Rheinische Dankbarkeit

von Konrad Beikircher

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Die rheinische Dankbarkeit
 
Kennen Sie die rheinische Dankbarkeit? Nein? Richtig! Nichts fällt dem Rheinländer schwerer als Dankbarkeit zu zeigen. Nicht daß er nicht dankbar wäre. Nur mit dem Zeigen hat er seine Probleme. Und das nicht etwa deshalb, weil er ein ungehobelter Klotz wäre, sondern deshalb, weil er es grundsätzlich für selbstverständlich hält, daß man ihm zur Hand geht, ihm hilft oder ihm einen Gefallen tut. Er hat eine Unmenge von Floskeln zur Hand, wenn es darum geht, jemanden um etwas zu bitten, von „Donn dat“ über : „Sidd esu jot un doot dat“ bis hin zum konditionalen: „Wenn Ühr esu jot wört, mir jet ze Jefalle ze donn“. Nur wenn es dann geklappt hat, fällt ihm nichts mehr ein. Er wird dann zwar leicht großspurig , da fließt der Champagner in Strömen, oder es kommt eine Runde nach der anderen, aber ein einfaches „Danke schön“ kommt ihm nicht über die Lippen. Besuchen Sie einen Rheinländer und bringen Sie ihm z.B. ein wunderschönes Stückchen Kuchen mit, er wird wahrscheinlich sagen: „Och Kuchen! Hammer erst jestern jehatt.“ Aus. Oder eine Flasche Champagner. Er sagt: „Han ich zwei Flaschen von im Köhlschrank stonn“. Oder einen Strauß wunderschöner Pfingstrosen. Er sagt: „Hammer em Jaade och. Schön.“ Ist der Schenkende auch Rheinländer, kennt er das, ist keineswegs beleidigt über die beiläufige Behandlung seines Mitbringsels und wird es von vornherein entsprechend beiläufig präsentieren: er stellt die Blumen dreck in der Spül. Aber ein bißchen nagt es dann doch, wenn einer so gar kein Dannkeschön über die Lippen bringt. Und nach dem Besuch wird er seiner Frau sagen, wenn die wissen will, wie denn die Blumen angekommen seien: „Dä hätt noch netens 'Leck mich am Aasch' jesaat“.
 
Also dann, danke schön, daß Sie diese Zeilen gelesen haben.
 
In diesem Sinne
Ihr
Konrad Beikircher
 
 
 ©  2014 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker