Erkenntnisgewinn ist leider Null

„The Happy Film“ von Stefan Sagmeister

von Renate Wagner

The Happy Film
(USA – 2016)

Regie: Stefan Sagmeister, Ben Nabors, Hillman Curtis
Mit: Stefan Sagmeister u.a.
 
Stefan Sagmeister kennt man natürlich, schließlich werden nur wenige Österreicher in der Kunstszene international so berühmt wie er. Der Vorarlberger hat es geschafft, ist heute selbst schon Kult, nicht nur in seiner zweiten Heimat New York. Seine Ausstellung „The Happy Show“, die 2016 im MAK lief, war ein Riesenerfolg. Viele ihrer Objekte sind nun auch im Kino zu sehen, wenn auch nicht in einer Ausstellungs-Doku: „The Happy Film“, von Sagmeister viele Jahre lang gedreht, ist ein psychoanalytischer Selbstversuch auf der Suche nach dem Glück.
Nun läßt sich ja mit diesem Glück unendlich viel Geld verdienen: Jeder strebt es an, ohne genau zu wissen, was es ist, und wer vorgibt, etwas dazu sagen zu können (am Ende gar Rezepte zu verkaufen!), kann den Unglücklichen jegliche Summe abnehmen. Sagmeister, als ob er nicht als Designer erfolgreich genug wäre, ist schon längst auf diesen Zug aufgesprungen, auch als Vortragender, es ist das Hauptthema jedes Interviews, das er gibt, und im übrigen kreist sein Ego auch permanent um das Problem des eigenen Glücks.

Daran darf man nun teilnehmen, auch wenn es – das sei einmal direkt und unfreundlich vorausgeschickt – einem vernünftigen Menschen nichts bringt. Denn Sagmeister reflektiert zwar über das allgemeine Glücksgelabere so, daß man gelegentlich meint, der Film sei wohl als Ironie, Parodie, Witz gedacht – aber im Endeffekt geht es nur um die Selbstbespiegelung eines Künstlers, der nun auch neben Design und Glücksparolen sich selbst als Figur verkauft. Mit Video-Tagebüchern, langen Listen, in denen er sein Verhalten benotet, und ausführlichem Gesülze über seine innere Befindlichkeit…
 
Stefan Sagmeister hat sich im Supermarkt der Glücksangebote umgesehen und selbst die üblichen Angebote durchlaufen: Man lacht, wenn er Meditation vor allem mit schmerzendem Rücken verbindet („The Pain is totally nuts“ – der Film wurde nämlich in englischer Sprache gedreht) und seine Leidensgenossen bei diesen Versuchen als „mürrische Zombies“ bezeichnet. Dann wundert man sich, wie mehrere echte Psychiater sich vorführen lassen und möglicherweise sogar ernst nehmen, was sie da an analysierenden Banalitäten von sich geben („Be warm, loving, open“).
Und am Ende steht der Versuch mit den „Drugs“, den Medikamenten, wobei der Psychiater selbst einräumt: Wenn die Leute wüßten, was die Dinge in ihrem Geist und ihrem Körper bewirken, keiner würde sie nehmen. Der Selbstversuch mit Lexapro war sicher nicht ungefährlich, brachte Sagmeister (bei verändertem Bewußtsein, eine zeitlang ziemlich lethargisch) eine Freundin, wobei er das Abbröckeln der heftigen Liebe zu Beginn zu dauernden Streitigkeiten ausstellt. Am Ende der jahrelangen Dreharbeiten erzählt Stefan Sagmeister, daß es natürlich keine Antworten auf die Glücksfrage gibt, aber a „shitload of possibilities“. Ja, Entschuldigung, das hat man auch ohne ihn gewußt.
 
Man bekommt also eineinhalb Stunden Selbstdarstellung, wobei der interessanteste Teil des Films in den „Designer“-Stückeln liegt, die Sagmeister einarbeitet – als Performance Künstler ist er wirklich witzig. Im übrigen erscheint er zwischen sympathisch (so ein Vorarlberger ist geerdet) und dann doch ein bißchen wehleidig, in dem Versuch, seine Großspurigkeit und Selbstverliebtheit nicht zu sehr zu zeigen. Der Erkenntnisgewinn ist leider Null. Es wäre fast gescheiter gewesen, das Ganze in einen satirischen Spielfilm zu verpacken… „Eat, pray, love“ mit Julia Roberts war in etwa dasselbe und viel unterhaltender.
 
 
Renate Wagner