Das Antlitz Brasiliens

„Marcel Gautherot“ – Hrsg. von Sergio Burgi und Samuel Titan jr.

von Frank Becker

Für die Ewigkeit
 
„Marcel Gautherot war viele Jahre lang unser Lieblingsfotograf.
Wir haben die Gebäude entworfen, er hat sie fotografiert.
Und was er für Fotos machte. Wie gekonnt er die richtigen Blickwinkel
 und die Kontraste in der Architektur traf, von der er so viel verstand!“
Oscar Niemeyer
 
Marcel Gautherot (1910-1996) hat ein immenses fotografisches Werk hinterlassen, mit dem er seiner Wahlheimat Brasilien ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat. In Paris geboren und 1939 mit 29 Jahren nach Brasilien ausgewandert, hat Gautherot Brasiliens Menschen, ihr Brauchtum, ihre Lebensumstände, die einzigartige Natur des riesigen Landes und im Kontrast dazu die klaren, kühnen Linien der Bauten des großen brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer in Bild festgehalten. Viele Jahre har er dessen Arbeit international begleitet und insbesondere in allen Phasen den Aufbau der künstlichen neuen Hauptstadt Brasilia zwischen 1956 und 1961 sowie in den Jahren der endgültigen Fertigstellung danch dokumentiert.

Im infrastrukturlosen Niemandsland Zentralbrasiliens wurde auf dem Reißbrett eine futuristische Metropole aus dem Nichts geschaffen, in einer bautechnischen Glanzleistung nach dem Plan Lucio Costas aus dem Boden gestampft. Verantwortlicher Architekt war Oscar Niemeyer, damals Chef des staatlichen Bauamtes. In den nur knapp fünf Jahren, in denen Brasilia gebaut wurde, begleitete Marcel Gautherot die Bauarbeiten mit der Kamera. Seine Schwarz-Weiß-Fotografien sind einzigartige Zeitdokumente eines für unmöglich gehaltenen Vorhabens.
Brasilia wurde ein Meisterwerk, ein Gesamtkunstwerk, das seit 1987 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes steht.

 
 Marcel Gautherot, Verkäuferin, Salvador 1956

 
 Marcel Gautherot, Capoeira, Salvador, um 1946
 
Der Verlag Scheidegger & Spiess legt aktuell eine umfangreiche Monographie zum Werk Gautherots vor, die im wesentlichen seinen Blick auf Brasilien und seine Menschen und seine Natur, Alltags- und Arbeitswelt von Fischern und Händlern, vom Karneval und Volksfesten – hochinteressant auch die Aufnahmen der indigenen Urbevölkerung (Assurini) der Amazonas-Region – zeigt. Die intimen Portraits der „kleinen Leute“ und Detailaufnahmen von Pflanzen Brasiliens sind von enormer Faszination. Mit besonderem Augenmerk auf Oscar Niemeyers architektonisches Schaffen, hier insbesondere in Brasilia, sind die Architekturaufnahmen überwiegend der 1950er und 1960er Jahre Dokumente für die Ewigkeit. Unter den zwischen 1934 und 1970 datierten Aufnahmen finden sich auch einige wenige aus Griechenland und Mexiko.  
Essays von Sergio Burgi, Michel Frizot, Samuel Titan jr., Jacques Leenhardt und Lorenzo Mammi führen in Marcel Gautherots Werk und seine Themen ein.

 
 Marcel Gautherot, Alvorada, Brasilia um 1959

 
Marcel Gautherot, Kongress, Brasilia um 1960
 
„Marcel Gautherot“ – Hrsg. von Sergio Burgi und Samuel Titan jr.
Monographie in Zusammenarbeit mit dem Instituto Moreira Salles, Rio de Janeiro, und dem Maison Européenne de la Photographie, Paris
© 2016 Instituto Moreira Salles / Scheidegger & Spiess, 256 Seiten, gebunden, ca. 23 x 28 cm, mit 241 Triplex-Abbildungen, davon ca. 200 ganzseitigen  – ISBN 987-3-85881-495-1
48,- € / 49,- sFr


Marcel Gautherot, Amazonas, um 1958 
 
Weitere Informationen: www.scheidegger-spiess.com