„Sturmhöhe“ - als Lüftchen im Flachland

Die Inszenierung von Lily Sykes konnte in Oberhausen nicht ganz überzeugen

von Andreas Rehnolt

Foto © Birgit Hupfeld

„Sturmhöhe“ in Oberhausen
geriet zu Lüftchen im Flachland
 
Die Inszenierung der englischen Regisseurin Lily Sykes
konnte bei der Premiere am Theater Oberhausen nicht ganz überzeugen
 
 
Oberhausen - Emily Brontes 1847 erschienener Roman „Sturmhöhe“ um das Drama einer verdrängten Liebe geriet bei der Premiere im Theater Oberhausen am vergangenen Wochenende zu einem Lüftchen im Flachland. Die leicht nach oben steigende Bühne von Anne Manss ließ trotz des trüben Wolkenhimmels im Hintergrund nicht wirklich das rauhe Klima im sturmumtosten Wuthering Heights aufkommen. Immerhin fing es Laufe der mit drei Stunden deutlich zu langen Inszenierung von Lily Sykes einmal aus dem düstren Bühnenhimmel an zu regnen, ein anderes Mal wehte etwas Schnee durch die Haustür des einsamen Gehöftss
Soviel zur Stimmung auf der Bühne, die außer einem großen Tisch, einigen Stühlen und einer Wohnzimmer-Garnitur lediglich ein paar Haufen Torf und einen Lesestuhl nebst Lampe für die Haushälterin Nelly Dean (Anja Schweitzer) benötigte, die quasi als Erzählerin des Mehrgenerationen-Dramas die Fäden in der Hand hielt. Die einzelnen Handlungsorte im Verlauf des Stücks wurden mit Video an eine Leinwand im Hintergrund der Bühne geworfen. Warum es gleich zu Beginn der Inszenierung minutenlang und viel zu laut „Wuthering Heights“ aus dem Off hämmern und die

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Sitze im Theater vibrieren mußten, blieb unklar.
 
Die Erzählung beginnt am Morgen, nachdem Mr. Lockwood von einer gruseligen Nacht auf dem Guthof zurückgekehrt ist und Nelly ihm die Geschichte und das Schicksal von Catherina Earnshaw (Angela Falkenhan), ihrem Bruder Hindley (Henry Meyer) und dem Stiefbruder Heathcliff (Peter Waros) erzählt. Leider wimmelte es am Premierenabend nur so von Versprechern im Bühnenspiel und mancher Zuschauer fühlte sich darob an einen bekannten TV-Sketch mit Zungenbrechern von Loriot erinnert.
Heathcliff kommt als sechsjähriges Kind auf den Hof. Verdreckt, verwahrlost und fast stumm. Hindley verspottet ihn, während Catherine mit ihm spielt. Zu den schönsten Szenen des Abends gehören sicher das Schattenspiel der beiden Kinder mit Figuren hinter einem weißen Laken und das fröhliche Steigenlassen eines Drachens. Daß aber die Zuneigung der beiden zueinander so gewaltig ist, daß Heathcliff zwölf Jahre später den Hof verläßt, nachdem Catherina den Antrag des reichen und hölzernen Gutsbesitzers Edgar Linton (Sergej Lubic) erhört, erschließt sich nicht wirklich. Zu viel hat Sykes in diesem Drama gekürzt, zu wenig - zumindest in der 1. Hälfte des Stücks - den Figuren Raum zur Entfaltung gegeben.
 
Zum Auftakt des 2. Teils - wieder sind fünf Jahre vergangen - sieht man Catherina (Cathi) und ihren Mann Edgar. Trautes Heim - Tagebuch-Eintragungen, etwas Landschaftsmalerei und wohl auch reichlich Langeweile im hochherrschaftlichen Haus der Familie Linton. Als dann Heathcliff mit Zylinder und wie aus dem Ei gepellt als feiner Herr in die Gegend zurückkehrt, ändert sich alles. Lintons Schwester Isabella (Sina Martens) verliebt sich auf den ersten Blick in den Fremden, Cathi spürt, daß es außer der nicht wirklich aufregenden Sicherheit und Einsamkeit mit ihrem Edgar vielleicht noch etwas anderes gibt. Doch Heathcliffs Zuneigung zu ihr ist in den Jahren des Fortseins zu Haß-Liebe mutiert, die nur noch eines im Sinn hat: Rache.
Rache für die Schläge und Demütigungen des Bruders, Rache für den vermeintlichen Verrat seiner Zuneigung für Cathi sowie Haß und Eifersucht auf alle die, die sie umgeben. Den Bruder Hindley, ohnehin dem Suff verfallen, bringt er fast um. Isabella wird zwar seine Frau, doch schon in der Hochzeitsnacht erfährt sie seinen Sadismus, seine Gewalt und seine Brutalität. Die Ehe von Cathi und Edgar zerstört er allein durch sein ständiges Auftauchen im Haus. Schließlich spürt Cathi keine Liebe mehr zu ihrem Mann und stirbt schließlich einen ellenlangen, qualvollen Tod, weil sie Nahrung und Leben verweigert, das ihr ohne Heathclliff nicht lebenswert erscheint.

Seelisch zerstört, geschunden und vereinsamt bleiben die Übrigen in der Düsternis der morbiden Landschaft zurück. Der zweit Teil war - auch schauspielerisch - deutlich besser als der erste. Von daher gab es am Ende freundlichen Applaus des Premierenpublikums. Am 11. April gibt es am Staatstheater Braunschweig die Premiere der „Sturmhöhe“ als Oper von Bernhard Herrmann zu erleben.


Foto © Birgit Hupfeld
 
Regie: Lily Sykes - Bühne: Christina Mrosek -  Foto: Birgit Hupfeld

Nächste Termine: 28. und 30. Januar, 6., 7. und 22. Februar