Sketch-as-Sketch-can

Kabarett „Nord-Süd-Gefälle“ mit Aydin Isik und Mike McAlpine

von Bernd Geisler

Foto © Roland Keusch

Kabarett „Nord-Süd-Gefälle“
„Sketch-as-Sketch-can“

Von Bernd Geisler
 
Manchmal muß Champagner fließen und manchmal prickelndes Mineralwasser. Manchmal muß die Kaviardose her und manchmal die Frittenschüssel. Je nach Stimmung, Erwartung und Gusto ist gleichwohl beides perfekt. Die Erwartung, vom Komiker-Kaviar kosten zu können, erfüllte das Schaupieler-Duo Aydin Isik und Mike McAlpine nicht. Aber das hatten die beiden für ihr EU-Kabarett „Nord-Süd-Gefälle“ im Westdeutschen Tourneetheater Remscheid auch nicht angekündigt. Eher die felsenfest fetten Fröhlichkeits-Fritten. Will heißen: Die Klischees regierten bis zum Abwinken.
 
Die Menschen in Europas Norden sind stur, kühl und blasiert; die im Süden zappelig, überdreht und primitiv. Hier trinkt man heißes Wasser mit Milch, dort Ouzo aus Eimern. Noch ein Gemeinplatz gefällig? Menschen im Norden sind groß und dünn, haben blondes Haar und bewegen sich steif wie mit einem Stock im Gesäß. Menschen im Süden sind klein und untersetzt, mit dichtem, schwarzem Haar am gesamten Körper und bewegen sich quirlig wie ein Affe auf der Schaukel. Und genau das stimmt bei Mike McAlpine und Aydin Isik. Der gebürtige Engländer Mike McAlpine sieht aus, wie ein Engländer auszusehen hat, und dem gebürtigen Türken Aydin Isik fehlt nur noch die Keule, um damit mit Frauen fette Beute zu machen.
Offensichtlich machten die beiden Schauspieler aus der Not eine Tugend. Sie taten sich zusammen, um in ihrem Programm (fast) alle denkbaren Klischees über die europäischen Nationen aufs Korn zu nehmen. McAlpine ist mit der Art britischen Humors á la Monty Python oder Rowan Atkinson (Mr. Bean) als „Blackadder“ gesegnet, die man nur himmelschreiend komisch oder abartig finden kann. Isik im zum Schottenrock umfunktionierten Seniorenkleidungsstück agierte unberechenbar und derartig laut und schrill, daß man ihn entweder mit gezieltem Tritt in den Allerwertesten von der Bühne fegen oder ihn spontan umarmen wollte. Beide spielten ihre Rollen so gut, daß der Zuschauer vergaß, daß sie spielten.
 
Ihr Konzept, die beiden Figuren nicht nur aufs Publikum loszulassen, sondern sich auch noch gegenseitig in die Pfanne zu hauen, erinnerte an das frühere karnevalistische „Colonia Duett“ mit Hans Zimmermann und Hans Süper: Der eine will eine akkurate Show über die Bühne bringen und der andere flippt aus und macht, was er will. Damit bewegte sich das „Nord-Süd-Gefälle“ weg vom Kabarett hin zur Aneinanderreihung von Sketchen: „Sketch-as-Sketch-can“ auf Teufel komm raus.
Nicht jede Szene war selbstredend ein Brüller, manche überschritt spielend die Grenze zum Klamauk. Aber das war gezielt gewollt. Und manches gelang den beiden so komisch, daß „Schenkelklopfer“ dafür noch untertrieben war. Besonders dann, wenn’s richtig absurd wurde. Wie etwa die Balkonszene in „Romeo und Julia“ aus der Feder eines Italieners: Es geht nur noch um „Bunga-Bunga“. Auch die Fußballreportagen aus unterschiedlichen Ländern überzeugten oder - ganz der Engländer - McAlpines Szenen-Zitate aus „Dinner for One“. Das Publikum reagierte zum größten Teil enthusiastisch; einigen war es allerdings zu viel Tamtam. Aber das mußte an diesem Abend so sein. Diese Fritten - handgemacht, frisch und fettig - mundeten köstlich.


Foto © Roland Keusch
 
Am Sonntag, 16. November, gastieren Mike McAlpine und Aydin Isik noch einmal in der Bismarckstraße.
Weitere Informationen und sogar einen Filmausschnitt finden Sie auf www.mike-aydin.com