Gerhard Richter - „Die Kunst im Plural“

Edirionen aus der Sammlung Olbricht

von Andreas Rehnolt (Text) und Günter Lintl (Foto)

Foto © Günter Lintl


Gerhard Richter - Editionen
Die Kunst im Plural
 
Die nur für drei Wochen angesetzte Ausstellung „Die Kunst im Plural“ zeigt
zum Teil zauberhafte Auflagenwerke aus der Sammlung von Thomas Olbricht


„Ich sah – und sehe immer noch – Editionen als einen willkommenen Ausgleich für die Produktionen von Gemälden, die Unikate sind. Es ist eine großartige Möglichkeit, meine Arbeiten einer größeren Öffentlichkeit zu vermitteln.“

(Gerhard Richter, Brief an das Museum of Modern Art, New York, 1998)
 
Gerhard Richter ist einer der international erfolgreichsten deutschen Künstler der Gegenwart. In zahlreichen Museen und Sammlungen der Welt sind seine Gemälde, Skulpturen und Installationen gegenwärtig. Parallel dazu entstanden Editionen, also Druckgrafiken, Foto-Editionen, Multiples, Gemälde-Editionen, Künstlerbücher und Plakate. Als Editionen bezeichnet man jene künstlerischen Originale, die nicht als Unikate, sondern in Auflage entstanden sind. Editionen bieten dem Künstler die Möglichkeit, seine Werke einer größeren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Sie erlauben dem Künstler darüber hinaus, in besonders vielfältiger und experimenteller Weise die Grenzen des bildnerisch Möglichen auszuloten. Die präsentierte Auswahl an Editionen entstand überwiegend in den vergangenen zehn Jahren und sind Leihgaben der Olbricht Collection, die die weltweit umfangreichste Sammlung von Gerhard Richters Auflagenwerken besitzt. Anlaß der Ausstellung ist das bevorstehende Erscheinen des neuen Werkverzeichnisses der Editionen.


Foto © Günter Lintl

Die Frage nach seiner liebsten Richter-Edition wollte der Sammler Thomas Olbricht bei der Präsentation zahlreicher Exponate aus seiner wohl einmaligen Sammlung von Auflagenwerken Gerhard Richters nicht beantworten. Er sei schließlich „Liebhaber und sammle aus Leidenschaft“, so Olbricht auf der Pressekonferenz in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, die seit dem vergangenen Samstag die Ausstellung „Gerhard Richter. Die Kunst im Plural - Editionen“ präsentiert.
Für Museumsdirektorin Marion Ackermann ist die auf nur drei Wochen terminierte Schau eine „glückliche Fügung“. Sammler Olbricht spricht von einer „Lücke im Ausstellungsprogramm“ des Museums am Rande der Düsseldorfer Altstadt. Wie dem auch sei, Richter-Fans haben nur bis zum 9. März die Chance, zahlreiche Auflagenwerke des 82-jährigen Künstlers zu bewundern, darunter teilweise zauberhafte Exponate, die laut Olbricht zum Glück „nicht chronologisch, sondern durcheinander, wie es sich gehört“ gehängt sind.
 
Wunderschön die 2009 als 4er-Serie entstandenen großformatigen Wandteppiche. Die jaquardgewebten Tapisserien tragen unter anderem die Titel „Musa“, „Yusuf“ oder  „Abdu“ und sind jeweils etwa 2,5 x 3,5 Meter groß. Vorlage für die Teppiche war ein Ölbild. „Die Teppiche erinnern nicht zuletzt wegen ihrer arabischen Namen an Gebetsteppiche“, meinte Olbricht und fügte schmunzelnd hinzu: „Sammler aus der arabischen Welt zahlen für so etwas weitaus mehr.“
Aber auch die 31-teilige, kleinformatige Serie digitaler Kunstdrucke auf Papier mit dem Titel „Elbe 2012“ fasziniert. Die Schwarz/Weiß-Arbeiten entstanden nach den 31 Walzendrucken mit dem gleichen Titel aus dem Jahre 1957. Manches Bild davon erinnert an Vollmond über dunklem Wasser, manches an eine nächtliche Rückenansicht einer Person. Natürlich darf in der Schau mit Richter-Editionen auch nicht das 2008 „entstandene“ Werk mit dem Titel „Mirror“ fehlen. Ein großformatiger Kristall-Spiegel, wie man ihn in jedem Baumarkt findet. 
 
Richter selbst kommt in der Ausstellung mit einigen Zitaten zu Wort, die sein Verhältnis zu Auflagen-Kunst verständlich machen. „Ich mochte dieses Handwerks-Ethos nicht, diesen Kult um kostbare Drucke und Handgemachtes. Es geht darum, daß das Motiv interessant sein sollte und das man es deshalb vervielfältigt“, sagte er etwa 2004. Noch früher, als seine Editionen nicht auch schon Riesensummen kosteten, meinte er, er sehe sie „als einen willkommenen Ausgleich für die Produktionen von Gemälden, die Unikate sind.“
Für den Sammler Olbricht, der übers Briefmarkensammeln zur Kunst kam, sind Editionen „eine Chance, Komplettiertheit herzustellen. Sonst sammelt man ja meist nur Originale.“ Doch der Sammler räumte kurz nachdem ein ungenannt gebliebener Käufer in London ein Richter-Ölbild für 21,4 Millionen Euro kaufte ein, daß auch „die Editionen leider im Preisgefüge anziehen.“ Dennoch ist er stolz auf seine Richter-Sammlung, zu der inzwischen 350 verschiedene Bilder gehören.
Im Erdgeschoss der Düsseldorfer Kunstsammlung sind etwa 150 Auflagenwerke (darunter einige Serien) zu sehen. Darunter Druckgrafiken, Foto-Editionen, Multiples, Gemälde-Editionen, Künstlerbücher und Künstlerplakate. Museumsdirektorin Ackermann meinte am Donnerstag, der am 9. Februar 1932 in Dresden geborene Richter habe mit jeder von ihm genutzten neuen Technik „auch immer experimentiert, Grenzen aufgebrochen und Fenster aufgestoßen.“ Die in Düsseldorf präsentierte Auswahl an Editionen entstand überwiegend in den vergangenen zehn Jahren, ein Teil erst im vergangenen Jahr.

„Ich mochte diesen Handwerksethos nicht. Diesen Kult um kostbare Drucke und um Handgemachtes. Ich dachte immer: darum geht es ja gar nicht. Es geht darum, daß das Motiv selber interessant sein sollte und daß man es deshalb vervielfältigt.“

(Gespräch mit Stefan Koldehoff 2004)

 
Im Hantje-Cantz-Verlag wird noch während der Ausstellungszeit ein Katalog mit allen in Auflage entstandenen Richter-Werken erscheinen. Hubertus Butin stellt in diesem neuen Werkverzeichnis sämtliche Druckgrafiken, Fotoeditionen, Künstlerbücher, Multiples und Gemäldeeditionen von 1965 bis 2013 vor. 



Thomas Olbricht mit Werkverzeichnis - Foto © Günter Lintl


15.02. – 09.03.2014
K20 Düsseldorf, Grabbeplatz

Die Ausstellung ist dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr und jeden 1. Mittwoch/Monat von 10 bis 22 Uhr geöffnet.
Weitere Informationent: www.kunstsammlung.de


Redaktion: Frank Becker