Roaring Forties

Gereon Lepper im Skulpturenpark Waldfrieden

von Jürgen Kasten

Gereon Lepper, "Ortstreu" - Foto © Frank Becker

Roaring Forties
 
Gereon Lepper im Skulpturenpark Waldfrieden
 
Zwischen dem 40. und 50. Breitengrad herrschen extreme Winde und hoher Wellengang. Energie wird dort quasi sichtbar. Darauf bezieht sich die Ausstellung Roaring Forties, die derzeit in der unteren Halle des Wuppertaler Skulpturenparks „Waldfrieden“ von Tony Cragg präsentiert wird. Energie ist auch das Thema der Installationen, die der Bildhauer Gereon Lepper dort aufgebaut hat.
Der 1956 in Ratingen geborene Künstler ist ursprünglich gelernter Steinmetz und Steinbildhauer, war danach Gasthörer an der Kunstakademie Düsseldorf und dann Meisterschüler bei Prof. Klaus Rinke.
 
Bis zum 28. September sind drei kinetische Werke Leppers zu besichtigen, besser: zu erleben. Beim Betreten der Halle wird der Blick sogleich von einem großen Käfig eingefangen, in dem zwei Ventilatoren stehen, fast wie Flugzeugpropeller wirkend mit den jeweils zugehörenden Motorblöcken. Die Installation steht auf Rädern. Die Motoren laufen an, machen einen Höllenlärm und lassen die Propeller mit irrsinniger Geschwindigkeit rotieren. Diese Kräfte müßten eigentlich die Räder in Bewegung setzen, doch sie stehen still. Die Propeller rotieren gegenläufig, die Kräfte heben sich auf. Entsprechend nennt Lepper das 1990 entstandene Werk „Ortstreu“.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Halle steht „Schwere See“ aus dem Jahr 2001. Ein mit rotem Dieselöl gefüllter Glasbehälter, ähnlich einem langen Aquarium, wird durch eine motorbetriebene mechanische Schaukel in Bewegung gesetzt. In der öligen Flüssigkeit entwickelt sich ein Wellensystem, rollt an, türmt sich auf, Gischt schäumt, die Wellen rollen überschlagend zurück, werden langsamer und kleiner, kommen zum Stillstand, bis der Blick des Betrachters auf einem ruhenden Horizont weilt. Man könnte damit die Ewigkeit assoziieren. Chaos, Entspannung, Ruhe, Ewigkeit, so sieht Lepper es.


Gereon Lepper und "Schwere See" - Foto © Frank Becker

„Das Alter des Mondes“ schließlich, das dritte gezeigte Werk 2014 gebaut, das sich an der Wand zwischen den beiden anderen Installationen befindet, demonstriert Leppers eigene Energie, sagt er selber. Er habe sie beim Bespannen des etwa einen Meter im Durchmesser großen Metallringes mit einer Gummi-Membrane in den so entstandenen Rundkörper eingebracht. Der steht auf dem Boden. Langsam wird die Luft aus dem Behälter abgesaugt und über ein Schlauchsystem in den noch flach an der Wand hängenden „Mond“ transportiert. Der bläst sich mit der aus dem anderen Körper abgepumpten Luft langsam zu einer halben Mondkugel auf.
Im gesamten Ausstellungsraum pulsiert Energie, die den Betrachter physisch wie psychisch erreicht. Leppers Werke haben „starke metaphysische Qualität“, sagt Tony Cragg. „Mein  Herzblut hängt auch an den Innenskulpturen“, erklärt Gereon Lepper dazu. Geschaffen hat er aber auch anderes, große Objekte im öffentlichen Raum und vieles mehr, das bereits in zahlreichen Einzelausstellungen zu sehen war. Als Atelier hat Lepper vor 18 Jahren eine alte Werkhalle einer stillgelegten Zeche in Hattingen gekauft. Dort baut er seine Objekte zusammen, manchmal in Zusammenarbeit mit einer Werft. So sein neuestes Projekt, ein schwimmender Ausstellungsraum, mit dem er die Kanäle Europas befahren will, um die Kunst zu den anliegenden Orten und den dort lebenden Menschen zu bringen.


Tony Cragg und Gereon Lepper zwischen "Das Alter des Mondes" und "Schwere See" - Foto © Frank Becker

Das Projekt stellt er ausführlich im Internet vor: www.art-space-shuttle.com .
Auch im Fernsehen ist Lepper demnächst zu sehen. Am 04.07. in der Sendung des WDR 3 „interessante Menschen an der Ruhr“.
Tony Craggs Skulpturenpark bietet einmal mehr eine inspirierende Ausstellung, die es sich lohnt anzuschauen.
 
 
Redaktion: Frank Becker