Vor 100 Jahren fiel der Blaue Reiter bei Verdun

Franz Marc - Wegbereiter der expressionistischen Malerei in Deutschland

von Andreas Rehnolt

Franz Marc, Die großen blauen Pferde, 1911

Vor 100 Jahren fiel der Blaue Reiter bei Verdun
 
Der Maler, Zeichner und Grafiker Franz Marc wurde zum Wegbereiter
der expressionistischen Malerei in Deutschland
 
Am 4. März 1916 fiel der Maler, Zeichner und Grafiker Franz Marc bei einem Kundschaftsritt auf dem Schlachtfeld bei Verdun. Der Wegbereiter der expressionistischen Malerei in Deutschland hat den Ersten Weltkrieg dennoch überlebt - in seinen Bildern. Weltberühmt seine ab 1911 entstandenen Tierbilder, die von großen Farbflächen dominiert werden, bei denen er fauvistische und kubistische Formen kombinierte und so eine eigenwillige Bildsprache entwickelte. Marc bleibt auch im Gedächtnis als einer der Begründer der legendären Künstlergruppe „Blaue Reiter“. Sein Malerfreund Wassily Kandinsky erklärte den Namen einmal so: „Beide liebten wir Blau. Marc - Pferde, ich - Reiter. So kam der Name von selbst.“ 
 
Marc wurde am 8. Februar 1880 in München geboren. Lange Zeit wußte er nicht, ob er Theologie, Philologie oder Malerei studieren sollte. Erst 20 Jahre später, während des Militärdienstes, entschied er sich für die Kunst. Das Studium brach er ab, weil er 1903 während einer Parisreise die Impressionisten für sich entdeckte. Fortan bildete er sich autodidaktisch weiter. Drei Jahre später begann Marc während eines Sommeraufenthaltes in Kochel am See Pferde, Schafe, Rehe, seinen Hund und andere Tiere zu studieren und zu malen. Er bot danach in Berlin sogar zeitweilig tieranatomische Zeichenkurse an, um etwas Geld zu verdienen. 
Marc gilt bis heute als der bekannteste Tiermaler der Moderne. Das Prädikat verharmlost allerdings, was Kandinsky später so beschrieb: „Alles in der Natur zog in an, aber vor allem doch die Tiere. Was ihn anzog war das organische Ganze, also die Natur im Allgemeinen“, erklärte er und fügte an, daß Marc sich „niemals in Details verloren“ habe. Marc selbst betonte mehrfach, seine Ziele würden „nicht in der Linie besonderer Tiermalerei.“ 1910, nachdem er die Farb- und Kompositionskunst von Kandinsky entdeckte und schließlich seine Begegnung und Freundschaft mit August Macke im gleichen Jahr, gab es eine entscheidende Wende in seinem Werk.
 
Unzufrieden mit seinen großformatigen Kompositionen von Pferden auf der Weide zerstörte er diese Bilder und fand in seinen neuen Werken eine Großzügigkeit der Formen und eine Reinheit und Leuchtkraft der unnatürlichen Farben, die die Körper insgesamt erfaßten. „Pferde. Die Formen alle ungeheurer stark und klar, damit sie die Farben aushalten“, schrieb er selbst darüber, als er mit dieser Malerei in der Moderne angekommen war. 1912 veröffentlichte er auch einen Holzschnitt zu einem Gedicht der expressionistischen Lyrikerin Else Lasker-Schüler. Mit ihr als „Gleichgesinnter“ korrespondierte Marc lange. Beide schickten sich selbstgemalte Postkarten.


Franz Marc, Tirol, 1914
 
1914 meldete sich Marc freiwillig zum Kriegsdienst, war anfangs wie viele anderer Künstler geradezu euphorisch. Die Begeisterung verlor sich angesichts des grauenhaften Sterbens um ihn herum schnell. Der Tod seines Freundes Macke im September 1914, ebenfalls als Soldat im Krieg mit Frankreich, bedrückt ihn stark. Ab 1914 entstanden schließlich Marcs erste abstrakte Gemälde, nachdem er in Berlin Kontakt zu den Malern der Künstlergruppe „Die Brücke“ fand. Ein Schlüsselgemälde sicherlich das erstmals ein Jahr zuvor entstandene futuristische Bild „Tirol“, in das er nun die Madonna mit Kind auf der Mondsichel im Zentrum des Gemäldes hinzufügte und das dadurch eine eindeutig religiöse Komponente erhält.  
Alle Elemente einer bedrohlichen Landschaft sind da. Flach geduckte Bauernhöfe am Fuße einer mächtigen Bergwand. Ein verkohlter Baum im Vordergrund wirkt wie eine Sense aus der Apokalypse. Keine Lebewesen, stattdessen droht blutrot eine riesige Sonne. Im Krieg an der Front fertige Marc vor allem Skizzen, die ihm für später geplante Bilder Vorlagen sein sollten. Ein Skizzenbuch mit 36 Bleistift-Zeichnungen blieb erhalten. Eine der Skizzen trägt den Titel „Aus den Schöpfungstagen“, eine andere heißt „Streit“. Im Februar 1916 sah es so aus, daß Marc vorzeitig aus dem Krieg entlassen werden würde. Doch bevor es soweit kam, wurde er bei einem Kundschaftsritt durch Splitter einer in der Nähe detonierenden Granate getötet.
 
Sein Grab befindet sich in Kochel am See. Dort gibt es seit 2009 auch ein Franz Marc Museum. Aus Anlaß des 100. Todestages feiert dieses Museum die Erinnerung an den Maler ab dem 6. März mit einer Ausstellungstrilogie unter dem Motto: „Zwischen Utopie und Apokalypse“. Die erste der drei Schauen ist bis zum 5. Juni vorgesehen und trägt den Titel „Das arme Land Tirol“. 
 
Das Franz Marc Museum in Kochel am See ist bis Ende März dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, ab April von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Kontakt: Franz Marc Museum - Franz-Marc-Park 8-10 - 82431 Kochel am See - Tel: 08851 - 92488-0
 

Redaktion: Frank Becker