Am Anfang war die Ey

Johanna„Mutter“ Ey wurde am 4. März vor 150 Jahren geboren

von Andreas Rehnolt

Peter Ludwigs und Johanna Ey - Foto © Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf

Am Anfang war die Ey
 
Düsseldorfer Kunsthändlerin und -Mäzenin Mutter Ey
wurde am 4. März vor 150 Jahren geboren und gilt als 
meistgemalte Frau Deutschlands
 
Von Andreas Rehnolt
 
Düsseldorf - Die Düsseldorfer Kunsthändlerin und -Mäzenin Johanna Ey wurde am 4. März 1864 im niederrheinischen Wickrath bei Mönchengladbach geboren. Die Ehrenbürgerin der NRW-Landeshauptstadt, die 1947 im Alter von 83 Jahren starb, gilt als „Mutter Courage der Moderne“ und für die Malerei als „Katalysator“ einer neuen Düsseldorfer Schule zwischen den beiden Weltkriegen. In der Kunst- und Kulturstadt Düsseldorf wird bis heute eher versteckt an die als „meistgemalte Frau Deutschlands“ geltende schwergewichtige „Mutter Ey“ erinnert.
 
100 Portraits von Johanna Ey befinden sich in der Sammlung des Düsseldorfer Stadtmuseums. Eine winzige Stichstraße in der Altstadt trägt ihren Namen. Hinter dem Stadtmuseum befindet sich im Spee'schen Park eine 1979 geschaffene Skulptur von der Hand Hannelore Köhlers. Am Giebel eines Hauses nicht weit von ihrer früheren Kunsthandlung prangt ihr fülliges und bebrilltes Gesicht aus lichter Höhe herab. Ein Hotel in der NRW-Landeshauptstadt hat einen Tagungsraum nach ihr benannt, ein Heimatverein verleiht regelmäßig an couragierte Mitbürgerinnen die Johanna Ey-Medaille und im Stadtmuseum gibt es ein nach ihr benanntes Café Ey.
Eine Kaffee-Stube war es auch, die Johanna Ey 1907 ganz in der Nähe der schon damals renommierten Kunstakademie betrieb. Schnell wurden die Räumlichkeiten zum Treffpunkt für Schauspieler sowie für Professoren und Studenten der Malerei. Das Essen war gut und preiswert und man konnte bei „Mutter Ey“ auch trefflich über Kunst diskutieren. „Sie bot den Künstlern in wirtschaftlich und sozial schwierigen Zeiten einen Diskursraum für Kunst und Politik“, heißt es in einer kunsthistorischen Arbeit über sie. Und wenn einer ihrer Gäste die aufgelaufene Zeche mal nicht bezahlen konnte, dann nahm sie schon mal ein Bild als Zahlungsmittel an. So wurde aus der Kaffee-Stube bald schon ein kleines Museum.
Schon während des Ersten Weltkrieges reifte in ihr die Entscheidung, eine Kunsthandlung für die „Düsseldorfer Malerschule“ zu eröffnen. 1916 war es so weit. Ausgeprägte Kenntnisse von Kunstgeschichte oder Malerei hatte sie nicht, sie vertraute ihrem gesunden Menschenverstand und kam an. Schon ein Jahr nach Kriegsende wurde die Galerie unter dem Namen „Junge Kunst - Frau Ey“ zum Mittelpunkt der Künstlergruppe „Das Junge Rheinland“ um später so berühmte Maler wie Otto Pankok, Otto Dix, Max Ernst, Karl Schwesig oder Gert Heinrich Wollheim. Mit den allermeisten Künstlern war Johanna Ey befreundet. Sie gab Portraits von sich in Auftrag und entlohnte die Maler dafür, die das Geld dringend brauchten.
 
Nicht zuletzt durch diese Portraits und Gruppenbilder wurde die kleine und dralle Kunsthändlerin berühmt. Ab 1926 zeigte sie in Ausstellungen erfolgreich auch Bilder etwa von Max Ernst, Paul Klee und Pablo Picasso. Doch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 galten praktisch alle Maler aus dem Umkreis von Mutter Ey als „entartet“. Boykottaufrufe der Nazis hingen an den Fenstern ihrer Galerie, die meisten ihrer Bilder wurden beschlagnahmt, viele auch zerstört. Ein Jahr später gab die resolute Frau die Galerie auf.
Wie sie den Zweiten Weltkrieg überstand, liegt im Dunkeln. Zwei Jahre vor Kriegsende floh die damals schon 79jährige vor den Bombenangriffen nach Mayen und später nach Reinbek, um 1945 nach Düsseldorf zurückzukehren. Ein Jahr später schon gründete sie die „Mutter Ey GmbH“ und wurde Ehrenbürgerin der Stadt. Auf ihrem 83. Geburtstag, den sie mit Malerfreunden wie etwa Robert Pudlich und Otto Pankok gemeinsam feierte, präsentierte sie Bilder von sich. Wollheim zeigte sie als Landesmutter mit der Krone, Dix ließ sie als einen dicken Engel mit Geldschein durch die Lüfte schweben. Ein halbes Jahr später, am 27. August 1947 starb Mutter Ey, ohne an ihre Erfolge zwischen den Weltkriegen anknüpfen zu können. Sie ist in einem Ehrengrab auf dem Nordfriedhof der NRW-Landeshauptstadt bestattet.