Spectre

Daniel Craig rettet als James Bond auch 2015 die düstere Welt

von Peter Bilsing

© MGM / Sony

Spectre
 
James Bond rettet als Dark Knight auch 2015
mal wieder aufregend und höchst sehenswert die düstere Welt
 
Kinostart am 5.11.15 / Preview 4.11. im Cinestar Düsseldorf
 
Hochgeschätzte James Bond Liebhaber,
 
als bekennender Bond-Fan der ersten Jahre hat sich meine Liebe zu dieser Fantasy-Heldenfigur (nebenbei die längste Filmserie aller Zeiten) über ein halbes Jahrhundert gehalten. Man könnte sagen: ich bin mit Bond gealtert und heute als quasi Gruftie immer noch genauso von den Filmen fasziniert, wie vor 53 Jahren, als ich 1962 mich in Dr. No hineinschlich; obwohl noch erheblich jünger als die vorgeschriebenen 16 Lenze, ging ich aufgrund meiner Größe damals locker durch. Die stetige Angst allerdings, dabei von Kontrolleuren (die es natürlich niemals gab) erwischt zu werden, trieb das Adrenalin in kolossale Höhen und verstärkte das Abenteuer-Erlebnis.
Ich habe sie alle erlebt, besser durchlebt und fast alle Filme mindestens 10 mal gesehen, später mit meinen Kindern natürlich im häuslichen Heimkino auf meiner eigenen Kinoleinwand zum In-Ruhe-Genießen. Dennoch pflege ich die Liebe zum großen Kino weiter, auch wenn es heuete schwerfällt, im Dunst von Pommes mit Mayonnaise, dem dauernden Chipsknacken und Schlürfgeräuschen aus Putzeimer ähnlichen Riesenbechern, gefüllt mit Cola noch cineastisch abzuschalten und zu genießen. Auch bin ich als Opernkritiker natürlich gewöhnt, daß man sich eben nicht unterhält, dauernd aufs hell aufleuchtende Handy-Display schaut oder zur Toilette rennt. Doch will ich hier keine „Sextanerblase“ unterstellen; bei vielen ist ja vielleicht nur der Popcorn-Vorrat zur Neige gegangen oder man will mal schnell der Oma mitteilen, daß der neue Bond ganz ganz toll ist. Schön liebe Teenies ist immerhin, daß ihr das nicht mitten im Kino während der Vorstellung macht, ein Fortschritt; also ein echtes Dankeschön dafür meinerseits.
Egal und was auch immer, fest steht weiterhin: man muß solche Filme immer (!) das erste Mal im großen Kino sehen. Basta! Und ich kann auch beim neuen Bond nur dringend empfehlen, sich das größte Kino weit und breit zu suchen, denn je größer die Leinwand, desto schöner ist das vergnügliche Kino-Erlebnis. 500 Plätze sollte der Saal schon mindestens haben und unter 12 Meter Leinwand-Diagonale geht wirklich gar nichts. Geheimtip: Allen in der Nähe von Essen wohnenden Kinofreunden sei die alte Lichtburg ans Herz gelegt, jenes einst größte und schönste Kino Deutschlands, heute wohl immer noch das älteste, wobei sich Kunst und Tradition die Hand geben; immer ein Erlebnis der besonderen Art.
 
Doch kommen wir nun zum neuen Bond - SPECTRE. Thematisch schließt er die neuere Quadrologie der Craig Filme ab. Zuerst das einzige Negative: Es ist der sicherlich schlechteste Musiktitel aller Bondfilme - Writings on the wall mit Heulboje Sam Smith - ein entsetzliches Kopfstimmen-Gesäusel, welches eigentlich nur noch vom echten Kulthit Indian Love Call  von Slim Whitman aus den 50ern übertroffen wird. Aber das waren halt die 50er Jahre, damals hat auch Elvis noch ganz gräßlich gejault, bis er dann zum tollen Sänger wurde. Und wenn man an die vielen Bond-Welthits denkt, kommen mir die Tränen über diesen musikalischen Fauxpas.
Hier die Liste meiner persönlichen Top 10, die ich als besonderes Schmankerl für unsere Leser mit den Original Trailern verlinkt habe: Goldfinger (Shirley Bassey), Thunderball (Tom Jones), Live and let die (Paul McCartney), All the time in the World (Louis Armstrong), You only live twice (Nancy Sinatra), Golden Eye (Tina Turner), Skyfall (Adele), Moonraker (Shirley Bassey), From Russia with Love (Matt Monro) und For your Eyes only (Sheena Easton) – Songs für die Ewigkeit! Bitte Lautsprecher einschalten!
Was zeichnet nun diesen mit 2,5 Stunden bisher längsten und düstersten Bondfilm, bei dem auch szenisch höchst selten die Sonne scheint, aus?
Natürlich zuerst einmal wieder Daniel Craig, der mit seiner trockenen, süffisanten Art unserem Ur-Bond Sean Connery immer näher kommt; allerdings ist er nicht ganz so zynisch berechnend eiskalt. Craig darf auch mal Herz zeigen und vor allem Gefühle. Das zusammen mit der Eigenschaft des eiskalten Killers überzeugend rüberzubringen, ist schon phänomenal. Craig ist Bond 2015 - ein besserer Darsteller ist nicht vorstellbar; und wenn er jetzt pokert und seine Fangemeinde mit der Ankündigung verängstigt, eventuell aufzuhören, aber wenn die Gage stimme, er nur fürs Geld (!) doch weitermachen würde, dann betrachten wir das unter dem abgewandelten Bondtitel 80 Millionen sind nicht genug und zeigen Optimismus, auch wenn eine seine bisherige Gage ja schon ziemlich unverschämt hoch ist. Der Markt wird es richten oder ihn vernichten, schauen wir mal, was wird.
 
Man hat mit Regisseur Sam Mendes und den besten Drehbuchschreibern unserer Zeit (John Logan, Robert Wade, Neal Purvis) natürlich wieder einen Glücksgriff getan. Mendes ist nicht nur überzeugter Bond-Fan, sondern kennt auch die alten Filme exzellent, wobei er bei den vielen Zitaten und Anspielungen natürlich auch das gehöriger Maß an Respekt zeigt, hier nicht nur zu kopieren, sondern alles augenzwinkernd zeitgemäß wieder aufleben zu lassen. Das ist große, ganz große Filmkunst. Auch stimmen die Proportionen; das Verhältnis zwischen Action und ruhigen Bildern ist gelungen. Wobei, wie schon im grandiosen Skyfall, diverse Kult-Filmszenen aus Nicht-Bondfilmen in Erinnerung gerufen werden. Es ist also auch ein cineastisches Feuerwerk für Filmkenner. Lassen Sie sich überraschen...
Unbestritten gehört Christoph Waltz zu den genialen Bösewichten unserer Zeit. Nach den in die Filmgeschichte eingegangen kriminellen Granden, wie pars pro toto Gert Fröbe, Donald Pleasance, Telly Savalas, Christopher Lee, Curd Jürgens, Javier Bardem oder Claus Maria Brandauer zeigt Waltz mühelos deren Größe und vor allem, daß weniger mehr sein kann. Daß er direkt den erfolgreichen Tarantino-Filmen entsprungen zu sein scheint, schadet nicht. Genauso lieben wir ihn. Der Oscar für die beste Nebenrolle sollte in greifbarer Nähe sein.
Die klassischen dummen Bettlaken-Bond-Girls, die man in älteren Bondfilmen ja noch als Gespielinnen bezeichnete, haben ja gottdseidank schon seit Jahren ausgedient und abgedankt. Heute dürfen Frauen sogar fast gleichberechtigt neben dem edlen Helden agieren, als Racheengel zum Beispiel; zwar in Spectre nicht ganz so dramatisch in Szene gesetzt wie einst Olga Kurylenko in Ein Quantum Trost (2008), doch Lea Seydoux bzw. Monica Bellucci sind schon bemerkenswerte Charakterdarstellerinnen erster Güte.


© MGM / Sony
 
Fazit: Wer glaubte (wie der Rezensent), daß es nach dem Nonplusultra eines Bondfilms, nämlich dem herausragendes Epos Skyfall, eigentlich nicht mehr auf so hohem Niveau weitergehen könne, wird eines besseren belehrt. Ich kann mir keinen durchaus auch anspruchsvoller unterhaltsamen Bond-Film vorstellen, als diesen neuen Bond 2015. Wahrscheinlich wird der Film die Rekordzahlen des letzten Streifens noch übertreffen. Hier im Raum Düsseldorf ist für die erste Woche nur noch schwerlich eine Kinokarte zu bekommen. Wann gab es das früher. Das war ein gelungener Film, der den Zuschauer durchaus stellenweise durch-„schüttelt“ und auch mal an-„rührt“. Bond vom Feinsten.
 
Deutscher TRAILER
und als besondere Link-Zugabe für die Fans:
 
Redaktion: Frank Becker