Sollten Frauen Witze erzählen? (2)

von Sissi Perlinger

© Sissi Perlinger
Sollten Frauen Witze erzählen? (2)
 
Das Phänomen einer gleichberechtigten Partnerschaft, in der Mann und Frau sich auf dem begrenzten Raum einer Zweizimmerwohnung ebenbürtig gegenüberstehen, ist ein waghalsiges Experiment der Neu    zeit, welches in den meisten Fällen ja auch scheitert, wie wir an den Scheidungsraten sehen. Und warum? Weil wir eben noch in den Kin derschuhen stecken was die neue Gleichberechtigung betrifft. Und auch im Berufsleben zeigt sich, daß selbst in einer angeblich moder nen Gesellschaft wie der Bundesrepublik Deutschland Frauen immer noch 23 Prozent weniger Lohn für dieselbe Arbeit bekommen. Eigentlich ist das kein Grund zum Lachen, aber Humor ist die intelli genteste Art, mit Verzweiflung umzugehen. Und auch den Frauen täte es bestimmt sehr gut, sich hin und wieder das Leben zu versüßen mit ein paar geistreich gesetzten Pointen.
Also kommen wir mal zur grundlegenden Frage: Wie entsteht über haupt Humor? Wir müssen uns, um Humor zu erzeugen, auf gängige Klischees einlassen, denn Pointen gedeihen am besten auf dem soli den Bodensatz einer ››allen bekannten und simplifizierten Auslegung der Realität«. Deswegen sind Schotten immer geizig, Schweizer immer langsam und Blondinen immer doof; und es bringt im Bereich Comedy gar nix, wenn man sagt; ››Ich finde es irgendwie nicht gut, daß ständig alle Schweizer in einen Topf geworfen werden« Da muß man sich ent scheiden, ob man lachen oder Politik machen will.
Der erste Schritt zum witzigen Entertainer ist sich locker zu machen, und »Political correctness« ist meiner Meinung nach im täglichen Umgang sehr wichtig, aber sie ist der Anfang vom Ende von Humor. Witz entsteht ja erst, indem man Tabus bricht und überraschende Wendungen erzeugt, die so im Alltagsleben nicht möglich wären. Natürlich habe ich eine Hemmschwelle, wenn eine Pointe wirklich ver letzend ist, das steht außer Frage. Ich hacke nie auf anderen herum und mache sowieso in meinen Shows die meisten Witze über mich und mei nesgleichen. Ich glaube aber, hier sollte der gesunde Menschenverstand jedem Menschen selbst ganz intuitiv eine Grenze setzen, und nicht eine blockwartartige Form von öffentlichem Zwang. Über Geschmack und Humor läßt sich lustig streiten. Lassen Sie es uns auf hohem Niveau tun. Eine gesunde Streitkultur will auch geübt sein. 
Aber zurück zu den Klischees. Was passiert denn jetzt, wenn plötzlich 'ne Blondine anfängt geistreich und sogar witzig zu sein? Frauen den ken aus ihrer Sicht; Na, das ist doch ein Traum für jeden Mann, das ist doch wie 30 Prozent mehr in der Packung zum gleichen Preis. Dazu fällt mir ein schöner Witz ein:Man hat jetzt ein Kaufhaus erfunden, in dem Frauen sich den perfek ten Mann aussuchen können. Die im untersten Stockwerk sehen gut aus und sind gut im Bett, aber weiter oben gibt es welche, die sind dazu noch klug und verdienen Viel, und noch weiter oben gibt es welche mit Humor. Die Frauen sind begeistert, schauen sich um und fahren die Rolltreppen immer weiter rauf. Und weil das so ein Erfolg ist, baut man daneben ein Kaufhaus für die Männer, und auch da sind die gutaus sehenden Frauen, die gern Vögeln, im ersten Stock Es wurde nie ein Mann in einer der oberen Etagen gesehen.
Meine Erfahrung ist: Männer haben nicht nur Angst vor starken Frauen, sondern sie sind auch oft so erschöpft vom ewigen Sich-messen-Müssen mit ihren Geschlechtsgenossen, daß sie es lieber vermeiden, irn per sönlichen Umfeld auch noch weiblicher Konkurrenz ausgesetzt zu sein. Für einen Mann steht das Thema »Wer ist der Bessere?« leider perma nent im Raum. Mein Freund lebt schon ewig in Spanien und spricht die Sprache folglich auch ganz gut. Ich habe mir ein kleines Buch gekauft und angefangen, den Grundwortschatz zu studieren. Sein Kommentar: »Ach, bist du jetzt schon wieder auf der Überholspurl?«
Ich hab noch ein sehr schönes Beispiel: Meine kleine Nichte kann mit ihren fünf Iahren schon vier Klimmzüge machen, und ich lobe sie ganz doll dafür. Schon drängt sich ihr drei Iahre alter Bruder dazwi schen und sagt: »Ich hab auch schon mal sieben Müslis gegessen.« Ein Mann muß sich täglich als solcher beweisen, als Krieger, als Jäger; er mußte seine Position permanent verteidigen und wehe, er trägt auch nur einmal einen Faltenrock.
Dann ist es so wie in dem Witz, in dem der Taxifahrer den Touristen seine Stadt zeigt, mit all den tollen Gebäuden, die er damals als Star architekt entworfen hat. ››All das hab ich gemacht, aber fickst du ein    mal ein Schafll« Nun meine Damen, vielleicht sollten wir einfach Mitleid haben und über die Witze der Männer lachen, anstatt selbst welche zu machen?
Humor ist auch nicht ungefährlich. Einen Witz entstehen zu lassen heißt, alle Bausteine eines Problems aus den Angeln zu heben und da mit herumzuspielen, zu jonglíeren und sie neu zu benennen. Ich hab das »The Tool of the Fool« genannt. Das Werkzeug des Clowns ist, daß er nichts unhinterfragt übernimmt, sondern jedes Problem so lange abklopft, bis er eine witzige Wendung gefunden hat, meist auf Kosten derer, denen man eigentlich nicht ans Bein pinkeln darf. Denn große Lacher entstehen auch gern, indem der Kleine dem Großen von hinten in den Arsch tritt. Das ist allerdings eine Herangehensweise, mit der man sich leicht Ärger einhandelt. Große Machthaber sind Rechtha ber und neigen zu inhaltsleerem Gelaber, und der ››Hinterfrager« ist immer unbequem, der Querdenker wird schnell zum Querulanten erklärt und je nach Zeit und Rechtslage mundtot gemacht oder in mundgerechten Stückchen an die Krokodile verfüttert.
Humor an sich ist also eine extrem hierarchische Sache, auch heute noch! Sie kennen bestimmt folgende Situation: Der Chef erzählt 'nen Witz. Alle Angestellten werden geflissentlich lauter lachen als die Bart wickelmaschine im Keller klappern kann.
Es wäre auch für die Karriere extrem hinderlich, seinem Vorgesetzten zu sagen; »Tschulligung, aber das ist ein Kalauer aus der Kreidezeit, den hatten schon die Phönizier auf der roten Liste stehen. Naja, viel leicht können Sie ja bei den anderen Greisen in ihrem Golfclub damit Furore machen.«
Das mag für uns jetzt und hier zwar witzig sein, aber im wahren Leben bedeutet es das Ende Ihrer Erfolgsgeschichte in dieser Firma. letzt schauen wir einmal, was passiert, wenn die »kleine Tippse« einen Witz erzählt und damit die Frechheit besitzt, tatsächlich die Aufmerk samkeit der ganzen Gruppe auf sich ziehen zu wollen. Sie verstößt damit gleichzeitig gegen mehrere unausgesprochene, aber in Granit geschlagene Regeln des sozialen Umgangs.
 

Lesen Sie zum Thema in der Nächsten Woche an dieser Stelle weiter!


(Textauszug aus "Auszeit! Der Perlinger-Weg ins Glück"
mit freundlicher Genehmigung des Südwest Verlages)
Weitere Informationen unter: www.sissi-perlinger.de
Redaktion: Frank Becker