Amüsante Neurotiker-Parade

„Spiels nochmal, Sam“ im Wuppertaler TiC-Theater

von Frank Becker

Amüsante Neurotiker-Parade
 
Spiels nochmal, Sam
Eine Komödie von Woody Allen
 
Inszenierung: Thomas Gimbel – Bühne: Janosch Plaumann – Kostüme: Christine Meyer - Foto: Martin Mazur
Besetzung: Alexander Bangen (Allan Felix) – Saskia Deer (Nancy, Sharon, Gina, Vanessa, Barbara u.a.) – Robert Flanze (Dick Christie) – Livia Caruso (Linda Christie) - Benedict Schäffer / Christian Schulz (Bogey)
 
 
Es gibt nichts, was ein Bourbon mit Soda nicht in Ordnung bringen würde.
(Bogey)
 
Ganz klar, niemand kann jemals den hypernervösen, hochneurotischen, gänzlich unmöglichen und schrecklich peinlichen kleinen Allan Felix des einzigartigen Woody Allen aus dem Kino-Film „Play it again, Sam“ kopieren. Regisseur Thomas Gimbel war also gut beraten, für seine Bühnen-Fassung der genialen filmischen Vorgabe zwar zu folgen, seinen Allan Felix aber mit dem sympathischen Schlaks Alexander Bangen sensibel in dessen Körpersprache zu inszenieren. Das ist ihm auch dank Bangens komischem Talent zum großen Vergnügen des amüsierten Publikums ganz hervorragend gelungen. Wie Allens Allan wird auch Bangens Allan trotz, ja wahrscheinlich auch wegen all der kleinen und mittelgroßen Katastrophen zum Sympathieträger, mit dem man leidet, hofft, resigniert und träumt.
 
Es fängt, natürlich, nach der Einstimmung mit „As Time Goes By“ von Dooley Wilson mit der legendären Abschiedsszene aus „Casablanca“ an. Auf der kleinen, von Janosch Plaumann als Wohnung Allans wirkungsvoll eingerichteten Bühne entfaltet sich eine herrliche Neurotiker-Parade, angeführt von dem eben geschiedenen, im Grunde lebensuntauglichen Filmkritiker Allan Felix. Sein bester Freund Dick (köstlich überbeschäftigt: Robert Flanze), als erfolgloser Immobilien-Hai in Vor-Mobiltelefon-Zeiten stets „am Draht“ und dessen Frau Linda (als „gute Freundin“ unwiderstehlicher als einst Diane Keaton: Livia Caruso) wollen den Verlassenen unbedingt wieder verkuppeln und fahren dabei eine Kavalkade von Kandidatinnen auf. Die, samt und sonders treffsicher von der wandlungsfähigen Saskia Deer verkörpert, stellen unseren Anti-Helden vor immer neue schier unüberwindbare zwischenmenschliche Hürden. Saskia Deer gibt außerdem die immer wieder als negative Stimme einflüsternde Ex im Widerstreit mit Allans heimlichen Helden Bogey, der wie ein Freund Harvey in Trench und Calabreser, mit Bernard Herrmanns Musik zu Martin Scorceses „Taxi Driver“ (auch ein Kultfilm) unterlegt, im richtigen Moment die falschen knallharten Ratschläge gibt.


v.l.: Robert Flanze, Saskia Deer, Alexander Bangen, Christian Schulz, Livia Caruso - Foto © Martin Mazur
 
Gimbels vier Protagonisten beherrschen dank seiner eleganten Hand das komplizierte Spiel mit Film- und Literatur-Zitaten und -Klischees, mit dem Schlagabtausch der geistreichen Dialoge, mit Traum-Sequenzen und Zeit-Ebenenen, mit dem grandiosen Pointen-Feuerwerk Woody Allens und dem Jonglieren aus dem FF. Alexander Bangen brilliert vor seinem Thema, der „Penthouse Serenade", gespielt von Erroll Garner in seinen Monologen, seinem Leben in Hypothesen und Träumen, nimmt anrührend mit in die gequälte Seele des Neurotikers. Mann bangt mit ihm – und nicht vergebens…
Wer sich mal wieder auf hohem Niveau amüsieren, von Herzen lachen möchte, sollte „Spiels nochmal, Sam“ im Wuppertaler TiC-Theater nicht verpassen. Chapeau!
 
Weitere Informationen:  www.tic-theater.de