Atemlos

Joscho Stephan Trio meets Matthias Stucken – „Gypsy Vibes“

von Frank Becker

Atemlos
 
Die deutsche Gypsy-Jazz-Szene ist reich an hervorragenden Musikern, großartigen Gitarristen, die mit allem Recht das Erbe Django Reinhardts beanspruchen können. Einer der besten unter ihnen ist Joscho Stephan – den Jazzfreunden unter unseren Lesern durch einige Berichte über seine Musik und seine nahezu unfaßbaren Grifftechniken sicher schon bekannt. Er ist ein Virtuose des Zigeunerjazz, der immer neugierig auf Begegnungen ist. Für ein ganz besonderes Album sind er und seine bewährten Sidemen Günter Stephan an der Rhythmusgitarre und Volker Kamp am Kontrabaß mit dem Vibraphonisten Matthias Strucken zusammengetroffen, der sich nicht zuletzt durch sein „Milt Jackson Project“ an die Spitze der deutschen Jazz-Vibraphonisten gespielt hat. Gemeinsam haben sie sich auf die Spuren Reinhardts und Jacksons begeben.
Ein geradezu artistischer, atemloser Wirbel von Joscho Stephans Fingern auf den straff gespannten D´Arrio Gitarrensaiten und der Klöppel Matthias Struckens auf seinem DL Mallets Vibraphon von Lenninger eröffnet mit Duke Ellingtons „It don´t mean a thing“ ein Album, das keine Wünsche offen läßt. Der Schmelz von Cannonball Adderleys „Things are getting better“ geht intensiv unter die Haut – Gypsy-Swing vom allerfeinsten, gefolgt vom brillanten, frühlingshaft gut gelaunten „Linea Blanca“ aus Joscho Stephans Feder. Eine tiefe Verneigung vor Django Reinhardt und Milt Jackson ist das elegante „Seul ce soir“, bevor der Zug mit Jimmy Giuffres „Four Brothers“ wieder schnelle Fahrt aufnimmt. Eine ganz feine Interpretation dieses Klassikers.

Matthias Strucken hat eine „Swingende Liebeserklärung“ beigesteuert, die an den Swing der frühen „Amiga“-Schallplatten erinnert. Da kann man fast nicht still sitzen bleiben. Als Rumba haben die beiden Ausnahmekünstler Cole Porters „Night and Day“ arrangiert, das ebenso stimmungsvoll anschließt. Fröhlich folgt Stephans „Brazen Waltz“. Matthias Strucken wird dem Altmeister Milt Jackson mit dessen „Bag´s Groove“ mehr als gerecht, Volker Kamp am Kontrabaß und Joscho Stephan reihen sich auf Augenhöhe ein. Auch das wieder ein kleines Meisterstück. Der von Joscho Stephan mit traumhaften Läufen zur Delikatesse gemachte „September Song“ von Kurt Weill, in dessen konsequent ruhigen Rhythmus (Günter Stephan) Joscho sanft einfällt, gehört zu den schönsten Stücken dieses rundum gelungenen Albums.
„Three Little Words“ von Harry Ruby weckt auch ein wenig die Erinnerung an den großen Les Paul, bevor „Django“, der Klassiker des MJQ von John Lewis schlechthin das wunderbare Dutzend butterweich rundet.
Rasantes Tempo und unvergleichlicher Schmelz, Gitarre und Vibraphon gehen hier eine traumhafte Einheit ein, die glückliche Hörer hinterläßt. Ein phantastisches Album, das unsere Auszeichnung, den Musenkuß erhält.
 
Joscho Stephan Trio meets Matthias Stucken – „Gypsy Vibes“
© + (P) 2016 MGL Musik Produktion / Time Zone Records
Joscho Stephan (solo guitar) – Matthias Strucken (vibes) – Günter Stephan (rhythm guitar) – Volker Kamp (double bass)
 
Titel
1. It don´t mean a thing - 2. Things are getting better - 3. Linea Blanca - 4. Seul Ce Soir - 5. Four Brothers - 6. Swingende Liebeserklärung - 7. Night and Day - 8. Brazen Waltz - 9. Bag´s Groove - 10. September Song - 11. Three little Words - 12. Django
Gesamtzeit:  46:21