Des Osterhasen Burnout

von Andreas Greve

Andreas Greve pinx.


Des Osterhasen Burnout
 
Die meisten meinen unbedacht,
daß unser Osterhase lacht,
weil ihm die Arbeit Freude macht.
Die Wahrheit ist jedoch wie immer
ganz eine andre und auch schlimmer.
 
Nichts könnt’ der Has’ sich besser denken,
als daß ihm andre etwas schenken.
Sein Los auf Erden ist hingegen
für andre Eier auszulegen.
Das ganze Jahr wird ihm versaut,
der Stress hängt ihm in Haar und Haut.
Rein faktisch fühlt er niemals Ruh.
Herr Hase fragt: Warum? Wozu?
 
Des Übels Grund ist seine Psyche –
auf Hasendeutsch: die Seelenküche.
Die Angst vor dem, was ihm schon schwant,
die Art und Weise wie er plant,
das Unvermögen durchzuführen,
was er zuvor und unter Schwüren,
Elan und Energie beschloß ...
Herr Hase ist sein eigener Boss,
doch was ihm abgeht, ist „vollstrecken“
und nicht nur Pläne auszuhecken.
Dem Hasen ist es nicht gegeben,
das Leben wirklich auszuleben:
 
Was andre spielend schnell verrichten
und so den Wald der Pflichten lichten,
zieht er noch künstlich in die Länge;
er suhlt sich fast im Sumpf der Zwänge.
Dem Hasen selbst bleibt’s rätselhaft,
wie er es trotzdem immer schafft,
daß Ostern da doch Eier liegen –
wenn auch auf Brechen und auf Biegen.
 
Ist dann das letzte Ei gebracht,
kann’s schon passieren, daß er lacht,
weil er für Tage dann vergißt,
was für ihn Joch und Folter ist.
In diesen Tagen sehn wir ihn
beschwingt durch die Gemeinde ziehn,
gefüllt mit Stolz und Knickebein
läßt er dann Ostern Ostern sein.
Die Trübsal ist wie weggeblasen,
nun glaubt er selbst an sich als Hasen.

 
Andreas Greve