsflut ertränken. Man kann üben, sich selbst und seine wahren Beweggründe unter die innere Lupe zu nehmen, und sich fragen: Laß ich mich unter Druck setzen, weil ich mithalten will, um „up to date“ zu sein? Will ich mein Ego insgeheim erhöhen, wenn ich anderen dabei zusehe, wie sie scheitern? Will ich mich, unter dem Deckmäntelchen des „Man muß sich doch informieren“ am Leid anderer ergötzen? Ertrage ich meine innere Einsamkeit nicht mehr und will nur irgendwie abgelenkt werden? Oder bin ich bereits so kalt, daß ich gar nichts mehr fühle, egal wie schockierend manche Nachricht auch sein mag? 
 
Kleiner Tip: Fest steht, daß zu viele negative Dinge uns ganz eindeutig runterziehen und ängstlich machen. Jeder, der bemerkt, daß ihn das deprimiert, sollte auch dem Gruppenzwang widerstehen und sich  eine Zeitlang von der Infoflut fernhalten und nur sehr selektiv das für sich rausfiltern, was er wirklich wissen muß. Das meiste ist nämlich ohnehin nur Ablenkung von etwas Wichtigerem. 
 
 

(Textauszug aus "Auszeit! Der Perlinger-Weg ins Glück"
mit freundlicher Genehmigung des Südwest Verlages)

Weitere Informationen unter: www.sissi-perlinger.de
Redaktion: Frank Becker