Vollendung

Roman Bösch - Kleists "Geschichte meiner Seele"

von Konrad Beikircher

Zu Kleist (Roman Bösch)
 
Wenn der Bunker Museum wird, wird der Krieg Kunst oder wie soll man sich dazu stellen? So würde dann auch aus Spionage Literatur und aus dem Kriegshandwerk, das Kleist oblag, Sprache, befreit von allen Schlacken und ins Wesentliche gesteigert? Der Bunker war Schutz und ist Mahnmal, ewig anscheinend, unzerstörbar aber nicht vollendet. Ein Bunker kann nie vollendet sein, weil sein anderer Teil Zerstörung ist und die Erinnerung daran. Kleist der Große hat sich nicht das Leben genommen und das seiner Henriette, um ewig zu werden. Er war Vollendung und brauchte deshalb nicht mehr weiter zu leben, weil es da kein Weiter mehr gibt. Er ist Schutz für uns Sprachstotterer, er ist in der Vollendung absolut. Ein Bunker kann vielleicht an ihn erinnern mit seiner Festigkeit, seiner Beinah-Absolutheit, seiner Totalität, aber man kann ihn verwandeln und das ist gut so, zum Beispiel in Kunst, was man mit Kleist weder kann noch braucht: Kleist ist es.
 
Roman Bösch -  Kleists "Geschichte meiner Seele"
2007 Verlag Josef Knecht, 1.368 Seiten, gebunden
 
 Redaktion: Frank Becker