Banal

„Im Rausch der Sterne“ (Burnt) von John Wells

von Renate Wagner

Im Rausch der Sterne
(Burnt - USA 2015) 

Regie: John Wells
Mit: Bradley Cooper, Sienna Miller, Daniel Brühl, Emma Thompson,
Uma Thurman, Alicia Vikander, Omar Sy u.a.
 
 
Es gäbe nicht so unendlich viele Koch-Shows auf allen Fernsehsendern und immer wieder Filme, in denen Köche im Mittelpunkt stehen, wenn es dafür kein Publikum gäbe. Es ist ja auch reizvoll, dabei zuzusehen, wie schöne, frische Zutaten eingekauft werden, wie man diese putzt und zerteilt und in die Töpfe und Pfannen wirft, wie es köchelt… man meint zu riechen, wie köstlich das duftet. Freilich, wenn dann die Teller angerichtet werden, „neue Küche“ mit wenig drauf und viel Dekoration (als ob diese wichtiger wäre als die Speisen), da reduziert sich die Freude am indirekten Essen schon ein wenig – und das ist nicht der einzige Mangel dieses Films.
Die Welt der Haute Cuisine ist, wie man weiß, eine besonders affektierte. Da haben die Männer die Frauen von ihrem, wie es früher mal so war, „angestammten“ Platz in der Küche verdrängt, um sich als Chefs und Stars aufzuspielen. Da wird ein Mordstheater um Rezepte, Geschmacksnuancen und natürlich um die „Sterne“ gemacht, die die umworbenen, anonym auftauchenden Restaurantkritiker zu verleihen haben. Nun, einem Teil der Menschheit ist offenbar nicht nur das Essen wichtig, sondern auch das Drumherum.
Bradley Cooper ist ein glänzender Schauspieler, aber als „Meisterkoch“ Adam Jones zeigt er wenig mehr als Hysterie und Affektation. Er benimmt sich unmöglich, und alle nehmen es hin, weil er eben solch ein „Genie“ ist. Nach Niederlagen in Paris (weil er auch seine Mitarbeiter wie Dreck zu behandeln pflegt, was auch gelegentlich auf ihn zurückfällt) ist er wieder im heimatlichen London. Restaurantchef Toni will eigentlich nichts mit ihm zu tun haben, läßt sich aber von ihm überfahren: Wieder einmal eine sehr schöne Rolle für Daniel Brühl, der für verkorkste Charaktere so ideal ist und hier auch noch verschämte homosexuelle Lust-Augen auf Adam wirft.
Der ist allerdings ein Homme à femmes und wundert sich, daß Meisterköchin Helene (Sienna Miller) ihm nicht gleich um den Hals fällt, nachdem er sie zuerst nach allen Regeln der Kunst gedemütigt hat. So wie früher auch Michel (Omar Sy), der zwar wieder für ihn arbeitet, aber auf die Stunde der Rache wartet.
Adam, einst drogensüchtig, bekommt seinen Job nur, wenn er gelegentlich bei der Psychiaterin auftaucht: eine schöne Rolle für Emma Thompson und ihren souveränen britischen Humor. Kurzfristig taucht auch Uma Thurman als zickige Restaurantkritikerin auf. Und ebenso kurzfristig die reizvolle Alicia Vikander als Ex-Geliebte. Regisseur John Wells (sonst eher als Produzent von Fernseh-Blockbustern wie „E.R.“ bekannt) hat zwar eine starke Besetzung – ein starker Film wird nicht daraus.
Denn inhaltlich gibt es nicht mehr als die Kalamitäten mit Adams unliebenswürdigem Charakter und die Hetzjagd nach den „Sternen“. Da sind die Szenen in der Küche, wo es nicht nur vor Hitze, sondern vor Stress dampft – und wer mehr erwartet, wird enttäuscht.
Im übrigen hat dieser Film einige seltsame Szenen. Da macht ein Meisterkoch dem anderen eine Eierspeise zum Frühstück – und rührt mit der Gabel in der Pfanne herum. Hat man uns nicht beigebracht, daß man nie mit Besteck in Pfannen langen darf, weil man unweigerlich die Beschichtung zerkratzt? Aber besonders schlimm und eigentlich unappetitlich wird es, wenn die Köche rundum von einem Kochlöffel kosten – und diesen, vielfach abgeschleckt, dann wieder in die Töpfe stecken. Da möchte man doch nicht der Kunde sein, der diese Sammlung von unappetitlichen Bakterien auf den Teller bekommt…
 
Ja, und wenn es sonst nur darum geht, daß ein Idiot sich aufführt wie eine Primadonna und damit durchkommt, dann muß man für dergleichen Banalität auch Sinn haben – oder man läßt den Film ganz.
 
Renate Wagner