Zum Tod von Otto Sander

...der gestern im Alter von 72 Jahren starb

von Frank Becker

Zum Tod von Otto Sander
der gestern im Alter von 72 Jahren starb
 
Und wahrlich! Preis und Dank gebührt
Der Kunst, die diese Welt verziert.
 
Otto Sander und Götz Alsmann lesen
„Max und Moritz“

und andere Lieblingswerke von Wilhelm Busch

Kaum ein Haushalt, der nicht in seinen Schränken einen umfangreichen Folio-Band, betitelt „Das große Wilhelm Busch Album“ oder „Wilhelm Buschs humoristischer Hausschatz“ zur Erbauung von Alt und Jung aufbewahrte. Jedes Kind kennt die Streiche von Max und Moritz, und jedem aufmerksamen Leser sind die trefflichen Lebensbetrachtungen in den Gedichten und Fabeln Wilhelm Buschs bekannt, wenn nicht gar zur moralischen Richtschnur geworden. Der große Humorist mit Wort und Feder gehört einfach zum deutschen Leben, die ironisch pointierten Zeichengeschichten und klugen Gedichte des ausgemachten Menschenfreundes sind von Witz und großer Weisheit, sein Werk heute so gültig wie vor 150 Jahren.
 
Zwei, die dem Schalk des Malerpoeten auf besondere Art gerecht werden, ja nahezu in seinen Geschichten höchstselbst vorkommen könnten, habe sich daran gemacht, eine repräsentative Auswahl für eine CD zu lesen: der unvergleichliche, melancholisch- rauhbeinige Schauspieler Otto Sander(1941-2013) mit dem Markenzeichen der traurig hängenden Schnurrbart-Enden und der witzige, eloquent freche Spaßmacher, Moderator und brillante Musiker Götz Alsmann, der auch seine berühmte Ukulele mitgebracht hat, Kultgegenstand bei allen seinen Bühnenauftritten. Die beiden Männer bilden ein herrliches Gespann, dessen abwechselnden Vortrag man mit allerhöchstem Vergnügen lauscht und dabei nur einen einzigen, dafür aber massiven Kritikpunkt finden kann: daß das Vergnügen nur eine gute Stunde dauert.
 
Die aber ist allerbeste Unterhaltung mit den kompletten Streichen der bösen Buben „Max und Moritz“, als die man Sander und Alsmann förmlich vor sich sieht, mit Kapiteln aus „Balduin Bählamm“ und „Maler Klecksel“, Gedichten aus „Schein und Sein“, „Kritik des Herzens“ und „Zu guter Letzt“ und mit sechs kleinen Zwischenmusiken, Perlen, die Götz Alsmann eigens für das Album komponiert hat und auf seiner Ukulele spielt. Ich habe mir die CD beim ersten Mal im Auto angehört und an der Ampel wohl die Blicke von nebenan auf mich gezogen, als ich - allein im Wagen - herzlich lachte. Dieses wohltuende Lachen wiederholt sich, abgelöst von leisem Schmunzeln und seufzender Erkenntnis beim Anhören von Mal zu Mal, denn Wilhelm Busch, Otto Sander und Götz Alsmann haben ihre Sache als Humor-Apotheker gut gemacht. Auch jetzt, während ich dies schreibe, läuft natürlich wieder die CD, um mich einzustimmen und ich muß ab und zu absetzten um zu lauschen und zu lachen - einfach schön. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, denn Lachen ist bekanntlich die beste Medizin (gegen und für alles).

„Man möchte weinen, wenn man sieht/Dies ist das Ende von dem Lied.“ Doch ist auch nach einer Stunde diese Auswahl durch, glimmt doch die Hoffnung auf eine mögliche Fortsetzung - denn „Hans Huckebein“, „Die fromme Helene“, „Der Hl. Antonius von Padua“, „Allotria“, „Julchen“; „Plisch und Plum“, „Eduards Traum“, „Abenteuer eines Junggesellen“, „Hernach“, „Dideldum“ und viele andere köstliche Texte mehr gibt es ja auch noch: „Darauf ist ihm so gewesen: Knopp, du mußt noch etwas lesen.“
 
Otto Sander (S) - Götz Alsmann (A) lesen „Max und Moritz“ und andere Lieblingswerke von Wilhelm Busch   
Mit 6 Ukulelen-Zwischenmusiken von Götz Alsmann (Busch-Impressionen)
© + (P) 2006 tacheles/ROOF Music
 
Titel: 1. Mein Lebenslauf (S) 0:47 - 2. Brief an den Verleger (A) 1:09 - 3.-11. Max und Moritz (A/S) 14:42 - 12. Busch-Impression Nro. I 1:08 - 13. Maler Klecksel, 1. Kap. (S)  4:41 - 14. Balduin Bählamm, 1. Kap. (A) 4:50 - 15. Busch-Impression Nro. II 0:51 - 16. Metaphern der Liebe (S) 0:55 - 17. Lieder eines Lumpen (A) 3:54 - 18. Der Lohn der guten Tat (S) 2:13 - 19. Schreckliche Folgen eines Bleistifts (A) 3:27 - 20. Busch-Impression Nro. VII 1:02 - 21. Kritik des Herzens Vorwort (S) 0:58 - 22.-39. Kritik des Herzens, Auszüge    (A/S) 7:10 - 40. Busch-Impression Nro. III 1:36 - 41. Eisenbahnfahrt (A) 1:22 - 42. Fink und Frosch (S) 0:55 - 43. Bis auf Weiteres (A) 0:19 - 44. Lass ihn (S) 0:24 - 45. Entrüstet (A)  0:36 - 46. In trauter Verborgenheit (S) 0:55 - 47. Gründliche Heilung (A 0:55 - 48. Nörgeln (S) 0:11 - 49. Busch-Impression Nro. IV 0:47 - 50. Nachruhm (A) 0:17 - 51. Der alte Narr (S) 0:50 - 52. Auf Wiedersehn (A) 0:45 - 53. Abschied (S) 1:27 - 54. Busch-Impression Nro. V 0:58
Gesamtzeit: 1:02:20
 
 

Bekenntnisse der Liebe


Nichts kann besser geeignet sein als Lyrik in ihrer konzentrierten Form, Aussage und Poesie, um Gefühle, Empfindungen und Zustände der menschlichen Seele auszudrücken. Das trifft im besonderen Maße auf die Liebe zu, deren übermächtige, süße Gewalt unwiderstehlich jeden und jede unter uns irgendwann mit heißer Hand ergreift. Wie diesen süßen Schmerz, das Sehnen und die Erfüllung, die Hoffnung und den bitteren Kummer des Verlustes ausdrücken? Natürlich: im Gedicht.

Die Liebeslyrik gehört wohl zu den am weitesten verbreiteten Gattungen der Poesie - kein Dichter, keine Dichterin, die sich ihr hätte entziehen können. Wie schwer muß es fallen, aus der Fülle des Angebots für eine repräsentative Anthologie einen Querschnitt zusammenzustellen - und umso schwerer wird es sein, das unter einer Zeitvorgabe für ein Hörbuch tun zu müssen. Anke Albrecht hat sich für "Dein Mund auf meinem" dieser Aufgabe gestellt und sie mit Hilfe vieler attraktiver Stimmen und dem ewigen Schatz deutscher Dichtung von Goethe bis Brecht, von Mörike bis Ringelnatz, von Uhland bis Mühsam, Stramm und Celan in kleinen Portionen mit Anstand bewältigt.

Wir hören die Stimme Ulrich Mühes (1953-2007) mit Rilke, Goethe und Morgenstern, Otto Sanders ewige Traurigkeit in Gedichten von Joachim Ringelnatz, erleben Friedrich Rückert, Theodor Storm und Christian Morgenstern mit Andreas Grothgar. Für Goethes "Meine Ruh ist hin" stellt Anke Albrecht Susanne Lothars und Ulrich Mühes seelenvolle Interpretationen gleich nacheinander. Anuk Ens spricht Mascha Kaléko und Hans Adler mit Witz, Anuk Ens bekommt auch die Ehre, Hilde Domins Titelgedicht "Dein Mund auf meinem" zu sprechen; sie tut es so wundervoll, daß man die Röte auf Wangen, Bauch und Brüsten zu sehen glaubt. Axel Prahl folgt auf dem Fuße mit Johann Christian Günthers "Das Feld der Liebe" und Andreas Grothgar setzt mit Caspar von Barths "Der Kuß auf die Brust" sinnlich noch eins drauf.

Viel zu wenig von Wolfgang Rüter, an dessen Stimme man sich nicht satt hören kann, ist dabei, wenigstens aber "Wer nach der Liebe fragt" von Karl Krolow, "Wenn du mich nicht mehr lieben willst" des herrlichen Paul Scheerbart und F.W. Bernsteins "Ach Anna". Das sind Genüsse von der gleichen Güte, die Hanns Zischler mit seinen Heinrich Heine-Interpretationen schenkt und Dieter Mann, der mit Erich Kästners "Sachliche Romanze", Heines "Ein Jüngling liebte ein Mädchen" und Kurt Tucholskys "Ideal und Wirklichkeit" Appetit auf mehr macht. Die Anregungen dieser knappen Dreiviertelstunde überzeugen vom Lyrik-Hören neben dem unverzichtbaren Lyrik-Lesen.
 

Dein Mund auf meinem - Große Liebesgedichte
Eine CD mit 50 Gedichten von Rückert bis RingelnatzProduziert von Anke Albrecht
(P) + © Patmos Verlag

Gesamtzeit:  43:16

Weitere Informationen unter: