Alle freut, was alle freut

Zu Walter Triers 125. Geburtstag

von Frank Becker

© Walter Trier Archiv, Konstanz
Alle freut, was alle freut
 
Zu Walter Triers 125. Geburtstag
 
 
„Als ich ihn 1929 kennenlernte, war Walter Trier längst berühmt.“
(Erich Kästner, 1951)


Walter Trier? Kenn ich nicht. So mag manch einer allzu rasch auf die entsprechende Frage zurückgeben. Zeigt man ihm dann aber einen Band von Erich Kästner, sei es „Das doppelte Lottchen“, „Emil und die Detektive“ oder „Drei Männer im Schnee“ aus seinem eigenen Bücherregal, wird es heißen, „ja den kenn ich!“ – denn kaum ein Illustrator hat eine so große Popularität erreicht, wie der 1890 in Prag geborene und 1936 vor der tödlichen Dummheit der Nationalsozialisten nach England geflohene Künstler mit dem einzigartigen Strich. Anläßlich seines virtuellen 125. Geburtstags erinnern wir noch einmal an den großen Zeichner und humorvollen Illustrator.
 

1933 Verlag Friedrich Andreas Perthes,
Stuttgart - Archiv Musenblätter
Meine eigenen ersten Begegnungen mit Walter Trier (1890-1951) waren Paul Benndorfs „Till Eulenspiegel“ und Kästners „Das Fliegende Klassenzimmer“ aus dem Bücherschrank meiner Eltern, alle anderen Kästner sollten folgen, stets begleitet von Walter Triers Titelbildern und Illustrationen – eine kongeniale Zusammenarbeit, deren Wert bis heute zu Recht hoch geschätzt wird.
Einen umfassenden Blick auf Triers Werk, das weit mehr bietet als jene in beinahe jedem Haushalt zu finden Kästner-Klassiker, werfen zwei prächtige Bücher von Dr. Antje Neuner-Warthorst: „Walter Trier - Politik, Kunst, Reklame“ und „Walter Trier - Eine Bilderbuch-Karriere“. Der erste Titel, mit dem Antje Neuner-Warthorst auf eine Farblitographie Triers aus dem Jahr 1916 in „Das Plakat“ zurückgreift, zeigt bereits die große Bandbreite der Arbeit des bei Zeitschriften- und Buchverlagen, Werbeagenturen und Firmen jeglicher Couleur gefragten humorvollen, scharfsinnigen, ideenreichen Zeichners. Auf 236 großformatigen Seiten mit zahllosen meist farbigen Illustrationen als Beispiel breitet die Trier-Spezialistin in ihrem köstlichen Buch die ganze Palette der vielfältigen Felder aus, auf denen sich der Cartoonist, Karikaturist, Buchillustrator, Werbegraphiker und Trickfilmzeichner Walter Trier getummelt hat.  
 
Für Große und für Kleine

In die beiden großen Kapitel „Walter Trier für Kinder“ und „Walter Trier für Erwachsene“ eingeteilt, werden für jeden, der als Kind durch seine

© 2006 Atrium Verlag
phantasievollen Illustrationen quasi in die Bücher hineinschlüpfen konnte und alle, die sich einmal mit Triers graphischer Arbeit beschäftigt haben, noch einmal die Kindheit wach und das glucksende Vergnügen an den politischen und kommerziellen aufgefrischt. Natürlich liegt auf der Hand, daß sie dabei mit den Illustrationen zu Erich Kästner beginnt, die in zum Teil ganzseitigen Abbildungen und hervorragender Farbwiedergabe gezeigt werden: „Emil und die Detektive“, „Pünktchen und Anton“, „Der 35. Mai“, „Das doppelte Lottchen“, „Emil und die drei Zwillinge“, „Arthur mit dem langen Arm“, „Die Konferenz der Tiere“, „Münchhausen“ u.v.a.m.. Mit dabei auch der herrliche Fußball-Roman „Klapperzahns Wunderelf“ von Eduard Bass aus dem Jahr 1922, mit der Titelillustration von Trier, den der Verleger Christoph Haacker 2007 für seinen Arco-Verlag wiederentdeckt und in einer sehr hübschen wohlfeilen Ausgabe neu aufgelegt hat. Im Middelhauve Verlag erschien 1975 posthum (Walter Trier war 1951 in Kanada gestorben) ein zauberhaftes Bändchen von Ernst Jandl, frei nach Zeichnungen von Walter Trier: „Alle freut, was alle freut“ – im Grunde ein Lebensmotto des liebenswerten Zeichners.
Erst drei Jahre nach Drucklegung von „Walter Trier - Politik, Kunst, Reklame“ wurde im Cecilie Dressler Verlag das bis dahin unverwirklichte Buchprojekt „The Jolly Steamer“ aus dem Jahr 1948 mit einem Text von Harry Rowohlt unter dem Titel „Der lustige Dampfer“ realisiert.

Gezeichnete Satire
 
In seiner großen Zeit vor, während und nach dem 1. Weltkrieg bis zum Beginn der 30er Jahre arbeitete Trier für die namhaftesten deutschen

© 2013 Nicolai Verlag
Satire-Blätter, darunter „Simplicissimus“, „Jugend“, „UHU“, „Berliner Illustrirte Zeitung“, „Lustige Blätter“ und  „Die Dame“. Sein Stil prägte die Zeitschriften über die unverwechselbaren Titelseiten, wie auch später die Schweizer „Annabelle“ und vor allem die englische Zeitschrift „Lilliput“ in 147 Folgen, von denen etliche Titelblätter mit den monatlichen Protagonisten Frau Lene, Herr Walter und Hund Zottel gezeigt werden. Die Karikaturen gegen Nazi-Deutschland, die Trier von England aus u.a. in „Die Zeitung“, „The Pen is Mightier“, „Jesters in Earnest“ veröffentlichte, zeigen die ungeschminkte Realität des „arischen“ Wahnsinns und seiner mörderischen Folgen in bitterem Sarkasmus und ätzendem Humor.
 
Im Jahr 2006 für eine große Walter Trier Retrospektive als begleitender Katalog konzipiert, hat sich „Walter Trier – Politik, Kunst, Reklame“ von Antje Neuner-Warthorst schnell als aktuelles und künftiges Standardwerk zu Leben und Werk des einzigartigen Zeichners erwiesen. Leider fehlt ein Index, was das Nachschlagen in dem ansonsten mustergültigen Buch etwas schwierig macht. 2013 legte Antje Neuner-Warthors, Leiterin des Konstanzer Walter Trier Archivs, tim Nicolai Verlag eine (die erste) umfangreiche bebilderte Walter Trier-Biographie vor.

Antje Neuner-Warthorst – „Walter Trier - Politik, Kunst, Reklame“
Ausstellungskatalog der Trier-Retrospektive im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover als Buchausgabe - Für Kinder und Erwachsene
© 2006 Atrium Verlag / Wilhelm-Busch-Gesellschaft e.V., 236 Seiten, Ganzleinen mit Fadenheftung und Schutzumschlag, mehr als 290 Abbildungen, darunter zahlreiche bislang verschollen geglaubte Originale, 24,4 x 35 cm  -  ISBN: 3-85535-993-8
39,- €,  SFR 52,90 · EUA 40,10

Antje Neuner-Warthorst - „Walter Trier - Eine Bilderbuch-Karriere“
© 2013 Nicolai Verlag, 304 Seiten, gebunden 16,5 x 22 cm, 145 Abbildungen  -  ISBN 978-3-89479-812-3
29,95 €

 
o.J. Abel & Müller, Leipzig - Archiv Musenblätter


© 2006 Arco Verlag

 
© 1948 Atrium Verlag Cecilie Dressler - Archiv Musenblätter
 

© 1975 Gertraud Middelhauve Verlag


 


Walter Trier: Happy Valentine! - © Walter Trier Archiv