Der modernen Oper ein Denkmal gesetzt

Digital gereinigte und neu überarbeitete Wiederauflage der legendären Hamburger „Wozzek“-Produktion der Hamburgischen Staatsoper von 1970

von Peter Bilsing

Der modernen Oper ein Denkmal gesetzt

Digital gereinigte und neu überarbeitete Wiederauflage der legendären Hamburger „Wozzek“-Produktion der Hamburgischen Staatsoper von 1970

Mittlerweile schon acht in die Annalen des Musiktheaters eingegangene Aufnahmen der Hamburgischen Staatsoper aus den 60er und 70er Jahren gibt es mittlerweile bei ARTHAUS. Manches wirkt im digitalen HD-Zeitalter etwas altbacken. Doch bis heute unerreicht, weil zeit- und stillose Kunst, ist die legendäre Opernverfilmung von Rolf Liebermanns „Wozzek“ mit dem ungeheuerlich überzeugenden Toni Blankenheim in der Hauptrolle. Blankenheims Charakterstudie ist von geradezu erschütternder Überzeugungskraft. Nie wieder hat jemand diese leidende Kreatur, den geschunden Menschen Woyzeck so ergreifend gesungen und gespielt.

Eine Aufnahme, die bis in die kleinste Partie exzellent besetzt ist: Namen wie Richard Cassilly, Peter Haage, Gerhard Unger, Hans Sotin, Kurt Moll, Franz Grundheber, Kurt Marschner und Sena Jurinac sind allesamt mittlerweile als Opernlegenden in Erinnerung.

Dieser Opernfilm, der teilweise auf einem süddeutschen Schloß gedreht wurde, ist nebenbei einer der ersten Opernfarbfilme, welcher damals, im Jahre 1970, für den NDR entstanden ist. Die vorzügliche Kameraarbeit von Joachim Hess in der musikalischen Gesamtregie von Rolf Liebermann ist auch heute noch mehr als sehenswert und müßte auch und insbesondere für junge Opernregisseure zum Pflichtunterricht gehören.

Daß ein in damaliger Fernsehqualität gedrehtes Opus natürlich in technischer Hinsicht heute keinen mehr vom Stuhl reißt, ist klar. Der Silberling ist aber zumindest gesangstechnisch für alle späteren Inszenierungen immer noch Referenzklasse. Obwohl man die Aufnahme digital überarbeitet hat, was vor allem dem klaren, fast rauschfreien Ton zugute kommt, kann das Bild (vor allem auf heutigen Großfernsehern) nicht mehr überzeugen. Hier würde es sich wahrscheinlich lohnen, den alten Nordmende-Fernseher zu reaktivieren.

Und so schrieb Rolf Liebermann völlig zurecht in seinen Memoiren: „Von allen Opernfilmen, an denen ich beteiligt war, ist mir der Wozzeck am liebsten, hauptsächlich wegen der überzeugenden Echtheit der Interpreten und des Schauplatzes.“ Dies ist in jeder Beziehung auf diesem Dokument großer Opernkunst immer noch nachvollziehbar und damit ist diese DVD nicht nur für Alban Berg- Fans, sondern eigentlich für alle Opernfreunde ein absolutes Muß. Das Gesicht des Toni Blankenheim als Wozzeck bleibt einem noch lange in Erinnerung. Leider hat die Scheibe sonst kein Zusatzmaterial, was ich sehr bedauerlich finde, wenn man sich schon diese Riesenarbeit macht.
Beispielbild

Wozzek von Alban Berg

© 2007 Arthaus-Musik

Dirigent:   Bruno Maderna
Aufnahmedatum:   1970

Produktion der Hamburger Staatsoper

Laufzeit:   106 min
Bildformat:   4:3 Colour
Soundformat:   Mono
Region Code:   0
Veröffentlichung:   2007
Sprache:   D
Menü Sprachen NTSC: D, F, GB, SP
Untertitel Sprachen NTSC: D, F, GB, I, SP
Katalognummer NTSC: 101 277


Weitere Informationen:
www.arthaus.de