Deutsche Promi-Hilfe für Rußlands Angriffe

von Ulli Tückmantel

Foto © Anna Schwartz
Deutsche Promi-Hilfe
für Rußlands Angriffe
 
von Ulli Tückmantel
 
Die Warnung im aktuellen Verfassungsschutzbericht ist eindeutig: „Insbesondere mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl 2017 ist davon auszugehen, daß staatliche russische Stellen zudem versuchen, verstärkt Einfluß auf Parteien, Politiker und die öffentliche Meinung zu nehmen.“
Diese und vergleichbare Hinweise werden nicht nur von Pegida-Anhängern, AfD-Funktionären und ihren publizistischen Helfershelfern gern abgetan und kleingeredet. Da erzählt dann ein früherer deutscher Kanzler (SPD) rührselige Geschichten vom Weihnachtsfest bei Putin zu Hause, findet der heutige deutsche Bundespräsident das „Säbelrasseln“ der Nato an der Ostgrenze unverantwortbar, und ein Ministerpräsident (CSU) ist gern gewillt, über die Aufhebung der Sanktionen gegen Rußland nachzudenken. Es fehlt eigentlich nur noch, daß jemand mit Balalaika-Klängen im Hintergrund Jewgeni Jewtuschenkos zu Zeiten der Friedensbewegung beliebtes Gedicht „Meinst du, die Russen wollen Krieg?” vorträgt.
Zur Erinnerung: Rußland führt seit Putins Aufstieg vom Geheimdienst- zum Staatschef nahezu ständig Krieg: zuerst zweimal in Tschetschenien, dann in Georgien unter faktischer Annektion von Abchasien und Südossetien. Schließlich annektierte Putin 2014 die Krim, steht kaum versteckt hinter den Kämpfen in der Ostukraine, die nicht zur Ruhe kommen, und er führt Krieg in Syrien.
Erstaunlich ist, daß die Verfassungsschützer eine 2016 in Berlin gegründete Filiale Moskaus nicht in ihren Bericht aufgenommen haben, die sich „Dialog der Zivilisationen“ nennt (nach russischer Lesart gibt es aktuell offenbar mehrere Zivilisationen). Das sogenannte Forschungs-Institut residiert vornehm an der Französischen Straße und hat mit Forschung so viel zu tun wie sein Gründer und Finanzier: Wladimir Iwanowitsch Jakunin, früherer russischer Bahnchef, Träger von mehr Orden als auf die Brust eines sowjetischen Marschalls passen, seit 2014 auf der Sanktionsliste der US-Regierung.
Das angebliche Institut würde gerne für einen Think Tank gehalten - oder wenigstens für harmlos. So muß man wohl eine Nachricht vom 28. Juni verstehen, daß die bedeutende deutsche Wissenschaftskraft („der Schwarze schnackselt gerne“) Gloria Fürstin von Thurn und Taxis in den Aufsichtsrat des Instituts aufgenommen wurde. Auch so funktioniert Propaganda.  
 

Der Kommentar erschien am 5. Juli 2017 in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.