Der Mann auf dem Balkon

Nicola Förg - „Rabenschwarze Beute“

von Frank Becker

Der Mann auf dem Balkon*
 
Ein neuer Fall der Garmischer Kripo
 
Silvester: Rudolf Rieser, ein Widerling par excellence ballert mit seiner extrem lauten Schreckschußpistole in die Nacht von Murnau. Er liebt diesen Lärm, vor allem, weil er damit seine Nachbarn und insbesondere Beate Mutschler und ihren Freund Markus Göldner ärgern kann. Als dann Markus Göldner, der sich als aktiver Naturschützer gegen Sommerfeuerwerke, Böllerschützentreffen und gegen Windkraftanlagen stark gemacht hat, vom Balkon fällt, liegt es nicht am Champagner, sondern an einem 9mm-Projektil, das ihm das Lebenslicht ausgelöscht hat. Wer außer Rieser, der natürlich sofort in den Fokus der Ermittlungen rückt, käme schon als Mordschütze in Frage?
Bei den Ermittlungen im beruflichen Umfeld und der Naturschützer-Szene des Toten wachsen jedoch Verdächtige, also Menschen, die Motiv und Gelegenheit für einen Mord an Göldner gehabt hätten, wie Pilze aus dem Boden. Wo immer Irmi Mangold und Kathi Reindl mit ihrem sympathischen Team ansetzen, um zwei Fäden zu verknüpfen, ergeben sich neue Spuren, neue Ansätze, neue Rätsel. Eine Spur unter vielen führt ins Niederbergische Velbert und in die Vergangenheit, was der Kriminalassistentin Andrea allerdings eine unverhofft angenehme Begegnung verschafft. Auch Irmis Bruder Bernhard scheint noch einmal mit Zsofia das Glück zu finden und Irmis Dauer-Fernbeziehung mit Jens gibt ihr, die mit ihrem Alter hadert, weiterhin Halt.
 
Ein zusätzlicher neuer Fall tut sich auf, als die Ermittler sich auf Anordnung des Chefs zu einem „Teamspirit“-Wochenende auf der Ostallgäuer Buchberg-Alm einfinden. Während des entspannt beginnenden Wochenendes, bei dem auch die aufgebrezelte Mode-Bloggerin „La Jolina“ auf der Hütte ihre Posts dreht, verschwindet plötzlich deren kleine Tochter, die der kantige Kriminaler Sailer spontan ins Herz geschlossen hatte. Als das Kind später nur 100 Meter von der Hütte entfernt erfroren aufgefunden wird, wollen Irmi & Co. das nicht als natürlichen oder Unfalltod hinnehmen, sondern ermitteln nun in zwei, bald sogar drei Fällen…
 
Nicola Förg hat ein sorgfältig ausgearbeitetes, zunächst kompliziert wirkendes Geflecht von Personen, Handlungssträngen und Verbindungen geknüpft, das mit überraschenden Wendungen immer wieder neue Türen öffnet. Zudem baut sie das Personal ihrer Garmischer Kripo aus, bringt dem Leser die näher, die sich Tag für Tag mit Mord und Totschlag, Lüge und Verbrechen herumschlagen und sich zudem von irgendwelchen Idioten heftig beleidigen lassen müssen. Damit ist sie schmerzhaft dicht an der Realität, sicher eines der Ergebnisse ihrer detaillierten Recherchen. Wir erfahren u.a. sehr viel über Greifvögel und Vogelschutz, Windkraft-Technologie, Architektur, bayrisches Brauchtum, Medikamente, Garmischer Olympiageschichte und Youtube (hätte ich nicht kürzlich auf einer Skipiste in den Alpen so eine Youtube-Bloggerin getroffen, ich hätte nie gelaubt, mit was für dummem Zeug heute junge Leute erstaunlich viel Geld verdienen können).
Ein spannender, flüssig geschriebener Krimi zum genußvollen Konsum. Woraus sich allerdings der Romantitel ergibt, bleibt kryptisch.
 
Heute Abend liest Nicola Förg im Velberter Forum Niederberg aus ihrem Roman.
 
Nicola Förg – „Rabenschwarze Beute“
Ein Alpen-Krimi
© 2018 Pendo / Piper Verlag, 350 Seiten, Klappenbroschur - ISBN 978-3-86612-419-6
16,- €
 * Für die Titelzeile danke ich Mai Sjöwall und Per Wahlöö
 
Weitere Informationen:  Weitere Informationen: www.piper.de - www.nicolafoerg.de