Leichen pflastern seinen Weg

James Lee Burke – „Neonregen“

von Frank Becker

Leichen pflastern seinen Weg
 
Neonregen“ (The Neon Rain), der legendäre erste Band der Dave-Robicheaux-Reihe von James Lee Burke, zieht den Erst-Leser unaufhaltsam in den kriminellen Maelstrom des gefährlich heißen New Orleans vor Katrina. Wenn ich vor einiger Zeit an dieser Stelle Burkes Roman „Sturm über New Orleans“, der ja bereits der 16. der Robicheaux-Reihe ist, als „harboiled“ bezeichnet habe, muß ich konstatieren, daß der Start der rabenschwarzen Serie noch einen tic härter ausfiel. Burke stellt seinen Serienhelden, einen von Alpträumen un Erinnerungen an My Lai gequälten Vietnamkriegs-Veteranen und Detective-Lieutenant der Polizei von New Orleans als kompromißlosen Haudrauf vor, der weder mit sich noch anderen und auch nicht mit dem Einsatz von Schußwaffen zimperlich umgeht. Wie auch, herrscht doch das Gesetz des Schnelleren, des Stärkeren. Es ist ein brutaler Roman, dessen Lektüre – und das sage ich selten, hier aber mit Überzeugung – Jugendlichen nicht zugänglich sein sollte. Nichtsdestoweniger ist es ein brillanter Krimi, ein echter Klassiker.
 
Der seit vier Jahren „trockene“ Lt. Dave Robicheaux hat im brodelnden New Orleans beileibe nicht nur Freunde. Aber welcher harte und vor allem ehrliche Cop hat die schon? Doch als er sich den Fall einer angeblich ertrunkenen jungen Schwarzen zu eigen macht und zu der Auffassung gelangt, daß es wohl doch Mord war, stößt er auf einen Sumpf von Korruption und Mord, macht sich viele rücksichtslose, brutale Feinde in der Grauzone zwischen Geldwäsche, Drogenschmuggel und Waffendeals, sticht in ein Wespennest aus Gangstern, Geheimdiensten und konkurrierenden Ermittlungsbehörden – und steht nicht nur einmal mit einem Fuß im Grab. Seine Gegner gehen über Leichen, wenn es sein muß auch über die von unbequemen Ermittlern.
 
James Lee Burkes knallharte Story mit Figuren, die er so genau zeichnet, daß man sie vor sich sieht, verschmilzt alle Elemente eines außergewöhnlich spannenden Krimis mit einer beinahe lyrisch-poetischen Liebeserklärung an Landschaften und Menschen des Bayou. Burke skizziert Robicheaux als einen echt harten Cajun mit weichem Herzen, der sogar zur Liebe fähig ist, wenn die Richtige kommt, aber auch völlig wehrlos, als ihn der Alkohol wieder erwischt. Dazu ist er ein genauer Beobachter der amerikanischen Verhältnisse im Süden der Vereinigten Staaten, der das fortdauernde Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich, Schwarz und Weiß, Macht und Ohnmacht, das politische Kalkül der Staatsanwaltschaften mit klaren Worten beschreibt. Scheinbar unverbrüchliche Freundschaften kommen auf den Prüfstand, Robicheaux selbst muß da durch, und er schafft es dank einer tollen Frau und eines aufrichtigen Vorgesetzten. Daß nicht nur manch ein Schurke bis zur Lösung des Falles ins Gras beißt, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
 
James Lee Burke – „Neonregen“
Krimi (Überarbeitete Neuausgabe)
Aus dem Amerikanischen von Hans H. Harbort
© 2016 Pendragon Verlag, 422 Seiten, Paperback, Klappenbroschur  -  ISBN: 978-3-86532-548-8
17,- €

In der Dave-Robicheaux-Reihe sind im Pendragon Verlag erschienen:
Band 1 „Neonregen“, Band 7 „Mississippi Jam“ und Band 16 „Sturm über New Orleans“.  In den kommenden Jahren werden weitere Robicheaux-Krimis im Bielefelder Pendragon Verlag erscheinen.
 
Weitere Informationen: www.pendragon.de