Mozart – Brahms – Schumann

Frühjahrskonzert in der 187. Saison des Instrumentalvereins Wuppertal

von Johannes Vesper

Foto © Johannes Vesper

Mozart – Brahms – Schumann

Frühjahrskonzert in der 187. Saison des Instrumentalvereins Wuppertal
 
Der Konzertabend vom 25. März 2017 im Großen Saal der Historischen Stadthalle begann mit der Ouvertüre zu Mozarts erster großer Oper „Idomeneo“. Vierundzwanzig Jahre alt, wurde Mozart vom inzwischen nach München gewechselten Kurfürsten Karl Theodor beauftragt, die Karnevalsoper 1781 zu schreiben. Den Auftrag erhielt er über seine Verbindungen zur Mannheimer Hofkapelle, die er bei seinem Besuch in Mannheim 1778 kennen und schätzen gelernt hatte. Im Orchester von „Idomeneo“ setzte er zum ersten Mal seine geliebte Klarinette orchestral ein. Die Uraufführung erfolgte im Januar 1781 im Münchener Residenztheater. In der knappen Ouvertüre wird das Schicksal des kretischen Königs Idomeneo, der seinen eigenen Sohn opfern muß, schon angedeutet. Mit der heroischen monumentalen D-Dur Fanfare beginnt dieses frühe Musikdrama, in dem das höchst problematische Verhältnis der Menschen zu den Göttern thematisiert wird. An die königliche Eröffnungsfanfare zu Beginn der Ouvertüre schließt sich eine chromatische gewundene Figur an, die nichts Gutes ahnen läßt. Die Oper zeigt, wie ernst der Karneval sein kann. Zum Karnevalsvergnügen kam es 1781 wohl erst beim großen Schlußballett. Die Musik spiegelt den Seelenkampf des Menschen um Gott und die Welt wieder, dessen Dramatik sich bei voller Besetzung des Instrumentalvereins unter der routinierten, sicheren und souveränen Stabführung seines Dirigenten Christof Hilger schnell entwickelte.
 
Das Doppelkonzert von Johannes Brahms (1833-1897) für Violine und Violoncello gilt als sein letztes Orchesterwerk und wurde nicht von jedem geschätzt. Clara Schumann fand es „interessant und geistvoll“. Theodor Billroth, der berühmte Chirurg und Freund des Komponisten, nannte es „trostlos, langweilig, die reine Greisenproduktion“. Eduard Hanslick, der Freund, der ihn auch in den Ferien in der Schweiz besucht hat, gestand, daß ihm das Doppelkonzert nicht den allerhöchsten Genuß gewährt habe. Es entstand 1887 während des sehr regnerischen Sommers in Thun am See, wo Brahms in diesen Jahren dreimal seine Sommerferien verbracht hatte und mit seinen Freunden (z.B. Josef Viktor Widmann aus Bern, Eduard Hanslick aus Wien u.a.) wanderte, immer wieder auch heftig diskutierte, Wein trank und es sich gut gehen ließ. Wenn er nicht komponierte, erklärte er auf Spaziergängen seinem Freunde Widmann, warum er keine Oper geschrieben und keine Frau geheiratet hatte.
Mit dem Doppelkonzert greift Brahms die Tradition barocker Konzert und der klassischen Sinfonia concertante auf bzw. erweitert das Klaviertrio (Op. 101 c-Moll entstand zeitnah) zum Konzert für Violine und Klavier mit Orchester statt Klavier. Brahms schrieb den Violinpart für seinen Freund Joseph Joachim, der sich im Rahmen der Trennung von seiner Frau mit Brahms zerstritten hatte. Die jahrelange Mißstimmung zwischen den beiden fand mit diesem „Versöhnungswerk“ (Clara Schumann) ein Ende.
Das Konzert beginnt nach den Eröffnungsschlägen mit einer aus der Tiefe aufsteigenden frappierenden Cello-Kadenz. Nach kurzem Orchesterintermezzo beginnt die Violine und, vereint mit dem Cello, entsteht eine kammermusikalische Duofantasie. Erst anschließend beginnt sozusagen in Umkehrung der normalen Solokonzertverhältnisse das Orchester seine sinfonische Entwicklung. Mit dem träumerischen Idyll des Mittelsatzes schuf Brahms eines seiner gefälligsten sinfonischen Andantes. Das Rondo vivace, ein Finale ungaraise, beschließt virtuos das Konzert und den lebendigem Dialog der beiden prominenten Solistinnen.


v.l.: Anna Heygster, Inga Raab, Christof Hilger - Foto © Johannes Vesper
 
Anna Heygster (Violine) ist noch als stellvertretende Konzertmeisterin des Wuppertaler Sinfonieorchesters hier bestens bekannt. Sie wird wohl leider in das Gürzenich-Orchester nach Köln wechseln. Gerne erinnern wir uns an ihr Mozart-Konzert A-Dur oder auch an das Bruchsche Violinkonzert vor Jahren mit dem Instrumentalverein. Inga Raab, ehemalige Stipendiatin der Berliner Philharmoniker, ehemalige Solocellistin des Zürcher Opernorchesters musiziert heute in renommierten Orchestern als Gast-Solo-Cellistin. Mit vollendeter Noblesse und souveräner Beherrschung spielten sich die Solistinnen mit dem romantischen Doppelkonzert in die Herzen des begeisterten Publikums, welches die seltenen, den famosen Gesamteindruck nicht störenden Unsauberkeiten und Unstimmigkeiten der Blechbläser ungerührt ertrug. Das Orchester begleitete aufmerksam, musikalisch und stellenweise mit beglückendem Pianissimo. Jedenfalls hätten sich nach dieser Aufführung Theodor Billroth und Eduard Hanslick zu dem Konzert anders geäußert. Großer Applaus und Blumen für die Solistinnen.
 
Nach der Pause dann Robert Schumanns Frühlingssinfonie Nr. 1 in B-Dur, op. 38. Eine vorangegangene Jugendsinfonie aus den Jahren 1832/33 ließ er nach geringem Erfolg unvollendet liegen. Die Frühlingssinfonie schrieb 1841 der damals 31jährige kurz nach seiner dem Schwiegervater abgetrotzten Hochzeit in vier Wochen nieder. Uraufgeführt wurde sie mit großem Erfolg wenige Wochen später durch das Gewandhausorchester unter Felix Mendelssohn-Bartholdy, noch aus dem Manuskript. Gedruckt wurde die Sinfonie erst nach etlichen Revisionen. Die Schumannschen Sinfonien knüpfen nicht an die Größe und den Ernst Beethovens an, weisen aber in ihrer teilweise gebrochenen Harmonik weit in die musikalische Zukunft. Von Selbstmord und Wahn ist hier (noch) nichts zu spüren. Der Name „Frühlingssinfonie“ stammt von Robert Schumann selbst. Er wurde durch ein Gedicht „Im Thale blüht der Frühling auf“ (von Adolf Böttger) in einer relativ glücklichen Lebensphase zu dem Motto angeregt. Welche Qualitäten im Instrumentalverein stecken, hörte man an den flinken und sauberen Holzbläsern, z.B. am klangvollen Blechbläser-Solo gegen Ende des 2. Satzes und am in der Regel sauberen Streicherklang. Aber für das Kunsterlebnis und den Kunstgenuß als Interaktion zwischen Hörer und Musikant spielen kleinere Ungenauigkeiten keine Rolle. Die Hörer genossen die Werke, die Musikalität und die Lust der engagierten Musiker. Für den starken und lang anhaltenden Applaus bedankten sich das Sinfonieorchester und sein Dirigent mit einer Zugabe (Charles Gounod: Große Ballettmusik aus „Margarete(Faust)“). „Schöner glücklicher Abend“ schrieb Schumann nach der Uraufführung seiner 1. Sinfonie. Wohl wahr!
 
Johannes Vesper