Bach & Co. in moderner Verpackung
Auf ihrem neuen Album will Marina Baranova
Alte Musik in die Gegenwart holen Eine CD sollte man nicht immer nach der Verpackung beurteilen. Wer das tut, wird von Marina Baranovas neuem Album enttäuscht sein. In den letzten Jahren lernte das Publikum die 35-jährige Pianistin als originelle Grenzgängerin zwischen Klassik und Weltmusik kennen.
Auf Cover und Booklet von „Hypersuites“ mutiert die deutsch-ukrainische Musikerin nun zum Paradiesvogel. Die Aufmachung mit wildem Lockenkopf und blau-grünem Federnkostüm schreit förmlich nach extravaganten bis exzentrischen Klängen.
Läßt man diese Inszenierung beiseite, kommt ziemlich konventionelle Musik zum Vorschein. Ihre „Hypersuiten“ – Baranova spricht von „akustischen Remixen barocker Meister“ – widmen sich jeweils Bach, Händel, Couperin und Rameau. Deren Werke hat sie auf einem modernen Konzertflügel eingespielt. Ihr Anschlag ist leicht, ihr Spiel technisch einwandfrei.
Von „virtuoser Barockmusik des 21. Jahrhunderts“, wie Baranovas Plattenfirma behauptet, kann freilich keine Rede sein. Bei Stücken wie Couperins „La Muse“ und Rameaus „Courante“ improvisiert die Pianistin über jazzigen Harmonien. Nach diesen kurzen Ausflügen kehrt sie aber schnell zur klassischen Spielweise zurück.
Die Interpretation von Wilhelm Kempffs Bach-Bearbeitungen und der Rückgriff auf Liszts Kompositionstechniken (in Couperins „Muséte de Taverni“) wirken da geradezu nostalgisch. Wobei der Blick zurück auch seine schönen Seiten offenbart. Wunderbar sanglich und einfühlsam kommt Bachs „Schafe können sicher weiden“ daher. In der „Sarabande“ springt die Pianistin munter von Händel zu Rachmaninow und Grieg.
Voll und ganz nach 21. Jahrhundert klingt nur der „Bonustrack“ des Albums: ein elektronischer Remix von Couperins „La Poule“. Der Musiker Hauschka alias Volker Bertelmann greift hier Baranovas Interpretation auf, versetzt sie mit den perkussiven Sounds seines präparierten Klaviers und schrägen Effekten.
Wie würde „Hypersuites“ wohl klingen, wenn Marina Baranova Hauschka und anderen Remixern freie Hand gelassen hätte? Zur Verpackung hätte es jedenfalls besser gepaßt. So aber wirkt das Album, als wollte die Musikerin gleichzeitig Klassikliebhabern als auch Fans von Pop und Elektronik gefallen. Ein Konzept, das nicht wirklich überzeugt.
Marina Baranova – „Hypersuites“
(P) + © 2016 Berlin Classics
Titel:
Hypersuite Couperin
01 Le Tic-Toc-Choc
02 Les Barricades Mystérieuses
03 La Muse Plantine
04 Le Carillon de Cithére
05 Muséte de Taverni
Hypersuite Bach
06 Präludium h-moll, BVW 855
07 Choral „Schafe können sicher weiden“, BVW 208
08 Siciliano (aus der Sonata Es-Dur, BVW 1031)
09 Choral „Nun freut euch, lieben Christen g'mein“, BVW 734
Hypersuite Couperin
10 Les Sauvages
11 La Poule
12 Courante
13 Le Rappel des Oiseaux
14 Tambourin
Hypersuite Händel
15 Präludium (aus der Suite d-Moll, HVW 437)
16 Allemande
17 Courante
18 Sarabande und Variationen auf „La Folia“
19 Gigue
Remix von Hauschka
20 La Poule
Gesamtzeit: 55:34
Weitere Informationen unter: www.berlin-classics-music.com - www.marinabaranova.net
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