Bestsellerfressen

„Der ökologische Jesus“ von Franz Alt

von Wolfgang Nitschke

Wolfgang Nitschke - © Manfred Linke / laif
Der Mann mit dem Urknall
 
„Der ökologische Jesus“
von Franz Alt
 
 
Meine Damen und Herren!
Die Welt ist schlecht, und der Mensch irrer, als ich dachte. Raten Se mal, wie oft Franz Alt in seinen neusten Hammer „Der ökologische Jesus“ das Wort „Jesus“ bzw. „Der ökologische Jesus“ rein­gehämmert hat? Hä? Genau! 756mal! (Gut, möglich, daß ich sogar ein paar „Jesusse“ übersehen habe).
Außerdem 34mal „Der junge Mann aus Nazareth“ und ab und an Abarten vom „jungen Mann aus Nazareth“ wie z.B.: „Der Heiler aus Nazareth“, „der Rebell aus Nazareth“, „der Brandstifter aus Nazareth“ und „der Pazifist aus Nazareth“, „Jesus, der Tier­freund aus Nazareth“, „Jesus, der Blumenfreund aus Naza­reth“ und „Jesus, der ökologische Menschenfreund aus Na­zareth“ „Jesus, der Frauenschwarm aus Nazareth“, „der Liebesarbeiter aus Nazareth“, „der Gütige aus Nazareth“ & „Jesus, der spirituelle Weltmeister und geistige Ökobauer aus Nazareth“.
Glaubste, ich bin bald blöd geworden!

Aber es ist, bei Gott, nicht diese unflätige, wundersame Jesusvermeh­rung allein, die einen kirre macht. Es sind die Folgen der humanitären Einsätze, die er gegen den Satzbau fliegt. Und es ist der in all seinen Gedankensimulationen spürbare erdgeschichtliche Urknall, der sich bei Franz Alt zu einer akuten Riesenmeise gemausert hat:
„Wir leben im Fruchtwasser der kosmischen Gnade“, schreibt er und ich dachte: Das ist nicht wahr! Doch Franz gibt kein Pardon und pullert weiter auf's Papier:
„Dieses Bild zu meditieren (!), bewirkt in uns eine tiefe Fröh­lichkeit und eine liebende Lebendigkeit.“
„Tiefe Fröhlichkeit“ und „liebende Lebendigkeit!“ Ich mein', ich hab es meditiert und mir is nix passiert. Abba, vielleicht hab ich ja auch was falsch gemacht?
Nur: Ob falsch oder richtig, Weiz oder Säcker, Fitze –Fatze, Hokus – Pokus, Lari oder Fari – alles ist möglich, auf jeden Fall Jacke wie Hose:
„Wer sagt uns, daß Bewußtsein nur im Menschen möglich ist? Leben wir nicht vielmehr zusammen mit Pflanzen und Tieren in einem intelligenten Kosmos?“
Nun, jede überlastete Rote Waldameise ruft jetzt natürlich: Moment, dat seh ich aber anders! Doch auch Altpapier ist geduldig, und so sondert der heilige Franz unbeirrt sein nächstes Schwerdenkersekret ab:
„Kann es - zum Beispiel - nicht auch sein, daß die Sonne denken kann und ein Bewußtsein hat?“
Okay, hier muß die Antwort freilich lauten: Na klar!. Denn wo sollte sonst ein Sonnenstich von solch galaktischen Ausmaßen herkommen?!
Meine Damen und Herren,
Sie werden vielleicht einwenden: „Grüne Marsmänner, schön und gut - was hab ich damit am Hut?“ Kann ich Ihnen sagen: Mehr als Ihnen lieb ist! Franz Alt wäre nicht Franz Alt, das paranoide, asbach-grüne Rum­pelstielzchen, hätte er nicht die Idee zur Rettung der morschen Welt in seiner der Schublade. Und so spricht der forsche Bio-Franz:
„Überall auf der Welt fragen aufgewachte und nachdenklich gewordene Menschen:“ Wadda hadde dudde da?
Nee, komm, dat war jetzt Quatsch. Also: Überall fragen diese aufge­wachten Menschen: „Was kann ich tun? Nun, wenn jeder und jede anfängt, vor der eigenen Haustüre zu kehren, dann wird die ganze Welt sauber.“
Meine Damen und Herren!
Wenn Sie nach allem nun glauben, es reiche zu sagen: „Ach komm, der tickt eben nicht ganz sauber!“, dann haben Sie eventuell den Ernst der Lage noch nicht so voll begriffen ... wie Franz Alt. Meine Damen und Herren! Auch Sie werden möglicherweise mal krank. Kann ja sein. Dazu Franz Alt:
„Der ökologische Jesus war auch ein vorbildlicher Ökonom. Was ist ökonomischer und ökologischer, als einem kranken Menschen zu sagen: ‚Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause!‘ “

Nachtrag:
„Nach 2000 Jahren wissen die wenigsten Christen, was der ökologische Jesus wirklich über die Liebe und Lust, über Männer und Frauen, über Freund und Feind, über Kinder und Tiere, über Essen und Trinken, über Säen und Ernten, über Nahrung und Natur, über Kamele und Sperlinge (?!), Henne und Hahn, Esel und Engel, Wurm und Wolf, Tod und Teufel und über Perlen, die man nicht vor die Säue werfen soll, gesagt und gedacht hat.“ Hm, vor allem gedacht hat.
Und jetzt noch Franz zu ‘nem ganz an’ern Thema:
„Auch in Österreich war es bis vor kurzem für einen Jung­bauern schwierig, eine Frau zu finden. Doch heute ist es für viele Studentinnen in der Stadt besonders chic, aufs Land zu ziehen und einen Ökobauern zu heiraten. Frauen lieben Zukunftsmänner.“ Und Ökobauern spritzen auch nicht.
Aber auch zur Scheidung und Gewalt hat der multi-thematische Alt was zu kamellen:
„Seit langem ist bekannt, daß in Familien, in denen gebetet wird, weniger Gewalt herrscht. Paare, die meditieren, werden auch weniger häufig geschieden.“ Ja, schade eigentlich.
Franz Alt – zum Letzten:
„Die Biene braucht die Blume, die Blume braucht die Biene. Und wir Menschen brauchen beide.“
Ob die Menschen unbedingt die Blume und die Biene brauchen, käme noch auf’n Versuch an. Todsicher aber ist sowohl die Blume als auch irgend so ’ne Biene nicht im Leben auf den Franz angewiesen.

Jun. 1999