Max und Moritz

Ein Kinderbuchklassiker wird in diesen Tagen 150 Jahre alt

von Joachim Klinger und Frank Becker


Durch den Schornstein mit Vergnügen
Sehen sie die Hühner liegen,
Die schon ohne Kopf und Gurgeln
Lieblich in der Pfanne schmurgeln.
Eben geht mit einem Teller
Witwe Bolte in den Keller,
Daß sie von dem Sauerkohle
Eine Portion sich hole,
Wofür sie besonders schwärmt,
Wenn er wieder aufgewärmt.
Unterdessen auf dem Dache
Ist man tätig bei der Sache.
Max hat schon mit Vorbedacht
Eine Angel mitgebracht.
Schnupdiwup! Da wird nach oben
Schon ein Huhn heraufgehoben.
Schnupdiwup! Jetzt Numro zwei;
Schnupdiwup! Jetzt Numro drei;
Und jetzt kommt noch Numro vier:
Schnupdiwup! Dich haben wir!! -

Max und Moritz
 
Ach was muß man oft von bösen
Kindern hören oder lesen!
Wie zum Beispiel hier von diesen,
Welche Max und Moritz hießen.



Die, anstatt durch weise Lehren
Sich zum Guten zu bekehren,
Oftmals noch darüber lachten
Und sich heimlich lustig machten.
Ja, zur Übeltätigkeit,
Ja, dazu ist man bereit!
Menschen necken, Tiere quälen,
Äpfel, Birnen, Zwetschen stehlen
Das ist freilich angenehmer
Und dazu auch viel bequemer,
Als in Kirche oder Schule
Festzusitzen auf dem Stuhle.
 
Aber wehe, wehe, wehe,
Wenn ich auf das Ende sehe!!
Ach, das war ein schlimmes Ding,
Wie es Max und Moritz ging.
Drum ist hier, was sie getrieben,
Abgemalt und aufgeschrieben.
 
In die biedermeierliche Idylle der Mitte des 19. Jahrhunderts brach Wilhelm Busch (1832–1908) mit der Bilderfolge „Max und Moritz” ein, einer „Bubengeschichte in sieben Streichen”, die er am 5. Februar 1865 seinem Verleger Braun anbot. Ohne Erfolg – wie wir wissen!
Die Botschaft des großen Humoristen? Das Böse ist schon im Kinde angelegt, die Kleinen können boshaft und einfallsreich bereits schlimmen Schaden anrichten.
Zum Glück fand sich ein anderer Verleger, der trotz empörter Reaktionen des Publikums, insbesondere von Pädagogen, die Bubenstreiche publizierte und diesem Werk zu weltweitem Ruhm verhalf. Ab Herbst 1865 erschien „Max und Moritz” zunächst in Fortsetzungen in den „Fliegenden Blättern”, später dann in Buchform.
Ob Wilhelm Busch damit als Begründer des Comics gefeiert werden darf, muß hier nicht entschieden werden. Wir begnügen uns zum 150. „Geburtstag“ mit einem artigen Kratzfuß vor Wilhelm Busch und mit der Feststellung, daß es im Laufe von 150 Jahren listig, ganz unauffällig und selbst von Zensur- und Staatsschutzbehörden unbemerkt in Abermillionen Exemplaren Eingang in bürgerliche Haushalte, nein: Bücherschränke - oder noch besser Regale von Kinderzimmern geschafft hat und die populärste Zeichengeschichte nicht nur ihrer Zeit geworden ist.

Schnelle springt er mit der Elle
Über seines Hauses Schwelle,
Denn schon wieder ihm zum Schreck
Tönt ein lautes: „Meck, meck, meck!!“
Und schon ist er auf der Brücke,
Kracks! Die Brücke bricht in Stücke;

 
Aber Moritz aus der Tasche
Zieht die Flintenpulverflasche,
Und geschwinde, stopf, stopf, stopf!
Pulver in den Pfeifenkopf. -
 

 
Doch die Käfer, kritze, kratze!
Kommen schnell aus der Matratze.
Schon faßt einer, der voran,
Onkel Fritzens Nase an.

 
Der Esslinger Verlag hat eine schöne Jubiläumsausgabe vorgelegt:
 
 
 
Eine Literaturempfehlung zum Thema:
Edith Braun – „Geheimsache Max und Moritz“ - Wilhelm Buschs bester Streich
© 2005/2007 Gollenstein Verlag, 239 Seiten, geb. mit vielen Illustrationen, Literaturhinweisen und Zeittafel