Einkriegezeck, Schrippen, Mostrich

Andreas Krenzke - „Die letzte WG von Prenzlauer Berg“

von Frank Becker

Einkriegezeck, Schrippen, Mostrich
 
Andreas Krenzke erzählt in seinem neuen (dritten) Buch „Die letzte WG von Prenzlauer Berg“ seinen Alltag im nämlichen Berliner Wohnbezirk, sein Leben dort (siehe Titel) als WG-Bewohner, als Vater, als Verbraucher, Ausflügler und Kurzurlauber, Leser und Musikhörer, sowie seine bürgerlichen Alpträume will sagen: als Mensch wie Du und ich. Mit seinen frühesten Wurzeln noch im real existierenden Sozialismus Hohenschönhausens und mit der Erinnerung an den verwalteten Mangel noch mit einem guten halben Fuß darin, beschreibt er im fatalistischen „Jargong“ des Kummer gewohnten und daher völlig entspannten einstigen (Ost-)Berliner Planwirtschafts-Opfers das alles. Er tut das so unprätentiös, zugleich durch die Genauigkeit und Schärfe seiner Beobachtung im Kleinen so urkomisch und mitunter so schräg, daß man über das Wiederkennen der eigenen Alltagsmechanismen, Lüste und Ängste aus dem Kichern nicht heraus kommt.

Höhensonne oder Solarium ? – Tropentagebücher - Klassentreffen – Plaste – Brotkauf (ohne ND) – Kindergeburtstage, Seminare - StaSi u.v.a.m.. Krenzke läßt kaum etwas aus. Dazu noch eine lebensnahe Fortsetzung des Märchens vom Fischer und seiner Frau (KHM 19) – da kommt ordentlich was zusammen. Das ist feinstes literarisches Kabarett der besonders publikumsnahen, überdies höchst intelligenten, amüsanten Art.
Einkriegezeck, Schrippen, Mostrich – allein für diese drei Worte muß man ganz nebenbei als Exil-Berliner Andreas Krenzke lieben. Wie seine Texte in seinem unverfälschten, natürlich völlig dialektfreien Berliner Deutsch (vgl. Jargong) klingen, dokumentiert die dem Buch beigegebene CD, macht den Genuß komplett, den man sich vor der Lektüre des köstlichen Buches gönnen sollte, um sich einzuhören und so aus den 42 Kapiteln (in dem Buch ist mehr drin, als man von außen vermuten möchte) auch akustisch-imaginatives Kapital schlagen zu können. Dann ist die Welt wieder in ihrer Ordnung.
 
Die CD:
1. Kindergeburtstag in Prenzlauer Berg
2. Dick und Doof auf Usedom
3. Geiler als Johanniskraut
4. Durst in der Schweiz
5. Black Music
6. Mein Brot
7. Die letzte WG von Prenzlauer Berg
8. Die Schnapsidee oder Spuren im Schnee
9. Morgens vor der Waldkita
10. Klassentreffen
11. Kündigung, Frau
12. Perspektivwechsel (nicht im Buch)
 
Gesamtlaufzeit: 1:02:43

Andreas Krenzke - „Die letzte WG von Prenzlauer Berg“
© 2014 Voland & Quist, 140 Seiten, Klappenbroschur, mit O-Tönen Krenzke auf CD (s.o.)
Vom Verlag werden noch Krenzkes „Im Arbeitslosenpark“ und „Imbiss wie damals“ bereitgehalten. Sollte man ebenso wenig versäumen.
 
Weitere Informationen: www.andreaskrenzke.dewww.voland-quist.de