Sind Bienen noch zeitgemäß?

Eine entomologische Betrachtung

von Eugen Egner

Foto © Frank Becker

Sind Bienen noch zeitgemäß?


Rein zoologisch betrachtet, ist die Biene „ein kleiner Vogel, welcher Süßigkeiten kackt.“  Dadurch erfreut sie sich traditionell größerer Beliebtheit als etwa die fast baugleiche Wespe, die ja nur auf Kuchen herumkriechen kann und überhaupt nichts Nützliches auf die Reihe kriegt. Aber die Bienen kochen auch nur mit Wasser. Man fragt sich, was eigentlich so toll an ihnen sein soll. Wie lange ist es jetzt beispielsweise schon her, daß sie einen Nr.1-Hit hatten? Und da ist noch mehr faul. Lange galt ihr sprichwörtlicher Orientierungssinn als Wunder, doch weiß man inzwischen, daß schwärmende Bienen Einheimische nach dem Weg fragen, aber auch Stöcke in den Boden stecken und diese so anvisieren, daß eine gedachte Fluchtlinie entsteht, die ihnen die Richtung weist. Manche Kritiker vertreten sogar den Standpunkt, die Bienen erzeugten selbst gar keinen Honig, sondern würden ihn bloß den Imkern stehlen. Sollte sich dies als wahr herausstellen, könnten die einst so stark befürworteten Insekten wirklich einpacken. Was bliebe ihnen dann noch im Vergleich mit den Wespen? Man könnte sie höchstens zum Auffinden von Blumen einsetzen, aber Blumen erkennt der Mensch auch von allein, wenn er welche sieht, und wenn er nichts sehen kann, nimmt er einen Blindenhund.

Einer Diskussion über ihre fällige Abschaffung kommen die Bienen zuvor, indem sie einfach aussterben. Ursachen dafür gibt es einige, vor allem ihre ernährungsbedingte Neigung zum Übergewicht wäre zu nennen. Letzteres führt zu Beinkrankheiten und dazu, daß der Nachwuchs im Korb erdrückt wird, weil die ausgewachsenen Bienen so schwerfällig sind. Ein zusätzliches Risiko für die Vermehrung besteht darin, daß derart verfettete Tiere schon im Alter von zwei Jahren sexuelle Greise sein können. Flugunfähig geworden, suhlen sie sich gern in der Tränke und machen eine Menge Dreck. Andererseits neigen die wenigen, die kein Übergewicht haben, zu gefährlicher Rauflust. Sie gehen bei jeder Gelegenheit mit Stöcken aufeinander los. Dadurch ermüden sie schnell, werden leistungsschwach und verkümmern. Es gibt heute kaum noch intakte Bienen. Vor jedem Ausschwärmen müssen sie vom Imker genau durchgesehen und in den meisten Fällen gründlich überholt werden. Oft genug werden teure Ersatzteile fällig. Nach der (immer häufiger zu Fuß erfolgenden) Rückkehr von ihren Beutezügen sind die total verdreckten Viecher zu nichts mehr zu gebrauchen. Die Zahl der Totalschäden nimmt dramatisch zu, die Rentabilität ab.

Aber kann man sich denn eine Welt ohne Bienen vorstellen? Die Antwort lautet: Ja, sogar erschreckend gut. Eine gründliche Überprüfung kultureller Erzeugnisse, welche die menschliche Welt repräsentieren, ergibt nämlich, daß von 8.300 Werken (Bücher, Musikaufnahmen und Spielfilme) 8.294 die Existenz der Biene ignorieren und eins, ein Privatdruck von 1976, dieselbe sogar ausdrücklich verneint. Fliegen etwa kommen, vor allem in der Literatur und in Filmen, weitaus häufiger vor, und von noch anderen Dingen wie etwa Automobilen wimmelt es dort förmlich.

Fazit: Wer noch immer mit dem Gedanken an die Anschaffung einer Biene spielt, sollte sich diesen Schritt gut überlegen.


© Eugen Egner