Heute Vernissage! Kunst, die Spaß macht - Ernsthaftigkeit und Augenzwinkern: Ein Musenkuß für Matthew Benedict

"The Mage´s Pantry" eine faszinierende Ausstellung des Wuppertaler Von der Heydt-Museums in der Kunsthalle Barmen

von Frank Becker

Kunsthalle Barmen

Matthew Benedict
spielt mit der Magie

Der New Yorker Allround-Künstler
öffnet geheimnisvolle Türen
und gibt der Kunst den Spaß zurück


- Heute 11.30 Uhr Vernissage -


Seine Gemälde, Skulpturen, Stickereien, Objekte, Readymades und Fotografien stecken voller subtiler Anspielungen, Zitate und verborgener Hinweise. Seine Arbeiten belegen technische Vollkommenheit und die intime Kenntnis sowohl der Klassik wie der klassischen und der zeitgenössischen Moderne. Seine Werke zeigen hohe Ernsthaftigkeit im Umgang mit der Magie des Lebens und sind von unwiderstehlichem Humor, mit dem sie sich augenzwinkernd selbst kommentieren. Matthew Benedict (39) ist ein Glücksfall für die zeitgenössische Kunst, ein Fingerzeig für die Fachwelt, ein Geschenk für den Rezipienten.
 
The Telegram - Foto © Frank Becker


Erste große Präsentation

Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum mit seinem Direktor Dr. Gerhard Finkch und Kurator Dr. Oliver Zybok können sich auf die Fahnen schreiben, mit dieser ersten großen Einzel-Ausstellung seines noch jungen Œuvres den amerikanischen Künstler auf die Plattform gestellt zu haben, die ihm mehr als gebührt. In der Tradition amerikanischer Maler wie Grant Wood, Edward Hopper, George Caleb Bingham, Charles Willson Peale oder Fritz Hugh Lane kann Matthew Benedict für sich reklamieren, ein legitimer Erbe dieser großen Namen zu sein. Dazu gehört auch und im Besonderen der Fotograf Arthur Fellig, der unter dem Namen "Weegee" in der Geschichte der Fotoreportage unauslöschliche Spuren hinterlassen hat. Doch ist das, was Benedict tut, weit mehr als die Fortführung künstlerischer Traditionen. Er entwickelt Motive und Ideen, die sich, angelehnt an die literarischen Entwürfe eines Edgar Allan Poe, Herman Melville oder Alistair Crowley das Mystische berühren, das uns bewußt, meist aber unbewußt umtreibt. Und wer nicht weiß, daß er das literarische Werk Eugen Egners vermutlich nicht kennt, könnte zu der Vermutung kommen, daß in Matthew Benedicts Bibliothek auch dessen Bücher zu finden sind.

Weltentwürfe und: Wer hat Angst vor dem Mann mit der Sense?

 
Ghost Ship - Detail
Foto © Frank Becker
Benedict spielt mit der Magie, ohne sie auf die leichte Schulter zu nehmen, führt Situationen, Menschen, Weltentwürfe vor, die beim ersten Blick durch ihre Rafinesse und künstlerische Perfektion Interesse wecken, beim näheren Hinsehen steigende Neugier hinzu kommen lassen und beim Vertiefen ins Bild oder Objekt gar die Gefahr bergen, sich darin und in seinen Rätseln zu verlieren. Die nämlich legt er mit Raffinesse und beinahe schon diebischem Vergnügen dem Betrachter vor, läßt ihn damit allein, ohne eine Antwort zu geben. "Alles hat eine Bedeutung", kommentiert er lächelnd Fragen nach Details seiner Bilder wie dem Herz As, einem im Hintergrund vorbeihuschenden Freund Hein, eines Sensenmannes als memento mori, eines Stückchen Billard-Kreide oder eines versiegelten Briefes. Mattew Benedict ist tief ind die Bedeutung der Dinge, überlieferter Symbole und ihrer literarischen Bezüge eingedrungen, hat sie aufgenommen und umgesetzt. Nichts ist ohne Aussage, l´art pour l´art gibt es bei ihm nicht. Genau das macht seine
 
Ghost Ship - Foto © Frank Becker
Kunst so aufregend, so fesselnd, so faszinierend.

Ein Telegramm und Botschaften aus der Vergangenheit

Das Plakat zur Ausstellung zeigt eines seiner zentralen Gemälde der Wuppertaler Ausstellung: "The Telegram" (oben). Ein Mensch liegt neben einem Billardtisch am Boden. Ist er tot? Neben ihm ein zu Boden geflattertes Telegramm. Hat ihn die Nachricht gefällt? Eine bernsteinfarbene Lache suggeriert verschütteten Whisky. Das Telegramm der Western Union ist unleserlich.
Eine blaue Queue-Kreide  scheint als einziges dem Bild Leben zu geben. Die legendäre kompromißlose Tatortfotografie Weegees hat Pate gestanden. Wir werden die Hintergründe nicht erfahren. Das Rätsel muß mit nach Hause genommen werden.

SS Dunelm 1913

Und was verbindet Benedict mit Kapitän Albinson, unter dessen Kommando die "SS Dunelm" 1913 sank? Wir sehen sie in "Ghost Ship", dem unwirklichen Schattenbild eines großen Liners, hinter einem jeden Moment fallenden schwarzen Vorhang vertäut. Freund Hein (s.o.) als nichtsdestoweniger entscheidende Marginalie im Hintergrund. Schiffe, Häfen, Schiffbruch - immer wieder Thema für Benedict. Dazu zählt auch die akribische Aufarbeitung von Melvilles mit Symbolen gespicktem Meisterwerk "Moby Dick". Hier, wie in der "Tatort"-Arbeit im Geiste Weegees und den unübersehbaren Bezügen zur amerikanischen Tradition und Geschichte kann man die Schwerpunkte der Arbeit Matthew Benedicts festmachen.
"Blackamoor" konterkariert grandios die Statue of Liberty vor dem Hafeneingang New

Monster - Detail
Foto © Frank Becker
Yorks, "The Guards" erinnert irgendwie an Edward Kienholz´ "The Portable War Memorial" und Bilder wie "Still Life With Map of the Heavens", "The Black Borsalino" und "Artifacts of Officer Fellows" stehen wie das der Ausstellung ihren Titel gebende "The Mage´s Pantry" und "Still Life with Razor and Sugar Cubes" in direkter Linie mit den Bildern von William Michael Harett, John Haberle, John Frederick Peto und Charles Meurer.


Der Schrank des Magiers


 
The Mage´s Pantry - Foto © Frank Becker
Haben die Zeichentrickserien der Looney Tunes Recht, wenn sie "ACME"-Produkte als generell erfolgversprechend präsentieren? Matthew Benedict bringt die Frage mit seinem "Mage´s Pantry"- Schrein (auch hier wieder ein Bezug zur seemännischen Sprache, der das Wort "Pantry" entlehnt ist) auf den Punkt. Wir vertrauen so wundergläubig der allgegenwärtigen Werbung. Wirkt das angepriesene Zeug tatsächlich Wunder - oder glauben wir nur gerne daran, weil es uns an wirklichen Wundern, positiven Erlebnissen und Erfahrungen mangelt? Amüsieren wir uns einfach über seine Sammlung "wundertätiger" Warenverpackungen und glauben wir schlicht weiter. Wir öffnen nicht die Büchse der Pandora, nur ein Fensterchen zu uns.
Übrigens: Hätte Albrecht Altdorfer nicht schon die Alexanderschlacht gemalt, würde es wohl Matthew Benedict anstehen, dieses monumentale Bild zu verwirklichen. Hier und jetzt aber gilt es, sein eigenes originales und aufregend originelles Werk zu entdecken, das er kühn der Tradition überstülpt - und damit gewinnt. Um Matthew Benedict wird sich künftig die Kunstbranche reißen. Man wird noch sehr viel von diesem Künstler sehen und hören, dem eine Zukunft gehört, in der er das Zeug hat, in eine Reihe mit Namen wie Warhol, Pollok und Bacon zu rücken. Wuppertal und seinem umtriebigen Museum gehört der Ruhm, ihn "entdeckt" zu haben.

Unbedingt anschauen und (Katalog) mitnehmen

Zur Ausstellung und zum Werk Matthew Benedicts ist im Verlag Hatje Cantz ein vorzüglicher Katalog erschienen: 104 Seiten auf Kunstdruckpapier, fester Einband, Halbleinen, durchweg farbig, s/w und in Duotone illustriert, zweisprachig englisch/deutsch. Für nur 20,- € ist er im Buchhandel oder im Von der Heydt-Museum Wuppertal zu bekommen (ISBN 978-3-7757-2107-3).

© Hatje Cantz


Die Ausstellung in der Kunsthalle Barmen wird am Sonntag, 16. März 2008 um 11.30 Uhr eröffnet. Man kann sie bis zum 25. Mai besichtigen.

Die Musenblätter empfehlen den Besuch dringend und verleihen dem Ausstellungs-Projekt den raren "Musenkuß".

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr
Kunsthalle Barmen im Haus der Jugend
Geschwister-Scholl-Platz 4-6  -  42275 Wuppertal

Weitere Informationen unter: www.von-der-heydt-museum.de
und: www.alexanderandbonin.com