Kunst dreier Generationen

Otto Schmitt-Groß - Gregor Eisenmann - Bernd Eisenmann in der Sammlung Astwerk

von Frank Becker

Kunst dreier Generationen - Foto © Frank Becker

Kunst dreier Generationen im Gegenüber und Nebeneinander
in der Sammlung Astwerk (Friedrichstrasse 63, Wuppertal).
 
Malerei: Otto Schmitt-Groß und Gregor Eisenmann
Skulptur: Bernd Eisenmann.
 
Ohne Umschweife: Es ist mit Abstand die schönste Galerie-Ausstellung, die seit langem in der Region zu sehen war – und noch bis zum 30.11.2016 zu sehen sein wird: „Kunst dreier Generationen im Gegenüber und Nebeneinander“ in der Wuppertaler „Sammlung Astwerk“ von Dirk Arndt.
Der Maler Gregor Eisenmann (*1984) hat für die Präsentation eine Reise unternommen; eine Reise in die Vergangenheit seiner Künstlerfamilie, die ihm zugleich die eigene Gegenwart auf bewegende Weise vor Augen geführt hat. Durch die wohlüberlegte Hängung von Gemälden und Skizzen seines Großvaters Otto Schmitt-Groß (1900-1965) und eigener Arbeiten wurden ihm und werden den Betrachtern der am vergangenen Sonntag eröffneten Ausstellung seine Wurzeln auf geradezu verblüffende Weise bewußt. Linien, Ordnungen, Elemente, Symbole und Farben, die Otto Schmitt-Groß vor allem in den 1950er und 1960er Jahren eingesetzt hat, finden sich in Gregor Eisenmanns Werk wieder, wiewohl er die „Vor-Bilder“ nie gesehen hatte.
Als plastisches wie familiäres Bindeglied füllen die optisch wie haptisch erlebbaren Holz- und Marmorskulpturen Bernd Eisenmanns die Generationen-Lücke. Der Vater Gregor Eisenmanns, der an Auswahl und Aufbau der Ausstellung aktiv mitgewirkt hat, lebt und arbeitet am Bodensee. Seine dem Auge und der Hand schmeichelnden, aus natürlichen Materialien gearbeiteten Formen lösen die zwangsläufige Zweidimensionalität einer Malerei-Ausstellung geradezu ideal auf.
 

Otto Schmitt-Groß Kupferne Stunde, 1953 - Foto © Frank Becker

Die Galerie schreibt in ihrer Einladung: „Durch das Aufeinandertreffen der künstlerischen Arbeiten des Wuppertaler Künstlers Gregor Eisenmann mit den Werken des Pfälzer Malers Otto Schmitt-Groß ergreift „Gegensätzliches“ den Raum und läßt den Betrachter die künstlerische Begegnung über Generationen miterleben. „Kreuzigung“, 1960. Die Bilder des 1900 geborenen Malers Otto Schmitt-Groß sind getragen von den revolutionären Veränderungen, welche durch die klassische moderne Kunst in seinem Jahrhundert stattgefunden haben, aber auch von den dunklen Jahren bis 1945. Nach 1950 vertrat er die als absolute Malerei verstandene Kunst und stieß in seinem Schaffen in den Bereich der autonom abstrakten Malerei vor. In den letzten Jahren seines Lebens schuf er in seinen Übermalungen früherer Arbeiten eine magisch verfremdete Bildwelt. Zeichenhaft vereinfachte Motive bilden Glieder einer Ausdrucksstarken Gestaltungsfläche.


Gregor Eisenmann, Venedig - Foto © Frank Becker
 
Wenn wir uns auf das Aufeinandertreffen der Verschiedenheit einlassen und zu einer Zusammenschau finden, können wir als Betrachter in der Ausstellung durchaus Verbindungslinien erleben. Symbolhafte Bildelemente, Zeichen, fein gearbeitete Verbindungen, scharf abgegrenzte Stege und großzügige Bildordnungen finden sich auch in Gregor Eisenmanns Bildern. Die unterschiedlichen Medien, derer sich die beiden Künstler bedienen, bringen zeitbedingte Möglichkeiten mit sich. So wenden sich beide der Collage als Verfahren zu, wobei Gregor Eisenmann neue Ausdrucks und Gestaltungsmöglichkeiten entwickeln kann. In seinen Bildkompositionen werden Fragmente zu neuen Lebenswirklichkeiten zusammengetragen. Durch die malerische Bearbeitung, Verfremdung oder kompositorische Neuordnung entsteht eine neue Bildwirklichkeit, welche den Betrachter zu einer Entdeckungsreise anregen kann.


Bernd Eisenmann • Gregor Eisenmann - Foto © Frank Becker
 
Der Künstler Bernd Eisenmann, geb. 1951, steht nicht nur altersbedingt zwischen den beiden, sondern ergreift durch die Skulpturen vermittelnd den Raum. Gleichgewicht, Wärme und Kälte, Schwere und Leichtigkeit sollen unmittelbar erfahren werden, indem sie auch mit dem Berührungssinn wahrgenommen werden. Das Ertasten ermöglicht so eine neue Entdeckung des „Hier und Jetzt“ und führt uns direkt auf eine Schnittstelle zwischen Kunst und Leben. „Das Leben solle künstlerischer werden und die Kunst mehr ein allgemeines Gut“ war ein Motiv seiner langjährigen Tätigkeit als Kunstlehrer. Die Aufhebung der Grenze zwischen Leben und Kunst soll einer menschenwürdigen Wirklichkeit dienen. Seine Steine und Hölzer sind meist Fundstücke. Das heißt, zufällige Begegnungspunkte. Diesen Materialien versuche er eine Autonomie zu geben, also eine Selbständigkeit, und damit eine Abgrenzung der normalen Dingwelt gegenüber. Damit wird jede Plastik ein selbständiges, einzigartiges Gebilde. Eine neue mit dem Gefühl erfaßbare Dimension entsteht. Die Oberflächen der Plastiken sind meist mit angedrehten Flächen gestaltet, die über die Form in den Umkreis hinausweisen. Das Zusammentreffen der Flächen, die zur Ruhe gebrachte Komposition, ist das

Gregor Eisenmann - Foto © Frank Becker
bildnerische Ergebnis die Skulptur. So sind die Besucher eingeladen die Ausstellung, mit Auge und Hand in wechselseitiger Beziehung zu erfahren und neue optische und haptische Eindrücke zuzulassen.“
 
Auf zwei lichten Etagen der Galerie werden die Arbeiten dieser drei bluts- bzw. auch seelenverwandten Männer im harmonischen, ja homogenen Miteinander gezeigt. Die von außen auch durch Schaufenster einsehbare Galerie erweist sich dabei als idealer Ort, der den unmittelbaren Vergleich des abgeschlossenen Werks von Otto Schmitt-Groß mit dem seines Stief-Enkels Gregor Eisenmann ermöglicht. Bemerkenswert, daß sich Gregor Eisenmann wie Schmitt-Groß, Zeitgenosse des Informel der 50er Jahre, der deutlich Einflüsse von Georg Meistermann und Emil Schumacher erkennen läßt, sich u.a. mit Schumacher beschäftigt, sicher nicht zuletzt durch die Lektüre der Aufzeichnungen von Otto Schmitt-Groß angestoßen.
Hier kann man auch den mählichen Wandel in Gregor Eisenmanns Œuvre beobachten, der weg von der streng geplanten, vorab strukturierten Linie - wie bei Heinrich Siepmann - seiner meist üppig collagierten Bildereine neue Anforderung in der Verdichtung sieht – über visuelle Reize in Schritten zum „geordneten Chaos“ zu gelangen. Er möchte die Malerei als „Kettenreaktion“ versehen, bei der er „den eigenen Willen zurückstellen, das Kunstwerk entstehen lassen“ und die möglichen Entwicklungen `von innen nach außen´ und vice versa aufeinander treffen lassen möchte. Ein soeben in Wuppertal neu angemietetes Atelier bietet Raum für die großen Formate, in denen Eisenmann seine Ausdrucksmöglichkeiten findet.
 
Kunst dreier Generationen im Gegenüber und Nebeneinander
in der Sammlung Astwerk Dirk Arndt
Friedrichstrasse 63/Ecke Rommelspütt - 42105 Wuppertal
Bis 30.11.2016, Dienstag bis Sonntag, jeweils 12.00 – 18.00 Uhr