Bestsellerfressen

„Die weiße Massai“ von Corinne Hofmann

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Sexy Rassismus, Teil I
 
„Die weiße Massai“
von Corinne Hofmann
 
Meine Damen und Herren!

Wenn Deutsche Ausländern die Häuser in Schutt und Asche legen und „Türken und Neger ins Jenseits jagen“, hat's hierzulande tradi­tionell drei Reaktionsweisen: Eine Minderheit bedauert, für diese patriotische Tat selber zu feige gewesen zu sein; eine Mehrheit bedauert, daß das Ausland nun den Import deutscher Wertarbeit in Frage stellen könnte, und der feinfühlige alternative Rest betrauert „das allgemeine deutsche Des­interesse am kulturellen Beitrag unserer ausländischen Mitbürger“, denn Mord und Totschlag - so die Logik derer, die an Stelle des Kopfes ihren Arsch huh halten - würden nicht passieren, wenn die Täter öfter mal in ein türkisches Res­taurant gingen oder einen alt-kisuaheli­schen Trommelkurs in der VHS belegten.

Abgesehen davon, daß türkische Lokalbetreiber wahrscheinlich eher froh darüber sind, wenn deutsche Glatzen nicht auch noch zum Essen vorbeikommen, und trommelnde Teutonen per se kein Mensch braucht, ist es auch relativ abwegig, Leuten, die Türken totschlagen, weil sie Türken sind, nun ausgerechnet noch 'nen Döner schmackhaft machen zu wollen. Außerdem: Selbst, wer nur zwei Pfund Kar­toffelbrei unterm Dach hat, müßte in der Lage sein, erst 'ne Köfte zu vertilgen und hinterher noch den Koch.
Deutsche Weltgenesungswerke unter Führung singender Sozial­arbeiter haben es bis heute nicht begriffen, daß es zwischen Gaumenfreude und Mordlust weltweit keinen sinnigen Zusammen­hang geben kann. Außer im Fall chronischer Unterernährung. Und kein Richter - erst recht nicht zwischen Dröhnitz und Kotzbuss - wird wohl je den Satz vernommen haben „Hohes Gericht! Ich hatte Hunger!“, sondern eher im Gegenteil „Ich war scheißehackendicht! Und zwar mit Radeberger, Schiwapschischi und Leipziger Allerlei!“

Jahrzehntelang haben unsere sog. besseren Deutschen brutalst-beschei­dene Volksweisen in den Wald gesungen nach dem Motto „Et jibt nur eine Welt, un dat is unser Veedel!“ und damit so den weniger guten für Totschlag und Vertreibung den patriotischen Soundtrack geliefert. Wo­bei der Funke gar nicht so weit zu springen gezwungen war; denn wenn 100.000 kölsche Schunkelnasen kollek­tiv „Kristallnaach“ grölen, dann meinen sie auch Kristallnaach.
Nun, daß die Suche nach Motiven in den Köpfen kahlrasierter Rassen­theoretiker vergebliche Liebesmüh ist, sollte schon mal eigentlich kein Geheimnis sein, da die ja ihre 3 Argumente Tag & Nacht offen mit sich durch die Gegend schleppen: Baseballknüppel, Feuerzeug und Garten­zwerge.
Wie aber denkt es im guten, im besseren Deutschen? Laut freiwilliger Selbstauskunft etwa so: „Alles was wir machen, kommt bei uns direkt aus dem Bauch heraus.“ Und im Bauch, meine lieben Alternativen - und da herrscht nun unter allen Menschen tatsächlich mal Gleichheit - hat im Wesentlichen nur einer das Sagen: ein anderthalb Meter langer Dick­darm.

Liebe Leser, wer sich standhaft weigert, sein Gehirn zu benutzen, und stattdessen sein Gedärm befragt, bleibt natürlich mit sich im Reinen, quasi naturidentisch, von dem sind keine Überraschungen zu er­warten, sondern heimische Kontinuität und die ewige Wiederkäu des Immer­gleichen. So generierte im Sommerloch 2000, als die Toten plötzlich überhand nahmen, die sattsam bekannte kölsche Schunkel-­Fraktion, der musizierende Arm der herrschenden Klasse, pfiffig aus dem Bauch heraus die steindumme Forderung „Toleranz gegenüber Ausländern!“. Der verschunkelte Restverstand - guten Willen immer vorausgesetzt - wird damit wohl so was gemeint haben wie „Die Würde des Menschen usw.“. Aber mit Verlaub, oh, holde Sängerschar: Menschen, gegen die man nichts hat, muß man nicht tolerieren. Man muß nur Menschen tolerieren, die man auf den Tod nicht ausstehen kann; oder von denen man überzeugt ist, daß sie hier nichts zu suchen haben; kurz: mit denen man weniger am Hut hat als mit jenen, denen man Themen wie Heimat, Nation, Identität, Wahnsinn und Rassismus nicht kampflos überlassen will.
Und dafür erhielten diese staatlich anerkannten Menschenrechts­märtyrer dann auch folgerichtig den Bundesverdienstweizsäcker am laufenden Band. Hinzu kommt noch, daß es überhaupt etwas ins Geschmacklose tendiert, Deutsche zum Ertragen von Ausländern zu animieren, wo doch allenfalls der umgekehrte Fall einen Sinn ergäbe; was jedoch an Frechheit auch nicht zu überbieten wäre.

Wenn dann, liebe Leser, die Sie bis hier eisern durchgehalten haben, neben der Darmtätigkeit im Kopf noch die Hormone verrückt spielen; wenn die Objekte rassistischer Begierde statt Haß heiße Höschen hervorrufen; wenn so gesehen zur Ab­wechselung mal statt der Neger­hütte die Negerliebe entbrennt, dann ist ein Büchlein mit dem Titel „Die weiße Massai“ nicht mehr zu verhindern. Der auto­biographische Lustplot ist schnell erzählt:
Weiße Frau verknallt sich bedingungslos in schwarzen Mann und ver­wandelt binnen 4 Jahren ihre Zuneigung in Abneigung. Schluß, Punkt, aus - eine völlig normale Lovestory einer völlig weggeballer­ten Mode­schnickschnack-Bouti­quen-Schnepfe aus der Schweiz, die einem eingeborenen Waldschrat aus der tiefsten Waldschraterei 1.500 Kilometer nordwestlich von Mombasa den Kral auf'n Kopf stellt und dem Mann so besinnungslos hinterherdackelt wie die Kristallnaach-Gemeinde dem Bänkelsänger. Und ob die wahrlich monströsen Alltagsprobleme über­haupt zu meistern gewesen wären, erscheint zumindest fraglich, zumal unser schöne Massai obendrein noch 'ne schöne Vollmeise gehabt hatte: eine unausrottbare Eifersucht. Und unabhängig davon Madame für län­gere Zeit mal einen Therapeuten gebraucht hätte.
C'est tout, mais c'est la vie.

Kaum anzunehmen, daß diese Lach-Nummer einer grotesk über­kandi­delten Kolonial-Else drüben in unserer ausländerfreien Zone, in den rechts-konservativen Lesezirkeln von Atze und Kotze, mit Heißhunger konsumiert wird. Warum aber ist sie dann in der sog. Alternativszene ein solcher Renner? Wahrscheinlich deswegen, weil die gute Frau und Koryphäe in Sachen angewandte Völkerkunde Corinne Hofmann, nachdem sie in die Schweiz zurückge­flüchtet war, „ihrem Massai“ folgen­des Fazit in den Busch schickte:
„Für dich ist es leicht, eine neue Frau zu finden, die in der gleichen Welt lebt. Suche jetzt eine Samburu-Frau, nicht wieder eine Weiße, (wobei er nicht sie, sondern sie ihn gesucht hatte) wir sind zu verschieden. Du merkst es nicht, denn das ist Afrika.“
Wohlgemerkt: Afrika, nicht Nyahururu, das 4,5-Kuhfladenhütten-Kaff 1.500 Kilometer nordwestlich von Mombasa, am Arsch der Welt, von dem selbst der liebe Gott offensichtlich genug hatte.
Gute Nacht.

Nachtrag:
Noch mal kurz zurück zu Köfte und Kisuaheli-Trommeln in der VHS:
Adolf Eichmann hatte auf dem Höhepunkt seiner Karriere die best­sortierte Privatsammlung von Judaica in Europa und lernte in seiner knapp bemessenen Zeit sogar ein wenig Hebräisch.

Sep. 2000