Die Seele des Jazz

Wolfgang Schmidtke Orchestra ‎– „Monk's Mood“

von Frank Becker

Die Seele des Jazz
 
Genialer mit dem Bigband-Mainstream kombiniert, quasi auf Kuschelkurs, hat man Free Jazz wohl selten gehört. Und bitte: das ist keine Kritik, das ist ein großes Kompliment. Wolfgang Schmidtke ist als Arrangeur und Leiter seines einzigartig besetzten Orchesters mit diesen delikaten Aufnahmen der fraglos schwierige musikalische Spagat hinreißend gelungen.
Live aufgezeichnet beim legendären „Nachtfoyer der Wuppertaler Bühnen“, das nicht wie so vieles andere der einst weltoffen großen und bunten Kultur in Wuppertal einer kurzsichtigen und engstirnigen Lokal-Politik zu Opfer gefallen ist, dokumentiert das Konzept-Album „Monk´s Mood“ die hohe Qualität und Attraktivität der Jazzsene in der Geburtsstadt des Free Jazz, die mit so unvergeßlichen Namen wie Peter Kowald, Peter Brötzmann, Hans Reichel und Bernd Köppen verbunden ist. Sie alle und viele andere haben mit Wolfgang Schmidtke, in seinen Formationen und bei seinen Nachtfoyers gespielt, die weit über die Grenzen der Bergischen Stadt Jazz-Geschichte geschrieben haben. Die Nachtfoyers gibt es noch - bis jetzt im Café ADA, demnächst im Kronleuchterfoyer des Opernhauses -, der freie Jazz hat seine Heimat im „ort“ gefunden, und der Kunstmäzen Anthony „Tony“ Cragg hat ihm eine erlesene Spielstätte in seinem Wuppertaler Skulpturenpark gegeben.
 
Aber kommen wir zurück zum Anlaß dieses Artikels, der CD „Monk´s Mood“ mit dem Wolfgang Schmidtke Orchestra. Schauen Sie sich erst mal die Besetzung an, die eine Crème der Jazz-Szene vorstellt: den wunderbaren Dietrich Geese an der Trompete, den sanften Harald „Harro“ Eller am Kontrabaß, Kurt Billker, einen der sensibelsten Schlagzeuger unserer Tage, den seelenvollen Ludwig Goetz an das Posaune, Volker Götze am Flügelhorn, die Pianisten Frank Wunsch und Alexander von Schlippenbach (der ja einst mit dem Globe Unity Orchestra in Wuppertal seine großen Erfolge hatte), die Flötistin Ilona Haberkamp, eine phantastische Holzbläser-Sektion mit Steve Lacy und viele andere mehr – die Namen finden Sie unten.
Stücke von Steve Lacy (4) und Thelonious Monk (3) stehen auf dem Programm – und hier zeigt sich vom Opener „Blinks“ (Lacy) an, daß wir es mit einem hochkarätigen Ensemble zu tun haben, das unter Wolfgang Schmidtkes Leitung zu Weltklasse-Format aufläuft. Monks Titel „Thelonious“ mit Schlippenbach am Klavier und Harro Eller am Kontrabaß ist eine temperamentvolle, mitreißend swingende Perle mit grandiosen Bläsersätzen, magische Momente hat Lacys „Flakes“, und Monks „Skippy“ knüpft ein wenig an die genialen Arrangements Stan Kentons an. Die epischen Titel „Esteem“, „Introspection“ und „The Crust“ werden einer wie der andere durch die Solo- und Ensemble-Leistung zu genußvollen Dokumenten des lebendigen Jazz.
Da steckt die Seele des Jazz drin - eines der schönsten Alben seines Genres der letzten Jahre und deshalb mit unserem Prädikat, dem Musenkuß ausgezeichnet.

Wolfgang Schmidtke Orchestra ‎– „Monk's Mood“
feat. Steve Lacy + Alexander von Schlippenbach
(P) + © 2013  Jazzwerkstatt ‎– jw136 / WDR The Cologne Broadcasts
Tracks 1, 3, 5 und 7 am 12. Juni 1999 and Tracks 2, 4 und 6 am 22 Dezember 2001 live aufgezeichnet.
 
Besetzung: Wolfgang Schmidtke (ss, ts, bcl, arr., cond.) – Alexander von Schlippenbach, Frank Wunsch  (p) – Steve Lacy (ss) – Olaf Krüger, Volker Götze, Frank Engel (tp) – Dietrich Geese (tp, tub) – Ludwig Goetz, Thorsten Heitzmann, Holger Heines (tb) – Annette Gaddatsch, Ilona Haberkamp (fl) – Klaus Bernatzki, Dirk Grezius, Frank Lauber, Frank Timpe (reeds) – Harro Eller (b) – Kurt Billker (dr)
 
Titel:
1. Blinks 11:18 – 2. Thelonious 4:28 – 3. Esteem 13:19 – 4. Intropection 11:12 – 5. Flakes 8:52- 6. Skippy 6:58 – 7. The Crust 10:02
Gesamtzeit:  1:06:12
 
Weitere Informationen:  www.jazzwerkstatt.eu