Du Hund!

Ruth Baumeister – „Asger Jorn in Bild, Wort und Form“

von Frank Becker

Du Hund!

Asger Jorn und
sein künstlerisches Werk
 
Wenn ich den Namen Asger Jorn höre, denke ich reflexiv „Du Hund“. Das aber beileibe nicht, weil der dänische Maler, Graphiker, Keramiker, Bildhauer und Autor (1914-1973) so ein mieser Typ gewesen wäre. Ganz und gar nicht. Ich denke das mit einem fröhlichen Grinsen und habe dabei seine Farbschwelgerei mit diesem verrückten Titel vor Augen, die ein herrliches Beispiel für seine überwältigende Schaffensfreude und gestalterische Phantasie ist.
 
In einer neuen, überaus reich illustrierten Monographie zeichnet die deutsche Architektin und Avantgarde-Forscherin Ruth Baumeister ein präzises Bild des Kunstnomaden, der den Tumult liebte, eigentlich Asger Oluf Jørgensen hieß und aus Vejrum/Jütland stammte. In 269 Bildern – wie auch besser? –, Zeitzeugenberichten und thematischen Kapiteln, deren Titel sich über die Lebensstationen der Person Asger Jorns nähern, umkreist sie den Menschen und Künstler, den Wortakrobaten, nicht nur bei der Namensfindung für seine Arbeit und den rastlosen Liebhaber, der mit drei Ehefrauen acht Kinder hatte. Jedem von ihnen widmete Jorn eines seiner delikat künstlerisch gestalteten Bücher.
Jorn war Mitbegründer der internationalen Künstlergruppe „Cobra“ und der Situationistischen Internationale, er lehnte geradezu brüsk und verletzend 1964 den Nationalpreis der Solomon R. Guggenheim-Stiftung ab, hingegen verweigerte ihm die Universität Kopenhagen 1952 wegen fehlender wissenschaftlicher Qualifikation die Doktorwürde.


  Asger Jorn, Macbeth 1942 
 
Manche nannten ihn den Picasso des Nordens, nicht unberechtigt, wenn man seine Bleistift-, Tusche- und Kreideskizzen, vor allem aber seine Lichtzeichnungen aus dem Jahr 1953 sieht. Unzweifelhaft hatte Picassos Arbeit Einfluß auf Jorn, ebenso wie unterstellt werden kann, daß auch die Farbgebung eines Ernst Wilhelm Nay ihre Spuren in Jorns Werk hinterlassen hat. Jorns große Ölbilder aus den 1960/70er Jahren schreien förmlich seine Farbfreude hinaus. Hierzu zählt auch das erwähnte Gemälde „Du Hund“, das im Besitz des Wuppertaler Von der Heydt-Museums ist und gelegentlich mit Meisterwerken der zeitgenössischen Moderne ausgestellt wird. Die figürlichen Keramiken, Schalen und Teller Asger Jorns aus den 50ern, aber auch noch Anfang der 70er stehen in bester dänischer Tradition. Die Ausstattung seines Hauses im ligurischen Albissola mit Keramik von eigener Hand zeigt die Alltagstauglichkeit seiner Kunst.
 
 
Asger Jorn, Mondhund 1953

Die Fotografien im Buch zeigen Jorn als nachdenklichen, wenn auch humorvollen Mann in ständiger emsiger Tätigkeit. Ganz vorne aber, auf Seite 9 sehen wir ihn im Jahr 1965, acht Jahre vor seinem Tod, auf einem Foto von Ulrik Ross im Haus seines Freundes Erik Nyholm in Funder bei Silkeborg, tief in sich gekehrt beim Trompetenspiel.   
„Was uns Jorn aber am Ende immer schuldig bleibt, ist eine Erklärung seiner eigenen Kunstwerke“, schreibt Ruth Baumeister in ihrem Vorwort. Aber was braucht es auch immer Erklärungen, wenn man Vergnügen an seinem Werk hat – wie bei „Du Hund“.
 

Asger Jorn, Du Hund - Foto © Frank Becker


Ruth Baumeister – „Asger Jorn in Bild, Wort und Form“
© 2014 Scheidegger & Spiess, 144 Seiten, 22 x 28,5 cm, flexibler Einband, 229 farbige und 40 s/w Abbildungen – ISBN 978-3-85881-385-5
38,- € / 44,- sFr
 

Asger Jorn in Funder/DK - Foto © Ulrik Ross

Weitere Informationen: www.scheidegger-spiess.ch  und  www.museumjorn.dk