Neue Schauspieler an den Wuppertaler Bühnen

Miko Greza und Uwe Dreysel gaben ihre Visitenkarten ab

von Frank Becker
Visitenkarten
 
Wuppertal hat nicht nur ein neues Theater im Hinterhof des Historischen Zentrums, auch das Ensemble ist nach dem Intendantenwechsel bis auf Urgestein Thomas Braus neu. An zwei aufeinanderfolgenden Abenden stellten sich am vergangenen Wochenende die ersten beiden Ensemblemitglieder mit Soloprogrammen „Visitenkarten“ dem Publikum vor. Daß der nur 145 Plätze bietende Saal nicht einmal voll besetzt war, mag zumindest am Freitag daran gelegen haben, daß Wuppertals Oberbürgermeister Peter Jung zuvor bei einer öffentlichen Ansprache seine Zuhörer aufgefordert hatte, am Abend in die nur einen Steinwurf vom neuen Theater entfernte Oper zu gehen. So stellt man sich die Förderung des Schauspiels nicht vor. Aber genug davon, längst ist bekannt, daß die Kulturpolitik Wuppertals einseitig, will sagen opernlastig ist.


Julia Meier, Miko Greza - Foto © Sebastian Eichhorn
 
Ein Bayer tischt auf
 
Der aus Oberammergau stammende Bayer Miko Greza eröffnete (nicht in Krachledernen) den Reigen der Visitenkarten mit dem wirklich bunten, aber nicht wirklich überzeugenden Programm „Ein Gemischtwarenladen“, in dem er dem bergischen Publikum zunächst mit wohlausgewählten bairischen Versatzstücken von u.a. Karl Valentin, Bruno Jonas, Fritz von Kobell (Der Brandner Kaspar), Oskar Maria Graf u.a.m. Sprache, Kultur und Schlitzohrigkeit Bayerns nahezubringen trachtete. Zur Sicherheit hatte er sich der Begleitung der Wuppertalerin Julia Meier versichert. Eine kluge Wahl. Die zierliche Musical-Darstellerin mit Wurzeln im Wuppertaler TiC-Theater wurde im Handumdrehen, auch wenn sie das gewiß nicht wollte, mit pikanter Stimme, gewaltigem Klavierspiel und überzeugender Darstellung zum heimlichen Star des Abends. Ihr Bergisches Heimatlied zum Klavier und ihr kleines Wuppertallied tiptoe through the tulips zur Ukulele zeigten exorbitante Qualität.
Da konnte Miko Greza nur schwer mithalten, sein Humor blieb gebremst, der bergisch-bairische Dialog sprühte kaum, in den kurzen Charakterszenen als König Lear und als King Arthur wie in der Schlußnummer aus der Rocky Horror Picture Show konnte der durchaus sympathische Mime seine Qualitäten im Fach des „komischen Alten“ kaum aufblitzen lassen. Das gelang ihm als Brandner Kaspar, mit Karl Valentins „Theaterzwang“ und mit Christoph Nußbaumeders „Eisenstein“. 


Uwe Dreysel - Foto © Sebastian Eichhorn
 
„Mir ist vor zwei Tagen was Schreckliches passiert…“
 
Uwe Dreysel, in Goslar geboren und in Wien und Berlin „theatersozialisiert“ folgte am Freitag vor schwach besetztem Haus (s.o.). Leute, Ihr hättet Euch statt der pompösen „Tosca“ nebenan lieber Dreysels geniales Solo „Kaffee & Vodka“ angeschaut! Denn hier wurden brillante Texte, hervorragende Musik, fesselndes Schauspiel, intelligente Unterhaltung und feinsinniges Klavierspiel aus einer Hand serviert. Konsequent nahe am Delirium bekannte Uwe Dreysel in seinen eigenen Texten und mit selbst komponierter Musik, daß ihm „vor zwei Tagen was Schreckliches passiert“ sei. Er hatte sich verliebt. Um diese Liebe, den heimlichen Suff und Fragen des Lebens dreht sich sein wunderbares Programm, das hoffentlich bald wieder (inklusive Extrtas) auf dem Spielplan steht. Zeigt Dreysel doch in Vollendung die feine Schauspiel- und  Kleinkunst des Chansons von der Qualität Pigor & Eichhorns und auf Augenhöhe mit Konstantin Wecker. Das Theater Wuppertal kann auf solch ein Ensemble-Mitglied stolz sein - und sollte es eifersüchtig bewachen.
 
Am Freitag, dem 10.10.2014, 19:30 folgt als Nr. 3 der Reihe „Visitenkarten“ Julia Reznik mit „Spoonface Steinberg“ von Lee Hall
 
Eine weitere Vorstellung von Miko Grezas „Gemischtwarenladen“ gibt es am Sonntag, dem 12.10.2014, 18:00 Uhr
 
Weitere Informationen:  www.wuppertaler-buehnen.de