Klavier-Festival Ruhr 2017

Nachgehört

von Johannes Vesper

Klavierfestival Ruhr, Daniel Barenboim - Foto © Mark Wohlrab

Klavier-Festival Ruhr 2017: Nachgehört
 
Von Johannes Vesper
 
Wie seit 29 Jahren kamen auch 2017, zwischen dem 05. Mai und dem 20. Juli, die Pianisten der Welt in die Region und 57.500 Zuhörer, 5500 mehr als im Vorjahr, hörten 69 Konzerte in 22 Städten der Region. Schwerpunkte bildeten in diesem Jahr Bochum und Wuppertal. Sechs Konzerte waren im neuen Bochumer Anneliese Brost Musikforum-Ruhr zu hören, welches sich mit seiner vorzüglichen Akustik zu einem Sehnsuchtsort für Klavierfreunde zu entwickeln scheint. Ein intimerer Saal mit ca. 1000 Plätzen hatte im Ruhrgebiet schon immer gefehlt. Der Neubau des Musikzentrums hat 38 Millionen Euro gekostet, sehr günstig im Vergleich zu den 210 Millionen Euro für 100 zusätzliche Plätze und die Renovierung der Strafanstalt Simonshöfchen in Wuppertal. Jetzt war in Bochum das Publikum von den exzeptionellen Konzerten Nelson Freires und dem Debüt des 93jährigen Menahem Pressler bewegt, der sich nach der Kammermusik mit dem Beaux Arts Trio jetzt der Sololiteratur für Klavier widmet. Und in Wuppertal war das Klavier-Festival Ruhr mit 5 Konzerten vertreten. Im jeweils ausverkauften Großen Saal der Historischen Stadthalle begeisterte Daniel Barenboim mit Schubert-Sonaten ebenso wie die temperamentvolle Gabriela Montero aus Venezuela mit ihren Improvisationen. Zuletzt war Thomas Quasthoff mit dem Trio Frank Chastenier, dem Bassisten Dieter Ilg und dem Schlagzeuger Wolfgang Haffner zu hören. Ein Jazz-Konzert der Extraklasse (http://www.musenblaetter.de).
 
   2017 war die Musik beider Amerikas Schwerpunktthema des Festivals. Konsequent also, daß Dennis Russel Davis, Maki Namekawa und der Komponist Philip Glass den Preis des Klavier-Festivals erhielten. In der Carnegie Hall war anläßlich seines 80. Geburtstages unter der Leitung von Dennis Russel Davis seine 11. Sinfonie uraufgeführt worden, jetzt wurden der Geburtstag und die Preisträger und in der Essener Philharmonie gefeiert. Maki Namekawa und Dennis Russel Davis verdankt das Klavier-Festival neue Einspielungen und eine Box amerikanischer Klaviermusik.
   Der Leuchtturmcharakter des Klavierfestivals wurde auch deutlich in den 14 Debütkonzerten zur Förderung des pianistischen Nachwuchses. Die Besten der Besten und Preisträger internationaler Wettbewerbe bekamen erstmalig Gelegenheit, vor dem sachkundigen und interessierten Publikum des größten Klavierfestivals der Welt zu spielen. Und die Konzerte der Meisterpianisten (Katja und Marielle Lebèque, Radu Lupu, Rudolf Buchbinder, András Schiff, Olli Mustonen) sowie das umjubelte Abschlußkonzert von Grigory Sokolov in der Duisburger Mercatorhalle waren absolute Höhepunkte des diesjährigen Festivals.
Aber nicht nur die Besucher der klassischen Konzerte waren begeistert. Die JazzLine des Festivals zieht zunehmend Publikum an: Hilario Durán und Chucho Valdéz mit der WDR Bigband, Chilly Gonzales Sarah Mackenzie und der 14jährige Joey Alexander faszinierten ihr Publikum vor ausverkauften Sälen.

    Nachhaltig und kontinuierlich fördert das Klavier-Festival Ruhr seit Jahren über sein Education-Programm die musische Bildung von Kindern und Jugendlichen in der Region. Seit 10 Jahren werden in der „Little Piano School“ beziehungsweise im „KlavierGarten“ Kinder von 2 bis 6 Jahren spielerisch an Musik und das Klavierspiel herangeführt.
Duisburg-Marxloh im Norden der Stadt gilt als sozialer Brennpunkt mit vielen Kindern aus Migranten- und Flüchtlingsfamilien, also aus einem primär nicht Deutsch sprechenden sozialen Umfeld. „Übergänge-Brücken bauen durch Musik und Tanz“ gelang dort z.B. durch die gemeinsame Erarbeitung von Strawinskys „Feuervogel“. In gemeinsamer musischer Tätigkeit akzeptieren sich die Kinder gegenseitig und finden zu gleichberechtigter Zusammenarbeit. Mehr als 400 Kinder nehmen an dieser Arbeit teil. Beim Inklusionsprojekt „Le Sacre du Printemps“ musizieren und tanzen Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung zusammen. Die Beschäftigung damit dauert ein ganzes Schuljahr und die Abschlußpräsentation in der Gebläsehalle Duisburg-Nord wurde bei ausverkauftem Saal bejubelt. Über Chancen und Ergebnisse langfristiger musischer Förderungsarbeit für Integration und Inklusion wurde auf dem Studientag des Klavier-Festivals Ruhr mit und unter Fachleuten, Experten und Lehrern verschiedener Schulen berichtet und diskutiert.
 

Strawinsky II Duisburg 10.07.2017 - Foto © Kaufmann 

   Es handelt es sich beim Klavierfestival-Rohr um ein kulturelles Leuchtturmprojekt, welches völlig privat finanziert wird und ohne jede öffentliche Unterstützung auskommt, ja auskommen muß. Auf 109 CDs der „Edition Klavier-Festival Ruhr“ sind wichtige Aufführungen dokumentiert. Dank der Spender, Sponsoren, der Donatoren und natürlich des zahlreichen interessierten Publikums kann dieses wunderbare Musikfest auch 2018 stattfinden. Und bis dahin? Am 09.03 2018 wird das 30jährige Jubiläum des Festivals im wunderbaren Großen Saal der Historischen Stadthalle auf dem Johannisberg in Wuppertal gefeiert werden. Die Creme de la Creme der Pianisten der Welt wird bei diesem Benefizkonzert auftreten: ein singuläres, kulturelles Leuchtfeuer über der Großregion Ruhr.
 
Weitere Aktivitäten des Klavier-Festivals Ruhr siehe unter http://www.klavierfestival.de/.