Wie: Bücher?! (6)

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Wie: Bücher?!
 
Konrad Beikircher über Literatur (6)

Auch Max Frisch ist so einer, der sich nicht entscheiden konnte, was er nun für ein Buch schreiben will: Briefesammlung oder Sachbuch?
„Ich suche von Max Frisch: An Dora“
sowie
„Ich such das Buch „Angora“ von Max Fischer“
und schließlich
„Haben Sie von Andorra Max: Frisch blau?“
Ein anderer Max Frisch Leser hat sich allerdings eindeutig entschieden. Er sucht von „Frisch: Homopath“. Punkt aus fertig.
 
Auch Brecht ist so ein Schlingel, der denselben Wein in viele Schläuche füllte.
„Ich suche von Brecht: der kleine Mensch von Sezuan“.
Und
„Haben Sie von Brecht: der gute Mensch vom Suez-Kanal?“
bis hin zu „Ich hätte gerne von Suhrkamp: der gute Mensch von Büllerbü“.
Sprach’s und verschwand oder so.
Da ist mir einer schon lieber, der seine Buchwünsche der jeweiligen politischen Situation anpaßt. So der, der im Wahljahr 94
„Goethe: Die Wahlbekanntschaften“ sucht. Ja, Scharping sucht die heute noch.
 
In diesen Zusammenhang, also zur Literatur für den kleinen heimlichen Tisch hinten in der Porno-Nische, - ein Anblick übrigens, der jeder anständigen Literatur-Händlerin täglich das Ich-Weiß-Nicht-Was in das Gesicht treiben muß - gehören auch Werke wie: „Mahmoody: Ohne meine Mutter geht es nicht“
und das Geniale, das Lebenswerk einer Autorin absolut auf den Punkt bringende:
„Ich suche von Anais Nin: Die verbogenen Früchte“!!!
Gegen solche Höhenflüge fallen Wünsche in der Musikabteilung wie: „Haben Sie die neue Single von Böll?“ oder „Ich hätte gerne von Wagner: Christian und Isolde!“ geradezu einfallslos aus.
 
Zum Glück gibt es da noch die Reise-Atlanten- und Geographie-Abteilung. Sie ist gut für Bestseller wie: „Ich brauche eine Weltkarte auf der hauptsächlich die asiatischen Länder sind“.
Die entrüstete Frage: „Haben Sie denn keinen Stadtplan vom Siebengebirge?“ ist eine Kartätsche von ähnlicher Durchschlagskraft wie der Kunde, der aus der Terra X Serie ‘Von Atlantis bis zum Dach der Welt’ sucht, und das in die Worte kleidet:
„Bitte einmal von Atlanta bis zum Drachenfels!“. So isser, der Rheinländer, und fragt noch nicht mal nach der Rückfahrkarte!
In so einer Abteilung laufen natürlich auch die Mitarbeiter zur Hochform auf. Beispiel: „Frollein, ich hätte gerne der Köln-Bonner Stadtatlas.“
„Der ist zur Zeit nicht lieferbar.“
„Warum nicht?“
„Der bekommt eine Spirale!“
 
Und ist der Kunde in der geographischen Abteilung mal ratlos, ist er auch das farbiger als in anderen Abteilungen:
„Wo sind denn die Atlen?
Bitte was?
„Atlas!“
No, wenn das nix is?
 
Und da kommen wir schließlich zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch sie passen sich, so oder so, gelegentlich ihren Kunden an. Da sagt z.B. Frau M.
ganz konfus: „Irgendwo lag doch die Bachmann mit ihren ‘Geflügelten Worten’ aus“.
Und Frau X stellt fest: „Heute morgen ging der Tag aber schnell vorbei!“. So kurz wird einem die Zeit in diesem interessanten Beruf.
Begeistert arbeiten sie im Laden, die Buchhändlerinnen und Buchhändler. Begeistert geben sie Auskunft: „Ich suche von Koeppen: Das Treibhaus.“
„In der Hobby-Abteilung!“.
 
Wenn zu so einem hohen Engagement im Beruf die Doppelbelastung der Arbeit im Betriebs-Rat kommt, kann es natürlich schon mal zu einem cerebralen Kurzschluß kommen. So z.B. wenn Frau M. nach einer Betriebsrats-Sitzung noch rasch was einkauft und der Marktfrau sagt: „Ich hätte gerne 6 Eier - Gehaltsgruppe II!“.
Zum Glück aber läßt sich der Kunde von nichts irritieren, er weiß im Zweifelsfall sowieso alles besser. Und manchmal hat er ja tatsächlich den Durchblick:
„Ich suche einen Thomas Grundmann - der SOLL hier arbeiten!“!!!
 
Den absoluten Vogel jedoch schoß einer ab, der mit der Bitte überraschte:
„Ich hätte jerne ene Jlobus - aber nur von Europa!“
 


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