Seitenhiebe auf die Spaßgesellschaft

Prokofjews „Die Liebe zu den drei Orangen“ in Wuppertal

von Daniel Diekhans

Foto © Uwe Stratmann

Opernpremiere mit Seitenhieben auf die Spaßgesellschaft
 
„Die Liebe zu den drei Orangen“
Oper in vier Akten und einem Prolog von Sergej Prokofjew
Libretto vom Komponisten nach Carlo Gozzi
Textfassung von Werner Hintze.
In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln
Premiere am 29.10.2016
 
Musikalische Leitung: Johannes Pell - Inszenierung: Sebastian Welker - Bühne: Rifail Ajdarpasic - Kostüme: Doey Lüthi - Choreographie: Amy Share-Kissiov - Fotos: Uwe Stratmann
Besetzung:
Kreuz König/ Köchin (Sebastian Campione) – Prinz (Sangmin Jeon) – Prinzessin Clarice (Catriona Morison) – Leander (Simon Stricker) – Truffaldino (Mark Bowman-Hester) – Herold/ Pantalone/ Farfarello (Vikrant Subramanian) – Tschelio (Lucia Lucas) – Fata Morgana (Chariklia Mavropoulou) – Linetta (Katrin-Heli Natalicio) – Nicoletta (Hong-Ae Kim) – Ninetta (Ralitsa Ralinova) – Smeraldina (Nina Koufochristou) – Zeremonienmeister (Marco Agostini)
Opern- und Extrachor der Wuppertaler Bühnen (Einstudierung: Markus Baisch); Sinfonieorchester Wuppertal
 
Heiter bis mäßig:
In Wuppertal hatte „Die Liebe zu den drei Orangen“ Premiere
 
An diesem Premierenabend herrschte im Wuppertaler Opernhaus die Spaßgesellschaft. Noch bevor Prokofjews „Die Liebe zu den drei Orangen“ begann, mischten sich Clowns im Foyer unters Publikum. Von den Logen warfen sie Konfetti herab. Andere kostümierte Gestalten suchten das Gespräch mit den Gästen. „Entschuldigung“, sagte eine junge Frau ganz in Weiß, „ich suche meinen Prinzen.“


Foto © Uwe Stratmann
 
Am Ende der Opernkomödie bekommt die Prinzessin natürlich ihren Prinzen. Doch vorher müssen einige Hindernisse überwunden werden. Das größte Hindernis dabei ist der Prinz selbst. Denn wer will schon einen ausgemachten Melancholiker heiraten?
Fettige Haare, leichenblasses Gesicht, schlechte Laune – inmitten der quietschbunten Chorsänger ist der von Tenor Sangmin Jeon gespielte Königssohn der perfekte Außenseiter. Also engagiert sein Vater den Spaßmacher Truffaldino, damit dieser für Aufheiterung sorgt.
Als der Prinz endlich lacht, geschieht die Katastrophe. Er wird von der Zauberin Fata Morgana dazu verflucht, sich – wie der Operntitel schon sagt – in drei Orangen zu verlieben. Kuriert von seiner Schwermut, stürzt er sich zusammen mit Truffaldino ins Abenteuer.
 
Bis dahin – dem Ende des zweiten Akts – lief in Sebastian Welkers Inszenierung alles rund. Das Ensemble fand das richtige Timing für die märchenhaft-parodistische Handlung und riß die Zuhörer mit. Stimmig waren auch die Seitenhiebe auf die heutige Spaßkultur. So drehten die Chorsänger leidenschaftlich gern Handy-Videos und wollten sogar mit dem im Krankenbett liegenden Prinzen ein Selfie machen. Und hinter dem Spaßmacher Truffaldino verbarg sich ein cooler Manager mit Aktenkoffer.
 
Nach der Pause jedoch geriet die Komödien-Maschinerie ins Stocken. Denn mit der Suche nach den drei Orangen wußte Regisseur Welker wenig anzufangen. Statt den Prinzen und seinen Begleiter durch die Wüste zu schicken, ließ er sie an einer Bar hocken. Aus der Angst zu verdursten wurde die Angst, keinen Cocktail mehr zu kriegen – das war wenig originell.
Bis sich der Prinz und seine Traumprinzessin endlich treffen, dauert es dann noch. Zuvor müssen nämlich andere Prinzessinnen aus dem Weg geräumt werden. (Letzteres war übrigens kein Regie-Einfall – das steht schon in Carlo Gozzis Vorlage.)
Zum Glück nahm die Inszenierung gegen Ende hin wieder an Fahrt auf. Und allein die sängerischen Leistungen entschädigten für die dramaturgischen Schwächen. Prinzendarsteller Sangmin Jeon glänzte mit einer markanten, wandlungsfähigen Tenorstimme. Sebastian Campiones durchdringender Baß paßte zur Rolle des tyrannischen Königs und zugleich auch zur Partie der bösen Köchin.


Foto © Uwe Stratmann
 
Etwas weniger präsent war der Tenor von Mark Bowman-Hester alias Truffaldino. Der Sopran von Prinzessin Ninetta, Ralitsa Ralinova, strahlte auch in den Höhen. Kollegin Nina Koufochristou, die als Smeraldina überzeugte, hätte ihr allerdings fast die Show gestohlen.
Auch die kleinen Partien waren gut besetzt. Eine Symphathieträgerin fürs Premierenpublikum war Lucia Lucas, die mit ihrer vollen, runden Baritonstimme den Zauberer Tschelio verkörperte. Farbenprächtige Klänge kamen ebenfalls vom Sinfonieorchester Wuppertal unter Leitung von Johannes Pell. Besonders der umfangreiche Bläserapparat (Tuba und Baßposaunen!) sorgte in gut zwei Stunden für echte Glanzlichter.
 
Weitere Aufführungen:
Im Opernhaus Wuppertal ist „Die Liebe zu den drei Orangen“ wieder am 1. November um 18 Uhr sowie am 30. November um 19.30 Uhr zu sehen. Es folgen Vorstellungen am 14., 15. und 26. Dezember. Die Derniere ist am 22. Januar 2017.
 
Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de