Theaterprinzipalin des 20. Jahrhunderts

„Louise Dumont – Eine Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten.“

von Andreas Rehnolt

Louise Dumont - Theaterprinzipalin des 20. Jahrhunderts

Heine-Universität und Theatermuseum präsentieren den ersten Band
einer Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten
 
Düsseldorf/Essen - Louise Dumont (1862-1932), die große Theaterprinzipalin des 20. Jahrhunderts, erneuerte das Theater von Grund auf und fand in Düsseldorf den Ort, an dem sie ihre Ideen umsetzen konnte. Im Essener Klartext Verlag ist nun der Band „Louise Dumont – Eine Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten“ erschienen. Dieser erste Teil einer Briefedition aus den Sammlungen des Theatermuseums spiegelt die Vorgeschichte des Schauspielhauses Düsseldorf.
Er umfaßt die Jahre 1879 bis 1904 und zeigt Vorstufen zur Gründung des Schauspielhauses Düsseldorf: Dumonts berufliche und private Entwicklung von der Anfängerin bis hin zum gefeierten Star, ihre Erfahrungen im Theaterbetrieb der Jahrhundertwende und ihr Geschick im „Netzwerken“ machen die Eröffnung eines eigenen Theaters in Düsseldorf als folgerichtigen Schritt erkennbar.

„Sie könnten ein Idealtheater schaffen und bei dieser Arbeit hätte ich Ihnen gern geholfen!“, mit diesen Worten forderte die damals 32-jährige Louise Dumont 1894 den Leiter des Stuttgarter Hoftheaters, Baron Putlitz, heraus. Es sollte nicht ihr letzter Versuch sein, ein Theater selbst zu gestalten. Wenige Monate später schreibt der Schauspieler Adolf Klein „einen wirklich wichtigen Brief“ an Dumont. Es ging um die Planung eines Theaters in Sankt Petersburg, wo Louise Dumont als Gaststar engagiert war und gute Kontakte zur Zarenfamilie pflegte. Doch ein Konkurrent kam ihnen zuvor, das Projekt konnte nicht realisiert werden.
1901 telegraphierte Max Reinhardt gemeinsam mit Friedrich Kayssler und Berthold Held an Louise Dumont: „Haben Sie heute vergeblich erwartet. (...) Bitten Sie nun unbedingt morgen Mittag hier zu sein, drahten, wo und wann.“ Wenig später gründet das Quartett das Theater „Schall und Rauch“. Es ist nach der Gründung des Vereins Freie Bühne das wichtigste Theaterprojekt der Moderne in Berlin. Hier findet 1902 die deutsche Erstaufführung von Oscar Wildes „Salomé“ statt – mit Louise Dumont in der Rolle der Herodias.
Heute kennt man das „Schall und Rauch“-Theater als erstes eigenes Theater von Max Reinhardt, mit dem dieser Zeichen setzte. Louise Dumont galt bisher nur als Geldgeberin, der erste Band der nun vorgelegten Briefedition belegt jedoch, daß sie eher inhaltlich mitwirkte. Doch für die selbstbewußte Schauspielerin, die zu diesem Zeitpunkt weit über Deutschland hinaus bekannt ist, von den Kritikern als „erste Schauspielerin Berlins“ gefeiert wird, reichte der Handlungsrahmen in dieser Männergemeinschaft nicht aus.
 
Kurz nach der Gründung stieg sie aus. 1903 tritt kein geringerer als Harry Graf Kessler an Louise Dumont heran: Man möchte in Weimar ein neues Theater errichten, es soll Bestandteil einer Neubelebung der Stadt sein als Goethe-Ort, als Nietzsche-Ort und als Ort einer Zukunft im Sinne der künstlerischen und theatralen Moderne. Dumont reiste zu diesem Zeitpunkt mit der Ibsen-Tournee, die von Gustav Lindemann geleitet wird, der als jüngster Theaterdirektor seiner Zeit gilt.
Beide sind sich schnell einig: Nur mit einem eigenen Theater können sie ihren Beitrag zur Erneuerung des Theaters leisten. Louise Dumont findet in Lindemann den adäquaten Partner: emanzipiert, geschickt in Verhandlungen, theatererfahren und direktionserprobt. Doch die Situation in Weimar ist schwierig, als sich plötzlich eine neue Möglichkeit auftut: Düsseldorf!
Louise Dumont brachte gemeinsam mit Gustav Lindemann all ihre Erfahrungen, Kenntnisse und ihr konzeptionelles Verständnis ein, um in Düsseldorf die Gründung eines eigenen Theaters zu realisieren. 1904 gegründet und 1905 eröffnet, wirkte das Schauspielhaus Düsseldorf rund 30 Jahre lang – eine Epochen überspannende Entwicklung! Die Erfolgsgeschichte unter den Theatern seiner Zeit begründet Düsseldorfs Ruf als Ort der Moderne und seine Bedeutung für die deutsche Kunst- und Kulturgeschichte.

Der erste Dumont-Band versammelt 136 Briefe von und an Louise Dumont sowie 28 Dokumente, wie zum Beispiel Dienstverträge und Korrespondenzen über Louise Dumont in einer historisch-kritischen Edition. Hinzu kommen kulturhistorische Essays der Herausgeber und zahlreiche Abbildungen. Ein umfangreicher Kommentar- und Biographieteil, mehrere Register und ein Forschungsbeitrag der Bearbeiterinnen sichern den wissenschaftlichen Ertrag. Das Forschungsprojekt und die Publikation wurden gefördert durch die Gerda Henkel Stiftung, die Kunststiftung NRW, den Landschaftsverband Rheinland und die Stadt Düsseldorf.
 
 „Louise Dumont – Eine Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten.“
Band 1: 1879–1904, Gertrude Cepl-Kaufmann, Michael Matzigkeit, Winrich Meiszies (Hrsg.)
2013 Klartext-Verlag Essen, 608 Seiten, gebunden, farbige Abbildungen
29,95 €
 
Weitere Informationen:  www.klartext-verlag.de/